In den Medien findet sich wenig bis nichts über die Situation im Iran. Der Krieg in der Ukraine, die Wahl in Berlin und die aktuell angelaufene Staffel "Germany's Next Topmodel" liefern die Schlagzeilen. Dabei geht der Freiheitskampf der Iraner*innen weiter.
Im Iran wurde Anfang des Jahres ein neuer Polizeichef ernannt. Der als Hardliner bekannte Ahmad Reza Radan verkündete bereits in seiner Antrittsrede, dass er mit aller Macht unterbinden will, dass Frauen sich öffentlich des Kopftuchs entledigen. Sofort nach seiner Ernennung zum Polizeichef des Iran wies die Justizbehörde des Landes alle Staatsanwälte an, "unverzüglich gegen jene Frauen vorzugehen, die das Hijab-Gesetz missachten. Urteile sollen in Schnellverfahren folgen." Diese Strafen sind dafür vorgesehen: "Geldstrafen, Verbannung, Arbeits- bzw. Ausreiseverbot, Entlassung aus dem Staatsdienst, Verbot öffentlicher Aktivitäten, Beschlagnahme der entsprechenden Gegenstände, Schließung des Betriebs und so weiter."
Radan ist der Erfinder der sogenannten "Sittenpolizei", die seit Jahrzehnten systematisch Frauen drangsaliert, demütigt und sogar tötet. Mit der Ernennung dieses – vom Großteil der Iraner verhassten – Mannes hat Revolutionsführer Ali Khamenei deutlich gemacht, dass er weitere Proteste nicht dulden will und mit aller Macht und Härte der Diktatur durchgreifen will.
Bereits im Dezember 2022 wurde bekannt, dass das islamische Regime auch wieder massenhaft Todesstrafen gegen Protestierende verhängt und auch vollstreckt. Im Moment droht laut Amnesty International mindestens 14 Menschen die Hinrichtung.
Auch die groß angekündigte Amnestie anlässlich des Nationalfeiertags (11. Februar) entspannte die Situation für die große Mehrheit der Inhaftieren nicht. Es heißt auch, dass die Festgenommenen nur dann freigelassen würden, wenn sie eine "Reue-Erklärung und eine schriftliche Verpflichtung" unterzeichneten, "ein ähnliches vorsätzliches Verbrechen nicht zu wiederholen".
Das Regime feierte sich selbst mit einer großen Demonstration, bei der zehntausende Iraner die "Islamische Revolution" priesen. Ob es sich hier tatsächlich um Anhänger des Regimes handelte und wie hoch der Anteil an Opportunisten dabei war, lässt sich nicht klären. Präsident Ebrahim Raisi bezeichnete die andauernden landesweiten Proteste gegen die Regierung als gescheitert. Ungeachtet dessen halten die Proteste an. "Zwar finden weniger Straßendemonstrationen statt, dafür wird der Protest aber in anderen Formen fortgeführt. So ignorieren immer mehr Frauen den Kopftuchzwang in der Öffentlichkeit und stellen sich somit gegen die islamischen Vorschriften", schreibt die Tagesschau.
In Zahedan im Osten Irans zum Beispiel marschierten nach einem Freitagsgebet wieder Tausende durch die Stadt und skandierten "Nieder mit Khamenei". Der inhaftierte iranische Filmemacher und Berlinale-Preisträger Jafar Panahi wurde am 3. Februar auf Kaution freigelassen, nachdem er zwei Tage zuvor im Teheraner Evin-Gefängnis in einen Hungerstreik getreten war. Der international bekannte Regisseur protestierte damit gegen "unmenschliche Haftbedingungen"; seine Haftstrafe bezeichnete Panahi als "Geiselnahme".
Deutlich wird, dass die landesweiten Proteste vor allem von den Frauen getragen werden. Sind sie es doch, die am meisten gewinnen können, wenn das Regime zusammenbricht. Denn sie sind es, die am meisten unter den rigiden Vorschriften des islamischen Regimes leiden. Und so verwundert es nicht, dass der Staat gerade auch gerade gegen die Frauen am härtesten durchgreift. Ein Bericht aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran bestätigt das: Der "Bericht zeigt die Schwere der Unterdrückung weiblicher Gefangener durch das islamische Regime". In dem am 19. Januar veröffentlichten Text wird deutlich, "dass die Einzelhaft eine der schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen und 'weiße Folter' darstelle".
7 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Wäre das Kopftuchtragen nicht ideologisch motiviert, würde niemand Frauen dazu zwingen, es zu tragen und niemand würde es kümmern, ob sie es tragen oder nicht.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Ich finde es unerträglich, dass Deutschland noch immer der größte Handelspartner Irans in der EU ist. Wandel durch Handel funktioniert ebenso wenig wie Frieden schaffen ohne Waffen, wer hat das noch nicht verstanden?
Andreas Kielmann am Permanenter Link
Ahmad Reza Radan ist Chef einer mörderischen Räuberbande.
A.S. am Permanenter Link
Nur der einer Unter-Bande. Der oberste Chef der mörderischen Räuberbande heißt Chamenei.
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Frau Baerbock, unsere Außenministerin, meinte zwar, dass die Proteste nichts mit der Religion zu tun hätten. Da fragt man doch erstaunt zurück: Womit denn sonst?
Bekanntlich stehen in den muslimischen Gottesstaaten der Koran und die Scharia an erster Stelle aller Gesetze. Die obersten religiösen Führer und Tugendwächter leiten daher die Vorschrift des Kopftuchtragens aus dem Koran ab und damit als Pflicht, dem höchsten Wesen sich ehrfurchtsvoll und demütig zu zeigen. Allah werde beleidigt, sollte er des bloßen Haares eines Weibes ansichtig werden. Und ein Mann werde, da grundsätzlich schwach werdend beim Anblick eines kopftuchfreien weiblichen Hauptes, so leicht das Opfer einer ungewollten Verführung. Dem könne nur durch die Verhüllung der Haarpracht entgegengewirkt werden. Im Gegensatz zur nicht-muslimischen Welt, wo bekanntlich die Männer einfach hemmungslos über die jeweils begehrten Frauen herfallen.
Ich denke, dass da eigentlich eine Burka noch viel effektiver wäre. Vielleicht sollte man daran denken, Frauen überhaupt das Betreten des öffentlichen Raumes zu verbieten. Den Mullahs würde bestimmt eine geeignete Koranstelle einfallen.
Beruhigt war man, dass auch dieses Jahr unser aller Bundespräsident es unterlassen hat, den Mullahs, wie noch zum 40. Jahrestag der Revolution, „herzliche Glückwünsche“ „auch im Namen meiner Landsleute“ zu übermitteln.
David Z am Permanenter Link
Viel wichtiger, als hier auf den Iran zu schimpfen, der selbstverständlich kritikwürdig ist, wäre es, hier bei uns im Lande jene Politiker und Medienleute noch stärker zu kritisieren, die die Bedrohung unserer liberal
Wir müssen es endlich schaffen, dass die Gruppen der Ex-Muslime bzw säkulare Kulturmuslime die Deutungshoheit erlangen und nicht wie bisher die Orthodoxen, die mit mittelalterliche Ideen stetig unser Zusammenleben vergiften.
wolfgang am Permanenter Link
Mutige Frauen im Iran! Hochachtung! Lasche Politiker im Westen, Verachtung!