Nachdem der Aschaffenburger Schlachthof Ende Juli wegen des Verdachts auf Tierschutzverstöße von den Behörden geschlossen wurde, musste nur rund zwei Wochen später ein zweiter, kleinerer Betrieb in Franken die Arbeit einstellen. Auch hier wird wegen ähnlicher Vorwürfe ermittelt. In beiden Fällen brachten Videos einer Tierrechtsgruppe die Ermittlungen ins Rollen. Sie zeigen teils verstörende, tierquälerische Szenen.
Den Anfang machte die Tierrechtsgruppe SOKO Tierschutz Ende Juli, als sie Anzeige gegen den Aschaffenburger Schlachthof erstattete. Zudem leitete sie umfangreiches Videomaterial an das ARD-Magazin "FAKT" sowie die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) weiter. Die Aufnahmen sollen mit verdeckter Kamera im Aschaffenburger Schlachthof gemacht worden sein und geben den Behörden Anlass zum Verdacht auf schwere Misshandlungen der Tiere. Noch lebenden Schweinen und Rindern habe man Organe wie Augen entnommen, zudem seien Schlachtungen ohne ausreichende Betäubung vorgenommen worden. Die KBLV hat den Schlachthofbetrieb vorläufig auf unbestimmte Zeit geschlossen und analysiert derzeit die Vorwürfe der SOKO Tierschutz, während die Staatsanwaltschaft wegen Tierrechtsverletzungen ermittelt.
Weiter soll eine Amtstierärztin der Stadt Aschaffenburg den Betrieb im Vorfeld einer – eigentlich unangekündigten – Kontrolle im April gewarnt haben. Demnach habe sie den Termin in einer WhatsApp-Gruppe bekanntgegeben, der neben Beschäftigten der Stadtverwaltung auch Schlachthof-Mitarbeiter angehören, so Meinard Gruber, Ordnungsreferent der Stadt Aschaffenburg. Gegen die Frau wird wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses ermittelt. Ihre Stelle bei der Stadt hat sie bereits verloren; sie wurde umgehend entlassen, wie auch eine weitere, ebenfalls in den Fall verwickelte Tierärztin.
Auch der Schlachthof hat nach eigenen Angaben aus dem Skandal personelle Konsequenzen gezogen. Die betreffenden Mitarbeiter seien von ihren bisherigen Tätigkeiten entbunden worden, außerdem habe der Betrieb ein neues Tierschutz-Konzept aufgestellt.
Zweiter Schlachthof geschlossen
Die kürzliche Schließung des Schlachthofs im Landkreis Miltenberg geht ebenfalls auf ein Video der SOKO Tierschutz zurück. Es zeigt nach Informationen von BR24 unter anderem "Rinder, die kaum laufen können und nicht mehr transportfähig gewesen wären". Nach einer polizeilichen Durchsuchung des Betriebs ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Beschäftigte und "mindestens einen Tierhalter".
Die Sprecherin des Landratsamtes, Susanne Seidel, nannte konkrete Anhaltspunkte für teils schwerwiegende Tierschutzverstöße beim Abladen und der Betäubung der Schlachttiere. Bei der Durchsuchung hatten die Behörden kranke und nicht transportfähige Tiere vorgefunden. Sogenannte Krankschlachtungen sind laut EU-Recht verboten. In diesen Befunden sieht Friedrich Mülln von SOKO Tierschutz keinen Einzelfall. Es gehe vielmehr um die systematische Schlachtung von kranken und schwer verletzten Rindern – um Fleisch, das eine Gesundheitsgefahr für Menschen darstellen könne und deshalb nicht in den Handel gelangen dürfe, zu verkaufen. Zudem stellten die Behörden Mängel in der Hygiene fest. Die zuständige Amtstierärztin wurde umgehend von ihren Aufgaben entbunden, derzeit gebe es jedoch keine strafrechtlichen Vorwürfe gegen sie.
Bereits im Mai dieses Jahres hatte eine Kontrolle des Betriebs "mittelgradige tierschutzrechtliche Verstöße" festgestellt. Diese seien jedoch anschließend behoben worden. Hinweise auf die Anlieferung von kranken Tieren hätten damals nicht vorgelegen.
3 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wer keine Achtung vor Menschen hat und wem Profit über alles geht, der hat auch keine Achtung vor Tieren.
Angelika wedekind am Permanenter Link
Diese Zustände sind normal! Schon Tolstoi sagte: Solange es Schlachthäuser gibt, wird es Schlachtfelder geben. Schlachthäuser sind KZs für Tiere und das ist keineswegs geschmacklos!
maximilian am Permanenter Link
Das gilt auch umgekehrt. Wer keinen Respekt or Tieren hat, neigt auch zu Gewalt gegen andere Menschen.