Am vergangenen Freitag, dem 26.07.2019, wurde weltweit anlässlich des "Internationalen Gedenktages für die Opfer der Wachtturm-Organisation" auf Grund- und Menschenrechtsverletzungen bei den Zeugen Jehovas aufmerksam gemacht. So auch im Zentrum Berlins.
Auf dem schattenlosen Vorplatz des Berliner Fernsehturms stand am vergangenen Freitag ein weithin leuchtendes Partyzelt. Allerdings wurde dort nicht gefeiert, sondern aufgeklärt. Etliche Aussteiger aus der Sekte "Zeugen Jehovas" berichteten über ihre eigenen Erfahrungen. Sie sprachen davon, dass es innerhalb der Zeugen Jehovas vorgeschrieben sei, getaufte Mitglieder, welche die Gemeinschaft verlassen oder ausgeschlossen werden, zu ächten. Das betrifft auch engste Familienmitglieder wie Eltern, Geschwister und eigene Kinder.
Über solch eine Situation berichtete auch ein Aussteiger, deren Eltern noch immer in der Sekte sind und die die Versuche des Sohnes, mit ihnen über die Abwendung von der Sekte zu reden, einfach ignorieren. Man säße sich gegenüber und habe das Gefühl, dass die Eltern es schaffen würden, die Dinge einfach nicht zu hören, die er ihnen sage. "Sie sind völlig unfähig, mich zu verstehen oder über ihren Tellerrand hinaus zu sehen. Sie ignorieren jede Kritik."
Immerhin: Er hat noch Kontakt zu seinen Eltern. Denn das ist von der Sekte nicht gewünscht. Jeder Umgang mit Aussteigern soll vermieden werden, sie sollen nicht einmal mehr gegrüßt werden. Da das das engste soziale Umfeld der Betroffenen betrifft, erleben viele von ihnen schwere psychische Krisen, manche begehen Verzweiflungssuizid.
Die religiösen Normen fördern Formen von Gewalt
Wenn hierzulande von einer Paralleljustiz die Rede ist, wird häufig eine andere Religion gemeint, Doch auch die Zeugen Jehovas haben eine eigene Gerichtsbarkeit, welche sich (auch) bei sexueller Gewalt an Kindern zuständig sieht. Es gilt hier die sogenannte Zwei-Zeugen-Regel. Gibt es keinen zweiten Zeugen für ein Verbrechen, was gerade bei einem Sexualdelikt meist der Fall ist, wird die Sache in Jehovas Hände gelegt. Opfer haben dann zu schweigen. Falls der mutmaßliche Täter zur gleichen Versammlung (Gemeinde) gehört, muss das Opfer weiterhin mit dem Täter zweimal wöchentlich die Versammlung besuchen.
Die Opfer sind doppelt gestraft: Sie wurden Opfer und sollten sie sich wehren, werden sie aus der Sekte verstoßen – mit den oben genannten Folgen.
Das Blutverbot
Zum Allgemeinwissen gehört, dass die Zeugen Jehovas jegliche Bluttransfusion ablehnen. Hinter diesem häufig mit Kopfschütteln abgetanen Irrsinn steht allerdings eine unglaublich gefährliche Ideologie: Zeugen Jehovas dürfen auch dann keine Bluttransfusionen akzeptieren, wenn diese lebensrettend wäre. Bei Erwachsenen mag man das noch als zwar unverständlichen, aber zu tolerierenden Spleen halten. Doch dieses irrsinnige Gebot gilt auch für Kinder! Deshalb regeln viele Staaten lebensrettende Maßnahmen für Kinder gesetzlich.
Erwachsene Zeugen Jehovas hingegen können das Blutverbot nicht umgehen: Willigt eine betroffene Person in eine Transfusion ein, gilt sie als freiwillig ausgetreten. Kann sie nicht genügend Reue beweisen, bleibt sie ausgeschlossen und wird geächtet. Einem Erkrankten, der eine lebensrettende Transfusion erhalten soll, bleibt so nur die Wahl zwischen sozialem Tod oder der Gefahr des physischen Todes.
Die Aufklärer am Alexanderplatz betonten: "Grundrechte gelten für alle, auch für Zeugen Jehovas, die austreten wollen! Kein Mensch soll wählen müssen zwischen seinem Glauben und seinen Liebsten, seiner psychischen und physischen Integrität oder seinem Leben."
