Glosse: Der Fernsehprediger und das Coronavirus

Mit göttlichem Wind und einem schützenden Arm gegen Covid-19

Der sogenannte "Televangelist" Kenneth Copeland hat so seine ganz eigenen Methoden, das Coronavirus zu bekämpfen – und ist nach eigener Auffassung auch schon seit dem Frühjahr erfolgreich: Nicht nur einmal hat er es "für tot erklärt". Davon unbeirrt erreichen die Fallzahlen in den USA neue Höchststände.

Das Coronavirus hat die Welt nach wie vor im Griff. Vor allem in den USA, wo Präsident Trump die Eindämmungsmaßnahmen der Bundesstaaten untergrub, wütet es in einer zweiten Welle schlimmer als je zuvor. Man befürchtet bis zu 100.000 Neuinfektionen pro Tag. Der berüchtigte Fernsehprediger Kenneth Copeland scheint ein bisschen eifersüchtig auf das Virus zu sein, das alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.

In einem Video beschwert er sich über Leute, die nur noch Nachrichten zu Covid-19 ansehen würden, während "ihr Engel nichts zu tun" hätte. "Aber Bruder Copeland, was passiert, wenn ich es bekomme?", fragt er sich selbst rhetorisch. "Mein Gott, dann lass dich halt heilen", es folgt Gelächter von außerhalb des Kamerabildes. Sollte der Teufel versuchen, ihn mit "der Grippe" anzustecken, wie er sagt, hat er eine ganz einfache Reaktion parat: "Ich nehme sie nicht." Dann hebt er seinen Arm vors Gesicht und blickt entschlossen in die Kamera: "Ich habe meinen Schild oben, vielen Dank. (…) Du könntest mich nicht mit dieser Grippe anstecken, wenn du es versuchen würdest", weiß er und deutet auf den Zuschauer – oder wahlweise auf den Teufel, sollte er gerade zusehen.

In der Vergangenheit hatte der gruselige alte Mann mit dem fanatischen Blick schon andere kreative wie sinnfreie Heilungs- und Präventionsmaßnahmen gegen das Coronavirus präsentiert: Mitte März etwa versprach er Erkrankten Heilung, wenn sie seine eingeölte Hand über den Fernsehbildschirm berührten. Am 29. März um exakt 12 Uhr hatte er das Virus dann für tot und die USA für geheilt erklärt ("It! Is! Over!"). Als der Krankheitserreger Anfang April immer noch nicht auf seine Beschwörungen regiert hatte, griff der 83-jährige Risikogruppenangehörige im Kampf gegen das Virus zu einer noch mächtigeren Waffe: Dem "Wind Gottes". Und zwar indem er unter maximaler Tröpfchenverteilung Richtung Kamera pustete.

Anschließend erklärte er die Krankheit für "für immer zerstört". Das Virus scheint von seinem eigenen Tod jedoch noch nichts mitbekommen zu haben und ließ sich auch vom göttlichen Wind nicht beirren. Die von Copeland ausgestoßene Aerosolwolke dürfte wohl eher zur Verbreitung denn zur Auslöschung des Krankheitserregers beigetragen haben.

Angesichts der Massenarbeitslosigkeit, die durch die Pandemie in den USA ausgelöst wurde – seit Mitte März haben fast 50 Millionen Amerikaner ganz oder zeitweise ihren Job verloren –, hatte er außerdem noch einen ganz uneigennützigen Ratschlag an die Zuschauer parat, denen diese Situation Angst machte: Die Arbeit solle nicht die eigene Kraftquelle sein, sondern Jesus. "Was immer ihr jetzt macht, hört ja nicht auf, den Zehnten zu geben!", befahl er ganz ungeniert. Dazu muss man sagen, dass er selbst mit einem Vermögen von um die 300 Millionen Dollar der reichste Prediger der Welt ist. Er besitzt drei Privatjets, da er nach eigener Aussage nicht in einem Passagierflugzeug fliegen kann, weil ihn das "einem Haufen Dämonen in einer Röhre" aussetzen würde. Damit der texanische Pastor schnell von A nach B kommt, verfügt seine Kirche sogar über einen eigenen Hangar und eine Landebahn. Dreist muss man sein.

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