Perfide Methoden zur Verhinderung des Schwangerschaftsabbruchs

Immer wieder versuchen konservative Interessengruppen, Selbstbestimmungsrechte zu beschneiden – besonders, wenn es um Fragen des Lebens geht, sowohl zu Beginn als auch am Ende. Jüngstes Beispiel ist Ungarn, das nun von ungewollt Schwangeren verlangt, sich die Herztöne des Ungeborenen anzuhören, bevor eine Abtreibung möglich ist.

Heute tritt im durch die rechtspopulistische Fidesz-Partei zunehmend autoritär regierten Ungarn eine Regelung in Kraft, die nur als perfide Schikane bezeichnet werden kann: Schwangere sind ab jetzt verpflichtet, sich den Herzschlag des Embryos beziehungsweise Fötus anzuhören, bevor sie eine Abtreibung vornehmen lassen können. Die Intention ist klar: Man will es den Frauen so schwer wie möglich machen, sie emotional erpressen, um sie davon abzuhalten die Schwangerschaft zu beenden. Auf diese Methode kam eine noch weiter rechts positionierte Partei, die oppositionelle Mi Hazánk Mozgalom ("Unsere Heimat Bewegung"). Rechtspolitisch verklausuliert heißt es, dass der abtreibungswilligen Person "die Faktoren, die auf das Vorliegen der Lebensfunktionen des Embryos hinweisen, auf eindeutige Weise zur Kenntnis gebracht wurden". Dies muss per Nachweis durch einen Facharzt bestätigt werden. Von einer "umfassenderen Information für schwangere Frauen" ist die Rede. Zwei Drittel der Ungarn brächten den Beginn des Lebens eines Kindes mit dem ersten Herzschlag in Verbindung, begründet das Innenministerium die Entscheidung für die Verschärfung des ansonsten vergleichsweise liberalen Abtreibungsrechts, das Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche im Anschluss an eine verpflichtende Beratung ermöglicht.

Noch weiter ging vor ziemlich genau einem Jahr das konservativ regierte Texas in den USA: Das "Herzschlag-Gesetz" (Heartbeat Bill) erlaubt seitdem den Abbruch einer Schwangerschaft, sobald der Herzschlag des Embryos feststellbar ist, nur noch in Ausnahmefällen. Dies ist ungefähr ab der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall – ein Zeitpunkt, zu dem vielen Frauen noch gar nicht klar ist, dass sie überhaupt schwanger sind oder der ab dem Bemerken nicht mehr genug Zeit lässt, um die Abtreibung noch in die Wege zu leiten. Darüber hinaus ist auf illegal durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche eine Art "Kopfgeld" ausgesetzt. Untermauert wurde diese Regelung durch den Fall des langjährigen Präzedenzurteils "Roe vs. Wade", das in den USA prinzipiell Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften beziehungsweise der 24. Schwangerschaftswoche ermöglichte.

Durch solche Regelungen wollen konservative Interessenvertreter Abtreibungen verhindern, um "Leben zu schützen", wie sie glauben. Tatsächlich gefährden sie aber durch die Restriktionen nicht nur das Leben des Ungeborenen, sondern das der Mutter gleich mit – denn schrumpfen die Möglichkeiten eines legalen Abbruchs, nehmen illegale, unsichere Abtreibungen zu. Abhalten kann man ungewollt Schwangere von ihrer Entscheidung nicht, ebenso wenig werden Geburtenraten gesteigert, wie es sich vor allem Religionsvertreter und Rechte stets wünschen, um die eigene Gruppe zahlenmäßig zu vergrößern. Obwohl dies bekannt ist, versuchen reaktionäre Kräfte immer wieder, mit restriktiven Methoden Selbstbestimmungsrechte einzuschränken. Auch in Deutschland: Am kommenden Samstag werden die sogenannten "Lebensschützer", die sich ein komplettes Abtreibungsverbot herbeisehnen, wieder mit weißen Kreuzen schweigend durch Berlin ziehen. Währenddessen weist die Formulierung auch im hierzulande geltenden Gesetz, das bei wahrgenommener Beratungspflicht eine Straffreiheit für den Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen vorsieht, noch immer in eine eindeutige Richtung:

"Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei muß der Frau bewußt sein, daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt." (§ 219 StGB)

Echte Selbstbestimmung klingt anders.

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