Veranstalter der Aufklärungsveranstaltung in Berlin waren der JW Opfer Hilfe e. V. sowie der "Goldene Aluhut".
17 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Derartig krass wie bei den Zeugen Jehovas ist es in den beiden Kirchen noch nicht, aber im Prinzip gehen auch diese über das Grundgesetz und die Menschenrechte hinweg.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich bekam vor ca. 4 Jahren Besuch von zwei jungen JZ. Ich habe sie nicht abgewimmelt. Im Gegenteil, ich habe mit ihnen ein sachliches Gespräch über ihr Gottesbild und ihre Neue Welt Übersetzung geführt.
Letztes Jahr kam einer beiden bei einer säkularen Veranstaltung auf mich zu und stellte sich vor. Er hatte nach meinem Gespräch - ca. 1,5 bis 2 Stunden, die sein Leben verändern sollten - den Absprung geschafft. Ich bin nicht als Feind aufgetreten, ich habe ihre Literatur bei mir im Regal einsortiert, ich habe auf Basis ihrer Schriften argumentiert. Das hat ihn wohl beeindruckt.
Der Absprung war nicht leicht. Er musste mit seiner ganzen Familien brechen, hat jetzt eine neue aufgebaut - und wollte sich doch mit einer Flasche Wein bei mir bedanken. All der folgende Ärger war ihm die Freiheit, die er gewann, wert gewesen.
An diesem Tag bin ich leicht über dem Boden geschwebt. Das war ein tolles Gefühl, geholfen zu haben. Und er hat sein Leben neu aufgebaut, kam damit klar, war glücklich und bereute nichts...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Meine Hochachtung und Gratulation dazu Herr Kammermeier.
So sollte man mit allen Gläubigen aller Glaubensrichtungen umgehen, dies ist ein Erfolgsversprechender Weg und hilft beiden Seiten.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
Organisationen, die Grund- und Menschenrechte mißachten, werden normalerweise
vom Staat beobachtet und überwacht. Warum die Zeugen Jehovas hier anders behandelt werden, ist nicht nachzuvollziehen. In Rußland ist diese fürchterliche Vereinigung verboten worden!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Wolfgang Ortwitz am Permanenter Link
Ich denke ganz so einfach ist es nicht. Die Zeugen Jehovas basieren ihren Glauben mit unter anderem darüber, dass sie ein Narrativ von Verfolgung und Erdrückung erschaffen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Die Vorgehensweise der ZJ sind kriminell, ein ausgestiegener ZJ ler wird gemobbt und in manchen Fällen zum Suizid gedrängt, Kinder dieser Sekte, welche dringend eine Blutübertragung bräuchten, lässt der Verein lieber
Ist das nicht Grund genug diesen Irrsinn zu verbieten?
Tom Maier am Permanenter Link
Die hier angeführten "Behauptungen" gegen Jehovas Zeugen wurden ausführlich in dem Anerkennungsverfahren "Berlin vs.
1. Punkt "Gemeinschaftsentzug": Religionsmitglieder dürfen keine religiöse Gemeinschaft pflegen. Sind aber immer verpflichtet ihren Angehörigen zu helfen. Das obwohl sich der "Ausgeschlossene" ja selbst gegen seine Familie und die Religion gestellt hat.
2. "2-Zeugen-Regel": Dazu der Wachturm vom Mai 2019: Müssen auch zwei Zeugen vorhanden sein, damit ein Missbrauchsfall den Behörden gemeldet werden kann? Nein. Das ist keine Voraussetzung dafür, dass Älteste oder andere eine mutmaßliche Straftat zur Anzeige bringen. … Die Rolle von Ältesten in einem Rechtskomitee ist religiöser Natur. Sie beurteilen auf der Grundlage der Heiligen Schrift, ob der Täter bereut oder nicht. Bereut er nicht, wird ihm die Gemeinschaft entzogen ... Die Ältesten greifen nicht in die Strafverfolgung ein. Sie überlassen die strafrechtliche Seite den weltlichen Behörden …
3. "Blut": Jehovas Zeugen wünschen sich für sich und ihre Angehörigen die beste medizinische Behandlung, und die ist eben ohne Blut (ARD Mediathek: Böses Blut). Auch hier stellen sich Jehovas Zeugen nicht gegen rechtliche Verfügungen.
