Humanistinnen und Humanisten haben im westfälischen Münster die Bewegung "Humanists for Future" gegründet. Angesichts der von der Wissenschaft aufgezeigten Dringlichkeit der Klimafrage sei es schlicht eine Frage der Vernunft, die aktuellen Klimastreiks zu unterstützen, so die Gruppierung.
Im August vergangenen Jahres setzte die damals 15-jährige Schwedin Greta Thunberg mit ihren freitäglichen Schulstreiks erstmals ein Zeichen gegen die Untätigkeit der Politik in Hinblick auf das Umsetzen effektiver Maßnahmen gegen den Klimawandel. Viele junge Menschen folgten Thunbergs Vorbild und innerhalb nur eines Jahres wurde aus der Klimastreikbewegung Fridays for Future eine weltweite Protestbewegung.
Einige gesellschaftliche Gruppen solidarisierten sich sehr schnell mit der Bewegung und es entstanden Gruppierungen wie Parents for Future, Scientists for Future oder auch Church for Future. Wesentlich länger brauchten in Deutschland zunächst Humanistinnen und Humanisten, um sich zur Fridays for Future-Bewegung zu positionieren. Im August erklärte der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg seine Solidarität mit Fridays for Future und begrüßte ausdrücklich die Proteste der Schülerinnen und Schüler.
Einen deutlichen Schritt weiter gehen nun Humanistinnen und Humanisten im westfälischen Münster. Sie haben die Gruppierung Humanists for Future gegründet, um sich mit der Fridays for Future-Bewegung zu solidarisieren. Die Gruppierung versteht sich nach eigenen Aussagen als überparteilich und unabhängig von bestehenden säkularen Organisationen und ist offen für Humanistinnen und Humanisten jeden Alters, die sich dem Klimaprotest anschließen wollen.
"Als Humanist*innen ist uns in besonderem Maß an Vernunft und Wissenschaftlichkeit gelegen", erklärt Julian Hindriks von den Humanists for Future. "Allein im deutschsprachigen Raum unterstützen mehr als 27.000 Wissenschaftler*innen die Forderungen der Fridays for Future-Bewegung. Darum fordern auch wir von Politik und Gesellschaft die Anerkennung wissenschaftlicher Fakten in Hinblick auf den Klimawandel und das sofortige Einleiten von effektiven Maßnahmen, um dem menschengemachten Klimawandel entgegenzuwirken."
Der 24-jährige Germanisitk- und Anglistik-Student Hindriks ist Mitgründer und Sprecher der Humanists for Future. Er betont, dass es schon allein aus humanitären Gründen unverantwortlich sei, sich als Humanist*in nicht für Maßnahmen gegen den Klimawandel einzusetzen: "Die Wissenschaft ist sich einig, dass durch den Klimawandel ganze Landstriche auf der Erde unbewohnbar werden. Hunger und Tod wird für viele Menschen die Folge sein. Um das zu verhindern, müssen wir beim Klimaschutz jetzt endlich einen Zahn zulegen. Aber auch klar machen, dass bestimmte Folgen bereits unweigerlich eintreten werden und mit diesem Bewusstsein vorausschauend handeln."
"Als Humanist*innen glauben wir nicht an fiktive Wesen, sei es Zeus, Harry Potter oder Gott, die die Dinge schon irgendwie richten werden", heißt es in einer Erklärung der Gruppierung. "Wir wissen, dass allein der Mensch die Probleme lösen kann, die er selbst geschaffen hat. Allerdings ist es höchste Zeit, dass der Mensch dies auch endlich tut. Darum ist es unser Ziel, zusammen mit anderen Klimaaktivist*innen Gesellschaft und Politik über die Bedrohung des Klimawandels sowie die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen aufzuklären und mit friedlichen Mitteln Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen."
