Pakistan

Arabische Schrift auf Kleid für Koranverse gehalten – Mob greift Frau an

Weil sie in einem Kleid mit aufgedruckter arabischer Schrift in Lahore einkaufen ging, gelangte eine Frau unter Blasphemieverdacht. Ein wütender Mob vermutete in den Zeichen Koranverse und verlangte ihre Bestrafung. Die Polizei konnte die Frau mit Mühe verhüllen und retten. Herbeigerufene religiöse Gelehrte bestätigten schließlich, dass keine Koranverse abgedruckt waren. Die Frau hatte sich in einem Video öffentlich entschuldigt und die Stadt verlassen. Mit Besorgnis sieht die Polizei eine Zunahme solcher Fälle.

Ein Video zeigt eine verängstigte Frau, die sich in ein Speiselokal geflüchtet hat und sich dort in eine Ecke drückt. Sie hat die Hände vors Gesicht geschlagen. Bedrängt wird sie von einem Mob von mindestens 300 Personen, die die Entfernung ihres Kleides fordern, zu ihrer Bestrafung aufrufen und filmen. Erst der Polizei gelingt es, die Frau mit einem schwarzen Mantel und einem großen Tuch zu verhüllen und sie nebst ihrem Ehemann aus dem Lokal in Sicherheit zu bringen. Besonders fällt dabei die Polizistin Shehrbano auf, die sich dem Mob entgegenstellt, erklärt, dass die Polizei sich des Falles annehmen und die Beschuldigte auch einer Bestrafung zuführen werde, sollte sie gegen ein Gesetz des Landes verstoßen haben.

Später auf der Polizeiwache bestätigten herbeigerufene religiöse Gelehrte, dass es sich bei den arabischen Schriftzeichen nicht um Koranverse, sondern den Begriff "schön" handele. Aussagen, die gefilmt wurden, um der wütenden Menge die Unschuld der Frau zu belegen. Ob sich die Richtigstellung so verbreitet wie die Videos des Mobs ist fraglich.

Zusätzlich zu den Aufnahmen der Religionsgelehrten nahm die Frau ein Video auf, in dem sie versichert eine gläubige Muslimin zu sein, der Blasphemie fern läge. Sie entschuldigt sich für jegliche Missverständnisse, die sie verursacht habe, und bekräftigt, dass diese nicht wieder vorkämen. Danach verließ sie die Stadt Lahore.

Ein Zwischenfall, der Politik wie Polizei in Besorgnis versetzte. Nach Angaben der BBC erklärte der Politiker und Islamgelehrte Tahir Mehmood Ashrafi, dass eine Entschuldigung des Mobs bei der beschuldigten Frau eher vonnöten gewesen wäre als ihre Entschuldigung.

Polizistin Shehrbano berichtete Medien gegenüber von einer Zunahme solcher Fälle und riss an, wie dramatisch die Situation für die Frau hätte enden können, hätte die Polizei nicht rechtzeitig eingegriffen und sie den Mob nicht von der Arbeit der Polizei überzeugt. Für ihren Einsatz forderte Gaurav Yadav, Chef der Polizei in Punjab, eine Tapferkeitsauszeichnung.

Was für die Frau im Kleid noch halbwegs glimpflich ausging, hat in den letzten Monaten und Jahren bereits zahlreiche Leben gekostet. Eine Blasphemie-Beschuldigung kann in Pakistan gar zum Lynchmord führen oder lange Gefangenschaft und eine Verurteilung bis zum Tode nach sich ziehen. Statt jedoch die Anti-Blasphemie-Gesetzgebung abzuschaffen, verschärfte die Regierung diese im Jahr 2023 noch. Eine Situation, die der islamistischen Partei Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) in die Hände spielt. Auch beim Angriff auf die Frau mit den arabischen Schriftzeichen auf dem Kleid sollen Unterstützer der Partei nach Polizeiangaben mitgewirkt haben.

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