Der Goldene Aluhut 2019

…nicht über den Placeboeffekt hinaus!

Ein aufregendes Jahr voller Fake News und Verschwörungstheorien neigt sich dem Ende zu. Grund genug, um das fünfte Mal den "Goldenen Aluhut" zu vergeben. Einen der von den Preisträgern nicht sonderlich begehrten Preise gewann vergangene Woche auch das Unternehmen Hevert, welches Homöopathie-Kritikerin und hpd-Präsidiumsmitglied Natalie Grams einen juristischen Maulkorb verpassen wollte.

Wie in jedem Jahr war der große Saal im Heimathafen Neukölln voll besetzt, als Giulia Silberberger den Abend eröffnete. Show, Aufklärung und viel Gelächter erwartete die Gäste. Viele von Ihnen haben an der Abstimmung zum Preis teilgenommen. Und es verwunderte niemanden, dass keiner der diesjährigen Preisträger seine Trophäe auf der Bühne entgegennahm.

Die Gewinner in diesem Jahr sind:

  • In der Sparte "Verschwörungstheorien allgemein" gewann Nikolai Nerling (Der Volkslehrer),
  • in der Sparte "Politik" die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) für ihre Haltung zum menschengemachten Klimandel,
  • in der Sparte "Medien & Blogs" gewann Ex-Spiegel-Journalist Claas Relotius für den Bärendienst, den er dem Journalismus erwies,
  • in der Sparte "Esoterik" der Erfinder der Anthroposophie und Vater der Waldorfpädagogik, Rudolf Steiner
  • und last, aber nichtsdestotrotz not least: In der Sparte "Medizin & Wissenschaften" der Arzneimittelhersteller Hevert (mit fast der Hälfte aller abgegebenen Stimmen) für seinen Versuch, den Satz "Homöopathie wirkt nicht nicht über den Placeboeffekt hinaus!" verbieten zu lassen.

Hans Pfeufer, Rüdiger Reinhardt, Stefan Sachse und nicht zuletzt Giulia Silberberger, die durch den Abend führte, hielten die Laudationes auf die Preisträger.

 Foto: © Gisa Bodenstein
 Foto: © Gisa Bodenstein

"Der Volkslehrer" Nikolai Nerling betrieb bis zur Sperrung durch YouTube einen Videochannel, in dem sich Hohlerdler, Nazi-Mond-Verschwörer und Reptiloiden-Gläubige ihr Futter holten, fein gewürzt mit rassistischen Ingredienzien.

Als der thüringische AfD-Chef erwähnt wurde, rief es aus dem Saal: "Der Mann heißt Bernd!" Und tatsächlich wurde in der Laudatio dann immer dieser Name genannt. Der Mann mit dem Hundeschlips, der zwar anerkennt, dass es einen Klimawandel gibt, aber die Menschen damit nichts, aber auch gar nichts zu tun hätten, bekam genauso sein Fett weg wie die Dame der AfD, die der Sonne die Schuld an der Erwärmung der Erde geben wollte. Man sieht: Eine Partei von Fachleuten, die sich den Preis ehrlich verdient haben.

Aluhut-Bastelstation
Aluhut-Bastelstation, Foto: © Gisa Bodenstein

So wie auch Claas Relotius, der dem Spiegel und anderen Medien gut ausgedachte Reportagen verkaufte, in denen Menschen zu Wort kamen, die es nicht gibt; Orte und Ereignisse auftreten, die es so nicht gab und Zitate und Interviews, die allein im Kopf des Ex-Journalisten entstanden. Der Mann verdiente sich seinen Preis damit, dass er in Zeiten von Fake-News-Vorwürfen Wasser auf die Mühlen derer kippte, die die freie Presse gern abschaffen würden.

Über den Waldorf-Erfinder Rudolf Steiner kann man hpd-Lesern wohl kaum mehr etwas erzählen, das sie schockiert und irritiert. In der Laudatio wurde der ganze Unfug in ein paar Minuten zusammengefasst und klang deshalb noch unsinniger.

Ja, und dann war da noch der Preis für "Medizin und Wissenschaft". Laudator Dr. Hans Pfeufer übte vor seiner Laudatio mit dem Publikum: Wann immer er "Homöopathie wirkt …" sagte, rief der Saal "… nicht über den Placeboeffekt hinaus!" – eine Formulierung, für die der Arzneimittelhersteller Hevert von Natalie Grams 5.100 Euro je Aussage haben wollte. Leider haben ihm da Öffentlichkeit und insbesondere Jan Böhmermann einen klitzekleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Versuch, den Namen des Herstellers in der Eso-Szene und unter Homöopathie-Gläubigen bekannter zu werden, ging gründlich in die Hose. Dafür wurde das Berliner Unternehmen – welches zwischenzeitlich bei Google als "Süßwarenhersteller" und "Karnevalsverein" gelistet wurde – mit einem "Goldenen Aluhut" geehrt.

 Foto: © Gisa Bodenstein
 Foto: © Gisa Bodenstein

Da die Preise bis auf einen nicht abgeholt wurden, werden sie jetzt bei Ebay versteigert.