Mfg
Tom
daniel reumiller am Permanenter Link
diese @richtigstellung” ist eine massive verzerrung von tatsachen, herr maier.
1. ausgetretene und ausgeschlossene haben lediglich das recht auf glaubens- und kultusfreiheit in anspruch genommen. sie haben sich deswegen nicht von ihrer damilie abgewandt. dass die wt-gesellschaft aber massiven druck auf die angehörigen ausgetretener und ausgeschlossener ausübt, den kontakt möglichst ganz einzustellen, ist in zahlreichen publikationen der zj sowie tondokumenten von kongressen festgehalten und überprüfbar.
2. die zwei-zeugen-regel wurde tatsächlich unlängst relativiert, wurde aber über jahrzehnte praktiziert. auch das ist leicht anhand der publikationen der wt-gesellschaft überprüfbar.
3. die wt-gesellschaft versucht den zj einzureden, dass die “blutlose” medizin besser sei. das mag in gewissen fällen sogar zutreffen. dennoch sind bluttransfusionen faktisch verboten und führen zum ausschluss bzw. der ächtung. dies ist ein massiver eingriff in die persönlichkeitsrechte. dass sich die zj nicht gegen rechtliche verfügungen stellen, kann hier als argument überhaupt nicht gelten, sondern unterstreicht lediglich die perversion des systems, das so weit geht, dass z.b. darauf hoffen müssen, dass ein gericht sie vom sorgerecht entbindet, wenn sie nicht wollen, dass ihr kind im notfall verblutet.
leider hat die verzerrung von tatsachen bei den zj system. es ist allen hoch anzurechnen, die auf die missstände in dieser organisation hinweisen!
Sophie Küpper am Permanenter Link
Das kann ich nicht glauben, wie Du das Dir das alles schön redest.
„Juristen Deutsch“ ist eine Sache. Da kenne ich mich nicht aus, aber im Leben weiß ich Bescheid.
Nur so wie früher funktioniert das heute nicht mehr zu Glück, so.
Sophie Küpper
Tom Brand am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Maier,
Ihren Aussagen und Behauptungen hier kann ich nicht zustimmen.
1. Punkt "Gemeinschaftsentzug": Sie behaupten, dass wenn Jemand von seinem Recht auf freie Religionswahl gebrauch macht, sich dieser "gegen seine Familie ... gestellt hat"? Das ist doch Blödsinn! Man hat sich einfach für oder gegen eine Glaubensansicht, Weltanschauung oder Religionsgemeinschaft entschieden. Nicht jedoch gegen die eigene Familie!
Zudem machen Jehovas Zeugen keinen Unterschied zwischen jemandem dem die Gemeinschaft entzogen wurde (mögliche Gründe: Rauchen, Bluttransfusion, vorehelicher Geschlechtsverkehr, Umgang mit Ausgeschlossenen, ...) oder jemandem der die Gemeinschaft ohne Fehltritt von sich aus verlässt.
