Kolumne: Sitte & Anstand

Traurige Geschichten, die Hoffnung machen: #Ileftbecause

Die Autorin Chrissy Stroop hat einen Hashtag für ehemalige Religionsopfer erfunden, das #metoo derjenigen, die in einem erzchristlichen Umfeld aufwuchsen und irgendwann die Stärke fanden, da rauszukommen - #Ileftbecause. "Ich ging, weil …".

Warum also gingen die Menschen, wo ihre Religion ihnen doch ständig Liebe und Gnade und Gemeinschaft verspricht? Die Gründe sind vielfältig, doch die große, die Hintergrundgeschichte ist immer dieselbe. Hören wir den Stimmen zu, einigen von ihnen:

"Ich ging, weil: Kindern beizubringen, dass sie sündig und böse sind, ist eine Form von Kindesmissbrauch." (@ChristnNitemare)

"Ich ging, weil es alles nicht wahr war. Niemand sprach zu mir oder tröstete mich, wenn ich betete. Das Christentum schien Kontrolle, Hass und Gewalt ebenso sehr zu anzuregen wie Freundlichkeit." (@thisisjen)

"Ich ging, weil die Kirchen, die ich besuchte, ihr Geld und ihre Ressourcen nicht zurück in die Gemeinde gaben. Stattdessen gaben sie es für sich selbst aus und um das Kirchengebäude zu renovieren. Genügt das als Grund?" (@anitaelizar)

"Ich ging, weil ich schließlich die Bibel las und einsah, dass ihr Gott ein kleinliches, rachsüchtiges Kleinkind war, das keine Freundschaft verdient hatte, von Verehrung ganz zu schweigen." (@libthinking)

"Ich ging, weil ich immer wieder sah, wie Missbrauchstäter Freibriefe bekamen, während ihre Opfer weiter litten oder als Übeltäter markiert wurden, weil sie nicht vergeben wollten." (@jester2319)

"Ich ging, weil ich einsah, dass meine 'Beziehung' zu Gott total einseitig war, alles immer mein Fehler war, und dass Gott kein einziges seiner Versprechen gehalten hatte. Und dass ich, wenn ich nicht gehen würde, mich niemals erholen würde von einem Leben voller Scham, Selbstzweifel und Selbstekel." (@jester2319)

"Ich ging, weil ich den Gedanken an einen Gott nicht ertragen konnte, der mein Gebet für einen Parkplatz erhört, während er sich um das vergewaltigte Kind nicht kümmert, nicht um die Person, die ermordet wird, oder die Armen, die verhungern." (@Dcon0820)

"Ich ging, weil meine beste Freundin nach einer Vergewaltigung schwanger wurde und sich vor der Gemeinde hinstellen und entschuldigen musste, weil ihr Vater Hilfspfarrer war. Er wurde zum Rücktritt gezwungen, weil er 'seinen eigenen Haushalt nicht unter Kontrolle hatte'." (@redlanathedog) 

"Ich ging, weil sie einem vor Schmerzen weinenden Kind erzählten, dass sein toter bester Freund (mein Hund) nicht in den Himmel komme. Ich ging, weil immer, wenn ich jemanden verlor, mir irgendein Arschloch erzählte, das sei Teil eines Plans." (@ResistNormal)

"Ich ging, weil ich, selbst nachdem ich eine liberale, inklusive Kirche gefunden hatte und meine Kinder mir Fragen über Gott stellten, begriff, dass ich nichts davon glaube, und keine kulturelle Norm und keine Familientradition es wert ist, sie weiter anzulügen." (@AtheistMamaBear)

Es ist gruselig zu lesen, wie viel Trauer und Schmerz organisierte Gehirnwäschesekten ihren Mitgliedern aufzwingen. Aber jede einzelne Wortmeldung macht auch Hoffnung: dass es im Menschen etwas gibt, das sich nicht unterkriegen lässt, ein Gefühl für den eigenen Wert und die eigene Würde. Wer sich ein paar der Geschichten durchlesen mag und hier oder dort ein Twitter-Herz verschenkt, hat vermutlich schon mehr Liebe auf die Welt gebracht als alle Sonntagspredigten der Menschheit zusammen.

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