Sie sollen angeblich Homosexualität heilen können: sogenannte "Konversionstherapien". In der taz sprach Jens Spahn (CDU) jetzt von einem geplanten Verbot solcher Angebote, das er bisher ausgeschlossen hatte.
Kürzlich berichtete der hpd über den Bund Freier evangelischer Gemeinden (FeG), der ein Thesenpapier zum Umgang mit Homosexualität herausgegeben hatte. Darin wird schwulen und lesbischen Menschen zu Enthaltsamkeit geraten oder zu einer sogenannten "Konversionstherapie": "Homosexuell geprägte Menschen, die den Versuch einer Veränderung ihrer sexuellen Orientierung anstreben, sollten sich einem professionell begleiteten therapeutischen Prozess stellen."
Währenddessen hat eine Initiative über 79.000 Unterschriften an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übergeben, die sie in einer Online-Petition gesammelt hat und die ein Verbot von "Homo-Heilungen" in Deutschland fordert. Diese seien menschenverachtend, heißt es im Unterzeichnungsaufruf.
Was letztlich den Ausschlag für Spahn gegeben hat, hier tätig zu werden, weiß nur er selbst. Schon länger ist bekannt, was der Gesundheitsminister, der selbst offen mit seiner Homosexualität umgeht, von diesen Therapieangeboten hält, die meinen, einen Menschen sexuell "umpolen" zu können. In einem Interview in der taz sagte er, dass entsprechende Angebote "schon eine Form von Körperverletzung sein" könnten. "Homosexualität ist keine Krankheit und deswegen ist sie auch nicht therapiebedürftig", stellte er klar.
Bisher habe er nicht gewusst, wie man die Therapieangebote verbieten solle. Jetzt offenbar schon: Künftig soll es nicht nur eine Ordnungswidrigkeit sein, sondern eine Straftat, gegen Geld Anti-Homosexualitäts-Therapien anzubieten. Bis zum Sommer will sein Ressort gemeinsam mit dem Justizministerium einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten, kündigte Spahn im Interview an. Dabei rechnet er auch mit Unterstützung aus seiner Fraktion: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Unionsfraktion im Bundestag einen Anhänger von Konversionstherapien gibt", zitiert ihn die taz.
In Malta sind die "Umpolungs-Therapien" bereits verboten. Der Versuch, jemandes sexuelle Orientierung zu ändern, wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Damit ist die Mittelmeerinsel, die das Gesetz 2016 beschloss, Pionier in Europa.
Was LGBT-Rechte angeht, betreibt Jens Spahn damit eine deutlich fortschrittlichere Politik als beim Thema Sterbehilfe: Der CDU-Politiker soll eine Sperre gegen die Herausgabe von lebensbeendenden Medikamenten für Schwerstkranke verfügt haben, entgegen einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Mit anderen Worten: Wenn er den Leidensdruck Betroffener aufgrund persönlicher Erfahrungen nachvollziehen kann, scheut der ansonsten konservative Politiker den Konflikt mit den christlichen Positionen seiner Partei nicht. In die Situation unheilbar Kranker scheint sich der selbst gesunde Minister nicht hineinversetzen zu können.
10 Kommentare
Kommentare
HuGo am Permanenter Link
Abgesehen davon, dass er auf dem richtigen Weg damit ist, auch als selbst Betroffener, wünschte man sich diese robuste Vorgehen auch in anderen Bereichen, weil Toleranten und Anreize in den meisten Fällen nicht zum Er
Frans Joris Fabri am Permanenter Link
manchmal kommt einem der böse Wunsch, Herr Spahn sollte auch mal in Sachen Sterbehilfe ein "selbst Betroffener" sein - Bei der Abtreibung ist das ja biologisch nicht möglich ....
Hans Trutnau am Permanenter Link
Obacht, Kadi-Spahni - dein Gesetzesvorschlag wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Berliner Kirchenbüros 'editiert'.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Oh der Spahni, wer kann dessen Denk- und Redensweise noch ernst nehmen? Vor das Reden ist das Denken zu setzen, das muss Spahni auch noch lernen (so er das will bezw. kann).
Hans Trutnau am Permanenter Link
Geht's darum in meinem Kommentar?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Das Fragwürdige am Verhalten des BGM Spahn ist in seiner Aufforderung zum Rechtsbruch einerseits und dem Konversionstherapieverbot andererseits zu sehen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
OK, zwecklos.
Kay Krause am Permanenter Link
or noch einigen Jahrzehnten war es im Schulbetrieb durchaus üblich, Linkshänder gewaltsam auf rechts umzupolen. Auch diese Menschen haben z.T.
Stefan P. am Permanenter Link
Inhaltlich teile ich die Haltung von Jens Spahn zu solchen Therapien. Jedoch kritisiere ich deutlich die Art und Weise, in der dagegen vorgegangen werden soll:
In meinen Augen ist ein Verbot solcher Therapien und ein Unter-Strafe-Stellen die Kehrseite der selben Medaille, deren andere Seite ein Land zeigt, das Homosexualität verbietet und unter Strafe stellt. Die gemeinsame Geist besteht im Eingriff in die persönliche Selbstbestimmung, in der undemokratischen Grundhaltung.
Das würde Tür und Tor öffnen für beliebige unliebsame Verbote. Könnte man dann nicht auch argumentieren, wenn man die seelische sexuelle Orientierung bei Strafe nicht „konvertieren“ darf, warum dann die körperliche? Warum dann nicht auch Geschlechtsumwandlungen als „menschenverachtend“ verbieten? Oder gar Schönheitsoperationen – für jedes Alter? Hinter letzteren steht auch häufig genug ein verächtliches Menschenbild (und dazu eine ganze Medizinsparte, die sich daran „eine goldene Nase“ verdient) ...
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass der Gesetzgeber in keiner Richtung ideologisch an die Sache geht. Wer sich einer solche einer Konversionsterapie unterziehen will, soll das letztlich genauso machen dürfen, wie jemand seine Homosexualität lebt. Einzige wichtige Einschränkung: Er/sie sollte erwachsen sein. Wenn es die freie Entscheidung eines mündigen Menschen ist, sollte da nicht bevormundet werden.
Was wirklich erforderlich wäre, ist Toleranz: Es dulden, ihm aber gleichzeitig gemäß der eigenen Überzeugung mit allen aufklärerischen demokratischen Mitteln begegnen. Vorstellen könnte ich mir darüberhinaus, dass der Gesetzgeber so eine „Konversionstherapie“ vergleichbar mit Geschlechtsumwandlungen in eine vorgeschriebene Aufklärung einbindet …
G. Hantke am Permanenter Link
Was auch immer man davon halten mag: eine freiwillige(!) Übereinkunft erwachsener (!) Menschen zu egal welchem Thema oder ein Angebot(!) zu egal welcher Therapie verbieten zu wollen, zeugt mE von einem gestörten Verhä
So könnte man ja etwa der Inanspruchnahme einer solchen Therapie eine Aufklärung bzw Beratung zwingend vorschalten, obwohl dies bereits rechtlich auf schwachen Füßen stünde. Aber iZ mit Abtreibungen wird ja auch so verfahren.
Im übrigen ist ja auch kaum auszuschließen, dass jemand mit seinen Neigungen tatsächlich unzufrieden ist.
Dem Beitrag von Stefan P. möchte ich zustimmen.