Wenn man als Jehovas Zeuge also "immer verpflichtet [ist, den auch ausgeschlossenen] Angehörigen zu helfen", könnten sie mir bitte verraten wie dieses gehen soll, wenn in dem Lehrvideo der Zeugen Jehovas die Mutter bei der ausgeschlossenen Tochter nicht einmal mehr ans Telefon geht? Was wenn diese im Krankenhaus gelegen hätte? (Hier zum Video: https://tv.jw.org/#de/mediaitems/2016Convention/pub-jwbcov_201605_3_VIDEO)
Zudem sprechen folgende Anweisungen eine andere Sprache, als Sie hier glauben machen wollen:
Beispielsweise müssen wir uns davor hüten, abtrünnig zu werden — eine Sünde, die uns untauglich machen würde, Gott zu verherrlichen (5. Mo. 13:6-9). Halten wir uns daher von Abtrünnigen fern und von jedem, der sich als ein Bruder ausgibt, aber Gott entehrt. Darauf müssen wir selbst bei Familienangehörigen achten (1. Kor. 5:11). Es bringt nichts, die Argumente von Abgefallenen oder anderen, die Jehovas Organisation kritisieren, widerlegen zu wollen. Es wäre falsch, ja gefährlich, etwas von ihnen zu lesen, sei es auf Papier oder im Internet. (Lies Jesaja 5:20; Matthäus 7:6.) -w12 15. 5. 26
Hält sich eine Familie treu an Jehovas Anweisung, nicht mit ausgeschlossenen Verwandten zu verkehren, kann das viel Gutes bewirken, wie folgendes Beispiel zeigt. Ein junger Mann war über 10 Jahre lang ausgeschlossen. In dieser Zeit hatten sein Vater, seine Mutter und seine vier Brüder „keinen Umgang mehr“ mit ihm. Manchmal versuchte er, sich ihnen anzuschließen, wenn sie etwas unternahmen, aber jeder in der Familie vermied lobenswerterweise konsequent jeden Kontakt mit ihm. Nach seiner Wiederaufnahme erklärte er, er habe die Gemeinschaft mit seiner Familie sehr vermisst, vor allem wenn er abends allein in seiner Wohnung gewesen sei. Aber, so räumte er ein, hätten seine Angehörigen auch nur hin und wieder Umgang mit ihm gehabt, hätte ihm das genügt. Da jedoch keiner aus seiner Familie auf ihn zuging, um sich mit ihm auszutauschen, war der starke Wunsch, wieder mit ihnen zusammen zu sein, eines der Motive dafür, seine Freundschaft mit Jehova zu reparieren. Gibt einem das nicht zu denken, falls man je versucht sein sollte, sich über Jehovas Gebot hinwegzusetzen und mit ausgeschlossenen Angehörigen Umgang zu haben? -w12 15. 4. 12
Buch "Bewahrt euch in Gottes Liebe"; Anhang S. 207-209
2. "Zwei-Zeugen-Regel": Jehovas Zeugen bzw. die Ältesten bringen von sich aus keine mutmaßliche Straftat im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch zur Anzeige. Der von Ihnen angeführte Wachtturm sagt dazu: "Halten sich Älteste bei Missbrauchsvorwürfen an gesetzliche Anzeigepflichten? Ja. Wo solche Gesetze bestehen, halten sich Älteste daran (Röm. 13:1). Solche Gesetze stehen nicht im Widerspruch zum Gesetz Gottes (Apg. 5:28, 29). Erfahren Älteste also von einem Vorwurf des Kindesmissbrauchs, informieren sie sich sofort, wie sie gesetzlichen Anzeigepflichten entsprechen können."
Hier in Deutschland werden Älteste als Geistliche angesehen und unterliegen daher dem Schweigerecht. Auch bei schweren Straftaten unterliegen sie nicht der Anzeigepflicht, weshalb sie hier in Deutschland niemanden zur Anzeige bringen.
Und selbst wenn eine solche Anzeigepflicht besteht, sind sie dieser nicht nachgekommen; siehe Australien (https://www.childabuseroyalcommission.gov.au/case-studies/case-study-54-institutional-review-jehovahs-witnesses).
Das aktuelle Ältestenbuch "Hütet die Herde Gottes" (Feb. 2019) sagt dazu: "Damit sichergestellt ist, dass Älteste, die von einem Vorwurf der Kindesmisshandlung oder des Kindesmissbrauchs erfahren, einer gesetzlichen Anzeigepflicht dafür Folge leisten, werden zwei Älteste unverzüglich in der Rechtsabteilung anrufen, um sich rechtliche Hinweise einzuholen."
Wir reden hier von möglichem Kindesmissbrauch! Eine Verletzung unter welcher womöglich ein Leben lang zu leiden bleibt!
Was sagt das selbe Buch zu einer Sachbeschädigung/Einbruch? "Bei Sachschäden kann durch schnelles Handeln oft größerer Schaden vermieden werden. Bei Einbrüchen, Diebstahl, Brandstiftung oder anderen Fällen von Vandalismus muss unverzüglich Anzeige erstattet werden. Es ist angebracht, die Lokale Planungs- und Bauabteilung (LDC) um Hinweise zu bitten. Bei Schäden, die ohne Hilfe des LDC leicht repariert werden können, sind Kopien von schriftlichen Kostenschätzungen für die Reparaturkosten (oder in einem Notfall die Reparaturrechnung) ergänzend zur Schadensmeldung an die Buchhaltung (Schadenshilfe) im Zweigbüro zu senden."
