Autos und Flugzeuge, Hund und Katz, sie alle erhalten den Segen der katholischen Kirche. Doch für die Partnerschaft zweier Menschen gleichen Geschlechts gibt es keinen solchen göttlichen Schutz, wie der Vatikan am Montag vergangener Woche bekräftigt hat.
Die Verlautbarung entfesselte eine Welle der Entrüstung unter den deutschen Katholiken. Nicht nur das gläubige Fußvolk, sondern auch TheologInnen, Seelsorger und hochrangige Würdenträger machen sich gegen die Diskriminierung homosexueller Paare durch die Kirche stark.
So präsentiert sich das Bistum Limburg in seinem offiziellen Facebook-Auftritt mit einem Kreis in Regenbogenfarben rund um den Dom. Andreas Sturm, Generalvikar von Speyer, äußerte sich "schockiert und fassungslos". Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick erbat in seiner Predigt am vergangenen Sonntag den Segen ausdrücklich nicht nur für Familien, sondern auch für Alleinstehende und "alle, die andere Lebensformen gewählt haben". Und Franz-Josef Overbeck, Erzbischof von Essen, forderte von der kirchlichen Lehre "dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität".
Dabei ist es nicht überraschend, was die Glaubenskongregation des Vatikans mit Zustimmung von Papst Franziskus da verkündete. Den Schäfchen bleibt es verboten, "Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (...) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist".
Der Text ist die Antwort auf ein sogennanntes "Dubium", also ein Äußerung von Zweifel an der kirchlichen Lehrmeinung: "Hat die Kirche die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?" Klare Antwort: "Nein". Während Seelsorger solche Segnungen schon seit längerem vornehmen, existiert in der Parallelwelt der Glaubenskongregation "keinerlei Fundament dafür, zwischen dem homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen."
Auf welchem Wege und aus welchem Anlass das Dubium die Kongregation erreicht hat, darüber lässt sich spekulieren. Sicher ist, dass die Antwort lediglich bekräftigt, was man ohnehin aus dem Vatikan gewohnt ist. Umso erstaunlicher ist der Proteststurm, den die Verlautbarung unter Katholiken in Deutschland entfacht hat.
Die Laien-Initiative "Wir sind Kirche" bezeichnet den Schrieb als "unsäglich", scharfe Ablehnung kam auch von den Frauenverbänden kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands) und KDFB (Katholischer Deutscher Frauenbund).
In den sozialen Medien verschaffen sich die KritikerInnen unter dem Hashtag #PastoralerUngehorsam Gehör. Zu ihnen gehören Burkhard Hose, Hochschulpfarrer in Würzburg, und der Pfarrer Bernd Mönkebüscher, der sich 2019 als schwul outete. Nach eigenen Angaben haben sie über 2.000 Unterschriften gesammelt, ein Drittel von Priestern, aber auch von Theologen, Seelsorgern, Ordensleuten sowie Pfarr- und Gemeindereferenten. Bis Sonntag soll die Aktion weiterlaufen, anschließend wird die Liste an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing übergeben. Bätzing ist außerdem Bischof von Limburg, dem Bistum mit dem Regenbogen im Profilbild. Außerdem werden die Unterschriften an Birgit Mock, Vorsitzende des Synodal-Forums "Sexualität und Partnerschaft", übergeben.
Außergewöhnlich heftige Kritik kommt auch aus der akademischen Ecke. 266 Professorinnen und Professoren der katholischen Theologie schlagen in einer gemeinsamen, an der Uni Münster ausgearbeiteten Stellungnahme heftige Töne an. Der Verlautbarung aus Rom sei paternalistisch und diskriminierend, es mangele "an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz", heißt es darin. Mit anderen Worten: Durchgefallen.
9 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
S/ Overbeck sollte sich mal ein wenig zusammenreißen und daran erinnern, dass sein Oberchef in Rom unfehlbar ist, die Pfeife. Der wird sonst noch zurückgepfiffen. \S
Klaus Bernd am Permanenter Link
Wie das Titelbild des Beitrags richtig thematisiert, geht es um eine Art Segnung, die man auch den neuen Bussen in Augsburg oder dem Vieh beim Almauftrieb zukommen lässt.
In Kommentaren klerikaler Befürworter des NEIN der Dogmenfabrik, wird oft der Eindruck erweckt, als hätte man nichts gegen eine staatliche Regelung homosexueller Partnerschaften. Das ist eine Lüge. Als Chef eben dieser Dogmenfabrik hat Ratzinger die katholischen Politiker angewiesen, solche gesetzlichen Regelungen nach Möglichkeit zu verhindern.
Zur Erinnerung:
www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20030731_homosexual-unions_ge.html)
Die hier relevante Passage daraus:
IV. VERHALTENSWEISEN DER KATHOLISCHEN POLITIKER IN BEZUG AUF GESETZGEBUNGEN ZU GUNSTEN HOMOSEXUELLER LEBENSGEMEINSCHAFTEN
Wenn sie mit Gesetzesvorlagen zu Gunsten homosexueller Lebensgemeinschaften konfrontiert werden, sind folgende ethische Anweisungen zu beachten. (!)
Wird der gesetzgebenden Versammlung zum ersten Mal ein Gesetzesentwurf zu Gunsten der rechtlichen Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften vorgelegt, hat der katholische Parlamentarier die sittliche Pflicht, klar und öffentlich seinen Widerspruch zu äußern und gegen den Gesetzesentwurf zu votieren. Die eigene Stimme einem für das Gemeinwohl der Gesellschaft so schädlichen (!) Gesetzestext zu geben, ist eine schwerwiegend unsittliche Handlung.
…
Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 3. Juni 2003, dem Gedenktag der heiligen Märtyrer Karl Lwanga und Gefährten.
