Missbrauchsopfer wollen bei Aufarbeitung beteiligt werden

Die Mauer des Schweigens einreißen

Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche beklagen, dass sie bei der Aufarbeitung nicht einbezogen werden. Vergangene Woche protestierten sie gegen die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Kirche. 

Eine Gruppe von neun Personen folgte dem Aufruf der Initiative MissBiT (Missbrauchsopfer im Bistum Trier) und versammelte sich am vergangenen Donnerstag vor dem Priesterseminar in Trier. Dort tagten hinter verschlossenen Türen Priester und Diakone, um von Bischof Stephan Ackermann über die Ergebnisse der Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" (MHG-Studie) informiert zu werden. 

Thomas Schnitzler, Sprecher von MissBiT, kritisierte das Vorgehen des Trierer Bischofs, der wiederholter Anfrage ein Gespräch mit Betroffenen verweigerte: "Nur in dem kleinen Kreis der Hauptrisikogruppe zu beraten, ist einfach ein Witz". Dass die Kirche selbst zur Aufarbeitung der systematischen Missbrauchsfälle beitrage, habe sich in der Vergangenheit nicht bewahrheitet. Eine Aufklärung und die Strafrechtsverfolgung müsse nun von Außen stattfinden, wie Schnitzler weiter gegenüber dem hpd erklärte: "Der Rechtsstaat muss nun davor sorgen, dass Missbrauch effizient verhindert wird. Nicht die Kirche selbst sollte in ihren Gerichtsgremien vertuscht ermitteln, sondern die Staatsanwaltschaft sollte bei Verdachtsfällen direkt eingreifen."

Bistum Trier spricht selbst von Vertuschung

Wie in der groß angelegten MHG-Studie festgehalten wurde, sind allein im Bistum Trier von 1946 bis 2010 insgesamt 148 Priester wegen sexuellen Missbrauchs an 442 Opfern beschuldigt worden. Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg gab laut einem Bericht der Saabrücker Zeitung zu, dass die Leitung des Bistums jahrelang Missbrauchsfälle durch Kleriker vertuscht hatte: "Wir haben den Mantel des Schweigens über ihre Taten gedeckt." Wie am Donnerstag bekannt wurde, lehnt die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz jedoch Ermittlungen ab, in deren Bezirk auch Pfarreien des Bistums Trier liegen.

Seit 2010 hatten sich weitere 140 Opfer gemeldet, die nicht in der MHG-Studie gelistet werden. Von 104 Anträgen auf Zahlungen wegen erlittenen Leides, wurden 96 vom Bistum bewilligt. Im Schnitt wurden knapp 5.000 Euro pro Opfer gezahlt – deutlich weniger als ein monatliches Bischofsgehalt.