Bei Sachschäden sofort Anzeige erstatten und ergänzend eine Schadensmeldung an die Zentrale, bei Kindesmissbrauch erst einmal ein Anruf in der Rechtsabteilung, um festzustellen ob man Anzeige erstatten muss. Wie krank!
3. "Blut": Sie behaupten hier, "die beste medizinische Behandlung ... ist ... ohne Blut", und verweisen auf die Dokumentation "Böses Blut". Doch genau das sagt die Dokumentation nicht aus! Hier: https://youtu.be/Mp4PP0w-u8s?t=1140
Blut kann eben auch Leben retten!
Keinem Zeugen Jehovas ist es jedoch möglich selbstbestimmt eine Entscheidung zum Thema Blut zu treffen, da ihm sonst der Verlust aller sozialen Kontakte, einschließlich der Familie, droht.
Und ein Zeuge akzeptieren was gerade Lehrmeinung ist. Beispiel Organtransplantation:
-bis 1968 erlaubt (w61 1. 12. 736)
-ab 1968 verboten und Grund zum Ausschluss (w68 15. 2. 126-128)
-seit 1980 erlaubte Gewissensentscheidung (w80 15. 6. 31)
Mit Ihrem Kommentar verdrehen Sie leider die gelehrte und gelebte Wirklichkeit bei den Zeugen Jehovas.
Mit freundlichen Grüßen
Tom
daniel reumiller am Permanenter Link
herr maier,
ihre behauptungen sind weitgehend haltlos:
1. wer behauptet denn, die “abtrünnigen” hätten sich gegen ihre familien entschieden?? allein diese aussage belegt, dass es eben stimmt: freies denken und damit die inanspruchnahme des verfassungsrechtlichen ansprucgs auf glaubens- und kultusfreiheit wird von den zj als bruch mit der familie interpretiert und führt ihrerseits zur ächtung derjenigen, die sich zu eigenen denken bekennen. dass dies von der wt-org permanent gepusht bzw eingefordert wird, ist durch zahlreiche text-und tondukumente der zj belegt.
2. die 2-zeugen-regel wurde in mai 2019 (wohl als reaktion auf zahlreiche gerichtsverfahren in verschiedenen ländern) glücklicherweise relativiert, war aber -ebenfalls nachweisbar in zahlreichen publikationen der wt-org - jahrzehntelang gängige praxis.
3. die wt-org stellt die sogenannte “blutlose” chirurgie stets als bessere alternative dar. dass sich zj nicht gegen rechtliche verfügungen stellen, ist das eine; dass aber eltern praktisch darauf hoffen müssen, dass ein gericht eher eine transfusion verordnet, als ein kund sterben zu lassen, weil sie -würden sie der transfusion zustimmen - der ächtung nicht entgegen könnten, ist ein beredter ausdruck der perversion dieses korrimpierten religiösen systems.
Peter Schulze am Permanenter Link
at Tom Maier:
Zu Punkt 1)
Ein „Ausgeschlossener“ gemäß dem Vokabular der Zeugen Jehovas hat lediglich von seinem Recht Gebrauch gemacht, nicht mehr Teil dieser Kirche (der Zeugen Jehovas) zu sein. Dies ist etwas, was jedem Vereins- oder Parteimitglied zusteht und zum Alltag des Lebens dazu gehört. Bei den Zeugen Jehovas wird dies jedoch in einer Form überhöht und ideologisch aufgeladen, dass Personen, die die „Gemeinschaft verlassen“ oder von dieser ausgeschlossen werden, als verachtenswert dargestellt werden und jeglicher Kontakt zu ihnen untersagt wird. Dies argumentativ zu verdrehen und zu sagen, „Ausgeschlossene“ hätten sich „gegen“ ihre Familie „entschieden“, ist eine ideologische Verdrehung um die destruktiven Ansichten einer religiösen Gemeinschaft zu rechtfertigen.