Die Humanists for Future haben in unterschiedlichen Kreisen der säkularen Community Befürworterinnen und Unterstützer. Diana Siebert, Sprecherin des Bundesarbeitskreises Säkulare Grüne, hält die Humanists for Future für "die richtige Initiative zur richtigen Zeit". "Gerade wir Humanist*innen sind aufgefordert, aktiv die Grundlagen menschlichen (und nicht nur menschlichen) Lebens zu erhalten. Es ist an uns, den selbstbetrügerischen Zweckoptimismus in der Klimafrage zu überwinden", sagt Siebert. Ähnlich äußert sich Martin Budich, Gründungsmitglied der säkularen Initiative Religionsfrei im Revier und bekannt für seine karfreitäglichen "Das Leben des Brian"-Aktionen. "Seit 50 Jahren warnen die Expert*innen des Club of Rome vor den Grenzen des Wachstums", sagt Budich. "Schüler*innen zwingen jetzt die Verantwortlichen, die Wissenschaft ernster zu nehmen. Als Humanists for Future müssen auch wir dem Glauben an die Möglichkeit eines "Weiter so" entgegentreten." Auch Journalist und Psychologe Colin Goldner, der das von der Giordano-Bruno-Stiftung geförderte Great Ape Project leitet, unterstützt die neue Bewegung, wie auf der Facebook-Seite der humanistischen Klimaschützer nachzulesen ist: "Auch wenn der Klimawandel menschenverursacht ist, sind von seinen Folgen nicht nur Menschen, sondern auch nicht-menschliche Lebewesen jeder Art betroffen, deren Lebensgrundlage beeinträchtigt oder zerstört wird", gibt Goldner zu Bedenken. "Insofern unterstütze ich als evolutionärer Humanist wie insbesondere als Tierrechtler die Initiative Humanists for Future aus vollem Herzen."
Weitere Informationen über die Gruppierung Humanists for Future sowie Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Unterstützung sind zu finden unter www.humanistsforfuture.de und auf der Facebook-Seite der Humanists for Future.
23 Kommentare
Kommentare
Ulrike Dahmen am Permanenter Link
Es ist schon traurig, dass die Humanisten zu Ihrer Aktivität erst den Schulstreik einer jungen Schwedin brauchten. Die Wissenschaftler wurden geflissentlich 50 Jahre überhört.
Frank Zappa am Permanenter Link
@Ulrike Dahmen: Soso, haben auch DIE Wissenschaftler sich 50 Jahre lang selbst überhört und erst die junge Schwedin gebraucht, um aktiv zu werden???
Michael Schneider am Permanenter Link
Bei den sciencefiles vom 03.03.2019 zu finden: Wann immer ein wissenschaftliches Ergebnis zur Wahrheit erklärt wird, ist Vorsicht angemahnt.
Wann immer Kritik an dem zur Wahrheit erklärten Ergebnis, in Bausch und Bogen verdammt wird, Kritiker lächerlich gemacht werden, ihnen die „Verschwörungstheorie“ entgegen geschleudert wird, sie zum Outcast gemacht werden, der den angeblichen wissenschaftlichen Konsens ignoriert, dann sind Vorsicht und Skepsis gefordert.
Wann immer Politiker sich auf wissenschaftliche Ergebnisse stürzen, diese Ergebnisse in ihre Ideologie inkorporieren und sie ins Feld führen, um die Lauterkeit und die Gutheit der eigenen Ideologie und daraus folgenden Absichten zu belegen, sind nicht nur Vorsicht und Skepsis gefragt, was gefragt ist, mehr denn je, ist die Prüfung der angeblichen Wahrheit.
...
Es ist traurig, dass man nach mehr als 40 Jahren immer noch darauf beharrt, nicht belogen zu werden. Es ist weiterhin traurig, dass Wissenschaftler einem kranken, von den Eltern zu rein finanziellen Zwecken missbrauchten Kind hinterherrennen als wäre es der Messias. Dies ist keine Wissenschaft, sondern eine Diesseits-Religion.
Andrea Pirstinger am Permanenter Link
Eine aus meiner menschlichen Sicht zutreffende Beschreibung, Michael Schneider.
libertador am Permanenter Link
Ich sehe nicht, wo Politik sich auf die wissenschaftlichen Ergebnisse der Klimawissenschaften gestürzt hätten.
