BERLIN. (hpd) Das Muslimische Forum Deutschland (MFD) hat heute in einer Pressemitteilung sein Beileid, Mitgefühl und seine Solidarität mit den "Opfern des abscheulichen Terrors in Frankreich" bekundet sowie seine Hoffnung auf baldige Genesung der vielen Verletzten geäußert.
Das MFD bedauert in seiner Erklärung, "dass solche Akte des Terrors durch Positionen innerhalb der islamischen Theologie legitimiert werden. Ein Islamverständnis, dass Inhalte vermittelt, die die Radikalisierung begünstigen, ist leider Teil des Problems."
Als konsequente Folgerung aus dieser Überlegung heißt es: "Wir laden alle Muslime dazu ein, mit uns daran zu arbeiten, jene wahabitisch-salafistische und auch andere politisierte Formen des Islams zu widerlegen und ihnen mit Entschlossenheit entgegenzuwirken."
Das MFD spricht sich für das Verlassen einer passiven Solidaritätshaltung und stattdessen für ein aktives "Engagement für unsere demokratische Zukunft" aus. Dazu gehöre nicht nur die Verurteilung von Gewalt, sondern auch die Verurteilung "jeglicher Hasspredigt, die sich gegen unsere demokratischen und freiheitlichen Werte und unsere offene Gesellschaft richtet". Doch dafür sei ein kritischer theologischer Diskurs erforderlich sowie eine effektive Jugendarbeit, in der Werte der Demokratie vermittelt würden.
Gegen rechten Populismus gewandt macht das MFD deutlich, dass jetzt keine falschen Feindbilder erschaffen werden dürfen. Es betont, dass viele Flüchtlinge in Deutschland Schutz vor dem gleichen islamistischen Terror suchen.
Das Muslimische Forum Deutschland geht in seiner Erklärung damit weit über die zwischenzeitlich verbreiteten Erklärungen der konservativ-orthodoxen Verbände hinaus, in denen weder die Notwendigkeit einer kritischen Islam-Debatte erwähnt wird oder ein theologischer Diskurs gefordert oder gar überhaupt nur eine auf die Vermittlung von Werten einer freien Gesellschaft orientierten Jugendarbeit erwähnt werden.
Hervorzuheben ist in der Erklärung des Muslimischen Forums, dass sowohl im Text als auch bereits in der Überschrift deutlich zum Ausdruck kommt, dass es sich beim islamistischen Terror um ein weltweites Problem handelt und nicht um ein lediglich europäisches. Auch in der Beurteilung des islamistischen Terrors muss die eurozentrische Betrachtungsweise abgelegt werden.Die Stellungnahme des MFD heißt deshalb: "Stellungnahme des muslimischen Forums Deutschland zu den Terroranschlägen in Paris, Beirut, Ankara und anderenorts."
5 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich finde das Anliegen des MFD lobenswert.
Doch leider hat gerade der Islam selbst jahrhundertelang dafür gesorgt, dass Bildung (die einst in der arabischen Kultur noch sehr hoch geschätzt war) nach und nach einen zweifelhaften Ruf bekam. Gerade die Notwendigkeit intellektuellen Denkens, die der Ansatz des MFD voraussetzt, ist in weiten Teilen der muslimisch geprägten Bevölkerung nicht realisierbar, weil es nie trainiert wurde.
Die historisch-kritische Methode, die der Islam dringend bräuchte, wird nicht nur vielfach abgelehnt, sondern ist aufgrund der indoktrinierten Denkstrukturen gar nicht (mehr) anzuwenden - optimistischer ausgedrückt: noch nicht. Und konservative Islamverbände in Deutschland - leider unterstützt durch die Politik - behindern die Bemühungen gerade von Prof. Khochide bei jeder Gelegenheit, daran etwas zu ändern.
Allerdings wird auch folgender Satz viele Muslime misstrauisch machen:
"Wir laden alle Muslime dazu ein, mit uns daran zu arbeiten, jene wahabitisch-salafistische und auch andere politisierte Formen des Islam zu widerlegen und ihnen mit Entschlossenheit entgegenzuwirken."
Hier soll der für viele Muslime wesentliche Teil des Islams widerlegt werden: Seine Funktion als gesellschaftsbildende Kraft. Dies ist jedoch genau das, was den IS antreibt und was vielen bildungsfernen Muslimen als vermeintlicher Rettungsanker aus dem eigenen Untergang dienen soll. Ich vermute, man könnte jenen eher die spirituelle Seite des Islams nehmen, als ausgerechnet das, was sie glauben am dringendsten zu brauchen: Macht in der Machtlosigkeit.