Zu Punkt 2)
Zur „Zwei-Zeugen-Regel“ der Zeugen Jehovas sei auf den Abschlussbericht der australischen Kommission bezüglich Kindesmissbrauchs verwiesen:
„Royal Commission into Institutional Responses to Child Sexual Abuse“
Der Bericht ist unter ‚https://www.childabuseroyalcommission.gov.au/final-report‘ zu finden.
Die Zwei-Zeugen-Regel ist aus Sicht der Kommission eines der größten Probleme der Zeugen Jehovas im Umgang mit Kindesmissbrauch.
Vor dem Hintergrund der internationalen Aufmerksamkeit zu diesem Thema versucht die Gemeinschaft sicherlich, weniger irritierende „Erklär-Ansätze“ für ihr Verhalten zu kommunizieren. Da es in dieser Glaubensgemeinschaft ein Buch mit Anweisungen für die leitenden Männer gibt, das „Ältestenbuch“, welches nicht allgemein zugänglich ist, kann die Gemeinschaft sehr leicht von ihrer eigenen Vergangenheit abweichende Vorgehensweisen propagieren, ohne das eine transparente Nachprüfbarkeit ohne weiteres gegeben wäre. Insofern muss, wie bei anderen Institutionen die dieses Problem mit Missbrauchsfällen auch haben, genau hingesehen werden. Bei verwässernden Erkläransätzen der Gemeinschaft sollte der aufmerksame Leser oder Hörer sofort hellhörig werden.
Zu Punkt 3)
Zeugen Jehovas verweigern für sich selbst und ihre minderjährigen Kinder die Verwendung von Blut- und Blutbestandteilen. In Situationen, in denen aus medizinischen Gründen das menschliche Leben nur unter Einsatz von Blut- und/oder Blutbestandteilen gerettet werden kann, führt dies immer wieder zu Todesfällen. Betrifft dies minderjährige Kinder, hat dies nicht nur einen üblen Beigeschmack. Im Übrigen riskiert jeder Zeuge Jehovas, der sich Blut- oder Blutbestandteile verabreichen lässt die Exkommunikation aus der Gemeinschaft mit dem kompletten Verlust des sozialen Umfeldes.
Stefan Mast am Permanenter Link
Immer alles schönreden, immer schön die Opfer zu Tätern machen. Der Tag kommt, an dem den Zeugen Jehovas ihre Lügen im Hals stecken bleiben. Dank Internet ist es vorbei, Menschen für dumm zu halten.
Geheimer ExZeuge am Permanenter Link
1. Zitat von JW.org:
Setzt sich jemand aus unseren Reihen jedoch immer wieder über die Normen der Bibel hinweg und zeigt keinerlei Reue, muss er ausgeschlossen werden und der Kontakt wird abgebrochen.
Wenn ich aufhöre Zeuge Jehovas sein zu wollen, weil mich die Argumente nicht mehr überzeugen, habe ich auch keinen Grund mehr nach den Spielregeln der Zeugen Jehovas zu leben. Also die Frage: gibt es einen Weg unter Beibehaltung der freundschaftlichen und familiären Beziehungen die Gemeinschaft so zu verlassen, dass ich ihren Regeln(aus Sicht der Gemeinschaft) nicht mehr unterstehe?
2. veröffentlichen Sie doch hier mal die Anweisungen aus dem Buch „Hütet die Herde Gottes“ (der Leitfaden für Gemeindevorsteher, welcher dem normalen Mitglied nicht zugänglich ist). Falls dort steht, „wendet euch an das Zweigbüro“, veröffentlichen Sie am besten die Richtline dort gleich mit.
3. eine ARD Dokumentation ist in dieser Frage nicht aussagekräftig. Wie wäre es denn mit klinischen Studien? Haben sie da etwas zu bieten, z.B. Zu Plazentaabriss?
Hier auf einen Dokumentarfilm zu verweisen hat so viel Beweiskraft als wenn ich einen ihrer angeblich Biblischen Standpunkte (wie wäre es mit dem Fall Jerusalems in 607) mit einer vergleichbaren Dokumentation widerlegen wollte. Würden sie das akzeptieren?