Im Rahmen der Wissenschaft ist genau die Prüfung vorgenommen worden und wird weiter vorgenommen. Skepsis muss sich daran messen, wie gut ihre Argumente sind und auf dieser Basis eine Bewertung vorgenommen werden. Dementsprechend gibt es in der Wissenschaft auch sinnvolle Debatten über die Quantifikation von Unsicherheit in der Klimaforschung. Der IPCC hat ja unter anderem deswegen eine strukturierte Empfehlung entwickelt, wie Unsicherheit ausgedrückt wird.
libertador am Permanenter Link
Meiner Meinung nach haben die Aktivitäten dadurch eine Form gefunden. Vorher gab es ja auch Initiativen, die weniger Aufmerksamkeit hatten insgesamt weniger mit einem gemeinsamen Punkt geformt waren.
Thomas R. am Permanenter Link
Nicht "die", sondern einige wenige Wissenschaftler.
Junius am Permanenter Link
Und wie in den letzten 50 Jahren einiges passiert ist, und vieles unterlassen wurde, wird es auch diesmal sein. Oder denkt irgendjemand *vorsichtindierundeguck*, außerhalb von Deutschland und evtl.
Jahn Terbin am Permanenter Link
Wenn man Unwissen mit Propaganda verbindet, dann kommt so etwas heraus.
Wirklich traurig.
Andrea Pirstinger am Permanenter Link
Was unterscheidet nicht-menschliche Tiere und menschliche Tiere auf diesem Planeten?
Nicht-menschliche Tiere leben im "Hier und Jetzt".
Menschliche Tiere beschäftigen sich vorwiegend mit Zukunft (was wird sein/was soll sein?).
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Wenn ich recht informiert bin, hat es in der Erdgeschichte noch nie konstantes Klima, sondern immer extreme Klima-schwankungen gegeben.
Mit grenzenloser Überheblichkeit wird behauptet, wir Deutschen könnten per Gesetz Maßnahmen ergreifen, die ein Wesensmerkmal des Planeten Erde nach 4,6 Mrd. Jahren plötzlich stoppen und verändern. Und Humanisten, die ich bisher immer für kluge Menschen gehalten habe, erkennen nicht, dass diese Panikmache nur eine politische Kampagne ist, um der Bevölkerung die Zustimmung zu neuen Steuern und Abgaben abzupressen!
Manfred H. am Permanenter Link
Nein, es gibt keine gigantische grüne Weltverschwörung, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Aber ja, das Klima hat in der Vergangenheit äußerst empfindlich auf Störungen reagiert. Das sollte uns zu denken geben, denn es gab vermutlich noch nie einen Temperaturanstieg in derart kurzer Zeit - ausgenommen die Massensterbeereignisse in der Vergangenheit.
Daher wird Greta Thunberg auch von den Scientists for Future unterstützt: https://www.zeit.de/campus/2019-09/scientists-for-future-christoph-schneider-klimaschutz-aktivismus/komplettansicht
libertador am Permanenter Link
Ich kann verstehen, wie man zu dem Schluss kommt, dass vergangene Klimaveränderungen nahelegen, dass die jetzige auch andere Ursachen haben könnte.
Vergangene Veränderungen kamen durch Klimaantriebe zustande. Wenn man nun die vergangenen Reaktionen auf Klimaantriebe beobachtet, dann kann man daraus Rückschlüsse darauf ziehen, wie das Erdsystem auf solche Antriebe reagiert. Ein solcher Antrieb ist die menschengemachte Veränderung der CO2-Konzentration. Auf diesem Wege folgt aus den vergangenen Veränderungen eine Abschätzung der Veränderung durch CO2 und kein Gegenargument. Diese Reaktionen des Erdsystems lassen sich nicht per Gesetz diktieren, aber die Faktoren die menschenbeeinflusste Klimaantriebe bestimmen durchaus.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"CO2-Gehalt der Atmosphäre um 0,001 % verändern" - wo steht das, Johannes? Quelle bitte.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdioxid_in_der_Erdatmosph%C3%A4re
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Hallo Hans, Du weißt, ich bin Musiker, nicht Meteorologe, beschäftige mich auch vor allem mit Kirchengeschichte und
Manfred H. am Permanenter Link
"Kann natürlich sein, dass ich vorlaut bin. Aber wenn alle einstimmig ins gleiche Horn stoßen, provoziert es mich zum Widerspruch."