Und noch einen Sprengstoff enthält dieser Satz: Wenn schon ein Teil des Islams widerlegt werden soll (und kann), dann vielleicht auch der Rest. Und genau diese Angst ist berechtigt, denn auch die spirituelle Seite (magische Geschichten und Gottes-/Jenseits-/Höllen-Glauben) gelten in der Wissenschaft als eindrucksvoll widerlegt.
Als Moslem würde ich mich dann auch fragen: Was bleibt mir noch, wenn die politisch-juristische Seite des Islams widerlegt wird und die spirituelle Seite längst widerlegt ist?
Trotzdem ist der Versuch des MFD in jedem Fall begrüßenswert, weil es eine (wenn auch kleine Chance) bietet, wenigstens den politisch-juristischen Wildwuchs des wahabitischen Islams in Europa zurückzudrängen. In Saudi-Arabien etc. wird dies vermutlich nicht einmal zur Kenntnis genommen. Es bleibt also weltweit schwierig.
Mustafa am Permanenter Link
Dem muss ich entschieden widersprechen. Jeder Humanist muss massive Probleme mit dem Islam haben.
Verbieten, sofort!
Danke, dass dieser Eintrag im Rahmen der freien Meinungsäußerung überhaupt noch veröffentlicht wurde.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Verbieten, sofort!"
Und was wäre damit gewonnen? Noch mehr Terroristen, die, um ihren Propheten posthum zu verteidigen, zur Kalaschnikow greifen?
Natürlich ist das Ziel eine religionsfreie Welt. Doch die wächst von unten heran. Wir müssen Kinder davor bewahren, mit der religiösen Ideologie vergiftet zu werden. Dieser Kampf wird schon ein harter. Aber nur so wird sich Religion gesellschaftlich auswachsen.
Die jetzt bereits gehirngewaschenen Jugendlichen oder Erwachsenen wird man höchstens mit sehr kostspieligen Therapieprogrammen an die Wirklichkeit gewöhnen können. Doch wer soll das bezahlen?
Da finde ich es gut (wenn auch nicht optimal), wenn es Versuche gibt, den Islam wenigstens nicht mehr gemeingefährlich erscheinen zu lassen. Juden und Christen mussten auch lernen, dass man z.B. niemanden steinigt, der am Sabbat Holz sammelt. Im AT stehen hunderte boshafter Tötungsbefehle, sicher vergleichbar dem Koran, wenn nicht sogar schlimmer. Die Terrorakte von Christen halten sich wegen dieses Verlustes der Reißzähne mittlerweile in Grenzen. Daher ist ein Weg, der die gläubigen Muslime nicht vor den Kopf stößt (wie z.B. ein Verbot), sondern sie einlädt an der Reformation ihrer eigenen Religion mitzuwirken, durchaus begrüßenswert. Wenn das Resultat ein friedfertigerer Islam wäre, der auch von seinen Anhängern gelebt wird, könnte man doch nichts einwenden.
Und dann kann diese Religion, wie das Christentum, langsam versanden, sich auswachsen, weil letztlich niemand mehr diesen Unsinn braucht. Vor einem Verbot kann ich indes nur warnen, auch wenn sicher viele dies wünschen.
Allerdings bin ich der Meinung, dass der Weg z.B. von Prof. Khorchide genauso scheitern wird, wie der seines Vorgängers Sven Kalisch in Münster. Konservative Muslime werden sich gegen jede friedliche Anpassung wehren - weil sie den Islam für eine friedliche Religion halten.
Wir beide kennen den Koran und wissen, dass zumindest die politisch-juristische Seite alles andere als friedlich ist. Das wissen auch die Islamverbände. Doch sie kämpfen um ihre Macht. Und hier müsste die Politik einspringen, die den Islamverbänden das Vertrauen entzieht und die Reformer stützt. Auch das wird für Rumoren innerhalb muslimischer Communities sorgen, aber das ist alle Mal leichter zu handhaben, als ein Totalverbot. Ich bitte das einfach nur zu bedenken.
Das ändert nicht daran, dass alle Monotheismen gefährlicher Unsinn sind.
Gregor Gerland am Permanenter Link
Das sehen durchaus viele so wie Sie. Der Koran ist die Theorie, Intoleranz, Unterdrückung und Gewalt sind die Praxis.
David am Permanenter Link
Ich kann deine Befürchtungen hinsichtlich der Deutlichkeit nachvollziehen. Ja, die Wahrheit wird schmerzen. Aber gibt es eine Alternative?