Außerdem ist die Ablehnung einer Bluttransfusion keine medizinisch begründete, sondern eine theologische? Oder würden sie hier und heute einwilligen, sich eine Blutkonserve geben zu lassen, sofern medizinisch notwendig und Ihnen die medizinische Notwendigkeit auf Basis der aktuellen studienlage bewiesen würde?
Ich bin gespannt...
Corvus Corax am Permanenter Link
Hallo Tom,
Danke für Deine "ehrliche" Antwort. Du hast aber einiges vergessen.
Zu 1.
Hier ein Auszug aus dem Anerkennungsverfahren vom Bundesverwaltungsgericht Berlin (BVerwG 7 B 80.05, OVG 5 B 12.01, S. 5 §2 Abs. 3):
"Das Oberverwaltungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin im Falle des Austritts oder des Ausschlusses eines Mitglieds ihrer Gemeinschaft empfiehlt, dieses Mitglied zu meiden und keinen Umgang mehr mit ihm zu pflegen."
Die Realität sieht aber so aus:
Wachturm Oktober 2017 „Die Wahrheit bringt nicht „Frieden ...,sondern ein Schwert“, w2017 S. 17 Abs. 19:
"Auch wenn uns das sehr schwer fällt, müssen wir unnötigen Kontakt vermeiden — sei es telefonisch, brieflich oder über Textnachrichten, E-Mails oder soziale Netzwerke."
Zu 2.
Jahrzehntelang haben JZ basierend auf 1. Korinther 6 untersagt, zu weltlichen Gerichten zu gehen. Und diejenigen, die es trotzdem taten, wurden reihenweise ausgeschlossen (u.a. wegen Verleumdung, da ja keine 2 Zeugen vorhanden). In 1. Ko. 6:1,2 (NWT2017) steht:
"Wagt es jemand von euch, der einen Streitfall mit einem anderen hat, vor ungerechte Menschen vor Gericht zu gehen und nicht vor die Heiligen? 2 Wisst ihr denn nicht, dass die Heiligen über die Welt Gericht halten werden? Und wenn ihr über die Welt Gericht halten sollt, seid ihr da nicht in der Lage, ganz geringfügige Angelegenheiten zu verhandeln?"
Ja, Kindesmissbrauch gehörte anscheinend zu den ganz geringfügige Angelegenheiten.
Zu 3.
Möchte ich nur erwähnen, dass diejenigen, die die medizinische Verwendung von Blut untersagen, auch eine zeitlang Organtransplantationen untersagt haben, da diese Kannibalismus sind. Das waren höchst qualifizierte Aussagen!
lg
Corvus
Bernd am Permanenter Link
Grundsätzlich:
Ein Verbot von Religionsgemeinschaften verstößt gegen Art. 4 GG. Wo, wenn nicht in religiösen Gemeinschaften kann der eigene Glaube sinnstiftend erfahren und praktiziert werden?
Religiöser Glaube lebt vom Austausch mit Gleichgesinnten. Eigene Beträume oder Gebäude, in denen religiöse Handlungen (Gottesdienst, Messe, gemeinschaftliches Beten und Singen religiöser Lieder) vollzogen werden, gehören für sehr viele Gläubige zum Wesenskern ihres gelebten Glaubens.
Wenn russisch-orthodoxe Gläubige das Recht haben, in ihren Kirchen Weihrauch zu schwenken und berührende Mönchs- oder Priesterchoräle zu hören, dann müssen Angehörige anderer Religionsgemeinschaften das gleiche Recht haben, ihren Glauben zu praktizieren.
Es kann nicht Sache des Staates sein, Liturgie oder Gebetsbücher zu zensieren oder den Gläubigen vorzuschreiben, was sie zu glauben haben. Es ist auch nicht seine Sache, den Konkurrenzkampf der dominierenden (orthodoxen) Kirche gegen ihre vermeintlichen Nebenbuhlerinnen einseitig zu befördern. Der Gleichheitsgrundsatz ist konstitutiv für den freiheitlichen Rechtsstaat.
Das ist das eine.
Andererseits:
Die Praxis des Gemeinschaftsentzugs der Zeugen Jehovas ist herzlos, basiert auf einer christlich-fundamentalistischen Auslegung des Neuen Testaments und ist im Ergebnis menschenverachtend.