Das ist eine ehrliche, aber auch interessante Aussage, denn es weist auf das Phänomen hin, dass wir Menschen dazu tendieren, uns am lautesten und entschiedensten zu Themen zu positionieren, von denen wir tatsächlich am wenigsten Ahnung haben. Das erscheint auf den ersten Blick paradox, erklärt sich aber dadurch, dass die eigene Unwissenheit schlichtweg das eigene Selbstbild nicht erschüttert. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß...und ist mir daher auch nicht peinlich!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Widersprichst du dann auch der noch viel einstimmigeren Chemie, Physik, Biologie, gar der Mathematik und Logik?
Das wird absurd, Johannes.
struppi am Permanenter Link
Die Chemie hat zum Klima relativ wenig bei zu tragen. Mehr die Geologen, die z.t. ganz andere Ergebnisse, bzw. nicht so klare Aussagen finden, wie sie manch "Klimawissenschaftler" prognostizieren möchte.
Interessant wäre es noch, was die Theologen zum Weltuntergang sagen, der allenthalben prognostiziert wird. Erstaunlicherweise teilen viele Säkulare Menschen den Glauben an die Apokalypse durch eine "menschengemachte" Klimakrise. Da steckt doch viel menschengemachte Mystik dahinter die wohl dem Menschen inne wohnt und schwer zu verleugnen ist.
Wer daran glauben möchte soll es tun.
Der aufgeklärte Mensch wird auch ohne solche Thesen ein Verantwortungsvollen Umgang gegenüber seiner Umgebung, egal ob Mitmensch oder Natur, pflegen. Ich brauche keine Religion und keine Klimakrise, um mein Handeln zu regeln und zu verantworten.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Die Chemie hat zum Klima relativ wenig bei zu tragen" - ach nee; und was hat das mit meinem Kommentar auf Johannes' Kommentar zu tun?
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Hallo Struppi, warum versteckst Du Dich hinter einem Pseudonym? Als Musiker war es unvorsichtig, überhaupt zu kommentieren.
Thomas R. am Permanenter Link
Seit Beginn der Industrialisierung hat die Menschheit ABERMILLIARDEN Tonnen an TREIBHAUS(!!!)gasen verschiedenster Art (also nicht nur CO2) in die Atmosphäre entlassen.
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"Als lebenslang sehr frommer Christ verblüfft mich die fast kongruente Übereinstimmung der Klimareligion mit der Heilslehre meiner Kirche, die ich als falsch und schädlich erkannt habe."
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Eine solche "Übereinstimmung" kann nur jemand "wahrnehmen", der nicht weiß, worin der kategorische Unterschied zwischen religiös-irrationalen und wissenschaftlich wohlbelegten Überzeugungen besteht. Auch an Sie die dringende Empfehlung, sich wissenschaftliche Grundkenntnisse anzueignen: ISBN 978-3-7776-1321-5 und ISBN 978-3-86569-223-8.
Sim am Permanenter Link
Was ist daran absurd? Wollen sie behaupten das Verhältnismässig kleine Änderungen keine große Wirkung haben können?
Damit ist ihr Argument wiederlegt es war ohnehin nur ein einfaches argumentum ad ignorantiam. Aber das Gute ist: Jetzt sind Sie schlauer und müssen diesen Fehler in Zukunft nicht mehr begehen.
David Z am Permanenter Link
"Als Humanist*innen ist uns in besonderem Maß an Vernunft und Wissenschaftlichkeit gelegen", erklärt Julian Hindriks von den Humanists for Future."
Wie passt das mit "Friday for Future" zusammen?