Joseph Card. Ratzinger
Präfekt
Klaus Bernd am Permanenter Link
Glosse:
Vorab zur Erinnerung: 5. Mose 13: 1 „Ihr sollt den vollständigen Wortlaut dessen, worauf ich euch verpflichte, bewahren und euch daran halten. Du sollst nichts hinzufügen und nichts wegnehmen.“
Also gilt: 5.Mose 25: 5 „Wenn zwei Brüder zusammenwohnen und der eine von ihnen stirbt und keinen Sohn hat, soll die Frau des Verstorbenen nicht die Frau eines fremden Mannes außerhalb der Familie werden. Ihr Schwager soll sich ihrer annehmen, sie heiraten und die Schwagerehe mit ihr vollziehen.“
Recht eindeutig und auch differenziert geregelt, nicht wahr ? Es brauchte zwar noch ein paar Ausführungsbestimmungen und vielleicht stört einen der deutlich erkennbare Machismo. Was „zusammenwohnen“ im Kontext der heutigen Zeit bedeutet, wäre vielleicht auch noch zu klären; ansonsten aber ist die Anweisung doch klar und deutlich. Keine Ausflüchte möglich. Sie ist ein hässlicher, zänkischer Besen ? Gilt nicht. Ich habe schon eine eigene Ehefrau und noch zwei von meinen beiden anderen verstorbenen Brüdern ? Gilt nicht. Weigert sich der Bruder trotzdem, dräuen ihm drakonische Strafen:
5.Mose 25: 9 „...dann soll seine Schwägerin vor den Augen der Ältesten zu ihm hintreten, ihm den Schuh vom Fuß ziehen, ihm ins Gesicht spucken und ausrufen: So behandelt man einen, der seinem Bruder das Haus nicht baut.“
Wer wird sich da noch trauen, die Schwagerehe abzulehnen !
Hartmut Jolie am Permanenter Link
Aber wie kommt man nur darauf, sich von einem katholischen Geistlichen segnen lassen zu wollen? Das ist mir ein großes Rätsel.
Woher nehmen diese Gestalten überhaupt die Chuzpe, zu meinen, zu wissen, was Gott so will und was nicht. Am Ende kommt noch einer um die Ecke, der Autos nur segnet, wenn der Fahrer katholisch ist.
Das beste Mittel gegen diesen Verein sind Massenaustritte. Ich bin raus! Folgt mir nach ;-)
Klaus Weidenbach am Permanenter Link
In der Stellungnahme wird von wissenschaftlichen Ergebnissen gesprochen. Wie kann man etwas wissenschaftlich untersuchen und Ergebnisse produzieren, von etwas, was es gar nicht gibt: GÖTTER.
G. Hantke am Permanenter Link
„ … die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe ,,, einschließen, wie das bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist“ – da haben sich die Kirchenoberen wohl ganz genüßlich in den Schlafzimmern eing
Aber wieso eigentlich? Ich kann mir gut vorstellen, dass nicht wenige Männer und auch Frauen Lebensgemeinschaften eingehen, in denen der Sex völlig außen vor ist, weil man sich insoweit anderweitig orientiert. Es gibt schließlich noch andere Werte.
Nur interessiert mich das –im Gegensatz zu den Kirchen überhaupt nicht- zumal es mich (und die Kirchen ebenso) überhaupt nichts angeht, was andere Menschen in ihren Schlafzimmern miteinandern treiben oder auch nicht.
Thomas R. am Permanenter Link
Soll die Kirche doch so reaktionär bleiben, wie sie schon immer war. Das wird ihren Mitgliederschwund hoffentlich beschleunigen. Und mit homosexuellen Katholen kann ich eh kein Mitleid haben.
David Z am Permanenter Link
Warum wird hier gejammert? Aus der Kirche austreten und fertig. Zeigt den Pfaffen die rote Karte!
Niemand kann Liebe erzwingen. Wenn sie nicht wollen, dann ist das nunmal so. Es ist ihr Verein mit ihren Vereinsregeln. Entweder man akzeptiert die Vereinsregeln oder man verlässt den Verein.
Tobias am Permanenter Link
Verstehe ich nicht ganz.
Das andere ist:
es ist schon doof, was sonst noch in der Kirche so falsch läuft, was leider auch vertuscht wird etc. Und bei "diesem Thema" so ein Fass aufzumachen.
Andererseits - können die homosexuellen Menschen, die katholisch sind, nicht auch ohne den "kirchlichen Segen" zusammen leben? Was hindert sie daran? Nichts und niemand. Muss man deshalb ein Fass aufmachen? Genauso wenig.
Das dritte ist: selbst wenn ein Priester meint, "solche" Paare segnen zu können - am Ende ist die Frage offen, ob GOTT sie tatsächlich segnet oder nicht. Wobei hier wiederum die Frage offen bleibt, warum sich Atheisten (etc.) so sehr darum kümmen wollen, dass dieser Segen ausgesprochen wird - glauben sie ja doch nicht an Gott. Somit auch eigentlich nur eine Farce für angebliche Menschenrechte.
Das vierte ist: wenn niemand was für seine Sexualität kann - dann muss auch dafür gekämpft werden, dass Pädophile oder Nekrophile gesegnet werden dürfen. Wenn schon, denn schon. Und ich vermute - wenn das die Kirche anbieten würde, was da für ein Shitstorm los getreten werden würde (obwohl ja NIEMAND was kann für seine Sexualität und das ja soooo sehr verteidigt wird).
Fazit - lasst die Kirche machen, was die Kirche machen will. Jeder meint doch, dass die eh am absterbenden Ast sitzen. Von daher tut die Ablehnung des Segens auch nichts wirklich zur Sache.