Das Gebot, mit Ausgeschlossenen keinen Umgang zu haben, basiert auf 1. Korintherbrief 5,11: "Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Unzüchtiger ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber; mit einem solchen nicht einmal zu essen."
Interessant ist, dass der Kreis der zu meidenden Personen klar umrissen ist: Unzüchtige, Habsüchtige, Götzendiener, Lästerer, Trunkenbolde und Räuber.
Tatsächlich wären das genau jene Sorten von Menschen, mit denen die meisten eher wenig zu tun haben möchten.
Allerdings wendet der Verfasser diese Beschreibungen nicht auf außenstehende Ungläubige an, "denn", so seine Schlussfolgerung, "sonst müsstet ihr ja aus der Welt hinausgehen.
Gemeint sind vielmehr diejenigen, die sich heuchlerisch "Bruder" nennen lassen, während sie in Wahrheit dem oben beschriebenen Personenkreis zuzuschreiben sind.
Da diese Personen "drinnen" sind, sollen sie auch "drinnen gerichtet" werden (1. Kor. 5,12).
Die anderen aber sind "draußen", und dort soll Gott richten. Wenn nun ein Unzüchtiger, Lästerer, Götzendiener oder Räuber aus der Gemeinschaft der Gläubigen entfernt wird, ist er "draußen" und fällt unter die göttliche Gerichtsbarkeit.
Nun untersteht er nicht mehr der Gemeinschaft und den in ihr geltenden Regeln. Er ist daher für die, die "drinnen" sind, so anzusehen, wie ein gewöhnlicher Außenstehender.
Das Gebot, mit Menschen keinen Umgang zu haben - noch dazu, wenn es nahestehende Verwandte sind -, die nichts Böses getan haben, sondern lediglich nicht mehr dasselbe glauben, wie die Familienangehörigen, geht über das geschriebene Wort des Neuen Testaments hinaus und holt die "Gerichtsbarkeit Gottes", entgegen der Anweisung, zurück in die Gemeinschaft. Dort aber gehört sie nicht hin, denn "Gott richtet die, die draußen sind" (1. Korinther 5,13).
Lieber Tom Maier, ich darf Ihnen eine Begebenheit aus der Praxis berichten, die zeigt, wie es gehen könnte:
Eine Verwandte (Zeugin Jehovas) war zu einem Familientreffen gekommen, bei dem viele ehemals Gläubige waren. Ohne, dass ich sie darauf angesprochen habe, sagte sie, sie glaube an "Jehova" und ihr tue die Gemeinschaft mit den anderen Gläubigen gut, aber wie sie ihre (ungläubigen) Familienangehörigen behandele, das entscheide sie ganz allein. Niemandem gestatte sie, ihr diesbezüglich (herzlose) Vorschriften zu machen.
Gemeinsam kamen wir zu der Überzeugung, dass Glaube etwas sehr Intimes im Menschen sei und eigentlich nicht auf dem Marktplatz ausgebreitet gehört.
Dieses friedliche, verständnisvolle und tolerante Miteinander von Gläubigen und Nichtgläubigen wünsche ich Ihrer Glaubensgemeinschaft. Vieles könnte wesentlich entspannter und konfliktfreier verlaufen, wenn Sie sich in dieser Angelegenheit öffneten und die fundamentalistische Sicht auf die Texte des Neuen Testaments aufgäben.
Die meisten Ausgeschlossenen sind weder Unzüchtige noch Lästerer, Trunkenbolde oder gar Räuber. Sie, und auch die Aussteiger, glauben lediglich nicht mehr, was die Zeugen Jehovas glauben und lehren. Das ist alles.
Sie haben sich damit weder gegen ihre (gläubige) Familie noch gegen die Religion gestellt.
Menschen zu ächten, die nicht mehr oder etwas anderes glauben, ist herzlos, inhuman und grausam.
Die Zeugen Jehovas sollten mit dieser unchristlichen Praxis brechen und begreifen, dass Kritik oder die Veränderung der eigenen Weltanschauung keine Gegnerschaft ist. Dieses Schwarz-weiß-, Freund-Feind-Denken ist kein Zeichen von Vernunft.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Jede Wissensgemeinschaft ist mir tausendmal lieber als eine Glaubensgemeinschaft!!!
Wissen klärt auf, Glaube schafft Zwist.