Pro und Contra Kopftuch im öffentlichen Dienst

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Während der Verhandlung vor dem Berliner Arbeitsgericht.
Während der Verhandlung vor dem Berliner Arbeitsgericht.

Die Frage, ob im Staatsdienst – Verwaltung, Polizei, Armee, Gerichte, Schule – von den Angestellten oder Beamten religiöse Symbole getragen werden dürfen, ist eine politische Frage. Die Frage ist durch das muslimische Kopftuch, das in bestimmten Glaubensausprägungen des Islam für Frauen aus religiösen Gründen verpflichtend ist, brisant geworden. Zurecht gibt es hierzu inzwischen in den meisten Bundesländern gesetzliche Regelungen.

Diese Regelungen dürfen die Grenzen, die durch die in der Verfassung festgeschriebenen Grundsätze der Religions-/Weltanschauungsfreiheit, der Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen und der staatlichen Neutralität gegeben sind, nicht überschreiten. Dies war bislang nicht immer der Fall. Zurecht hat das Bundesverfassungsgericht die Regelung im Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, die Lehrern das Tragen religiöser Symbole des Christen- und Judentums erlaubte, das Tragen der Symbole anderer Religionen oder Weltanschauungen aber untersagte, für verfassungswidrig erklärt (Urteil v. 27.01.2015, Az. 2 BvR 471/10).

Die Frage, wie mit religiösen Symbolen von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst umzugehen ist, ist politisch sehr umstritten (Vgl. z.B. zur Lage in Berlin die Berichterstattung im Tagesspiegel, im Deutschlandfunk und in der Süddeutschen Zeitung).

Auch die Rechtsprechung zu dieser Frage ist bislang uneinheitlich. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.09.2003 (Az. 2 BvR 1436/02) zwar die Nichteinstellung einer muslimischen Lehrerin, die ein Kopftuch tragen wollte, in Baden-Württemberg für verfassungswidrig erklärt. Dies aber nur, weil es für ein entsprechendes Verbot keine gesetzliche Grundlage gab. Grundsätzlich hat es eine gesetzliche Regelung, die Lehrern das Tragen religiöser Symbole untersagt, für zulässig gehalten.

Mit Beschluss vom 27.01.2015 (Az. 2 BvR 471/10) zum Schulgesetz in NRW hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass eine Regelung, die es Lehrern verbietet, aus religiösen Gründen eine Kopfbedeckung zu tragen, jedenfalls dann unverhältnismäßig und nicht zulässig ist, wenn sie lediglich auf eine "bloß abstrakten Eignung zur Begründung einer Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität" abstellt. Erforderlich sei vielmehr eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität.

Unter Berufung auf das erste Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat das Verwaltungsgericht Osnabrück am 18.01.2017 (Az. 3 A 24/16) die Klage einer Beamtenbewerberin für den Schuldienst, die nicht eingestellt wurde, weil sie ein Kopftuch trug, abgelehnt. Die Bewerberin hatte Schadensersatz nach dem AGG verlangt, weil sie sich wegen ihrer Religion diskriminiert sah. Das Gericht sah in dem Verbot religiöser Kopfbedeckungen in § 51 Abs. 3 SchulG Niedersachsen jedoch keine Diskriminierung. Dem Gericht reichte die abstrakte Möglichkeit aus, dass ein offen getragenes religiöses Symbol den Schulfrieden möglicherweise gefährden könnte.

Unter Berufung auf das zweite Urteil des Bundesverfassungsgericht hat das Landesarbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 09.02.2017 (Az. 14 SA 1038/16), einer muslimischen Lehrerin, die im Land Berlin aufgrund der Regelung in § 2 Neutralitätsgesetz Bln als Lehrerin nicht eingestellt worden war, weil sie im Unterricht ein Kopftuch tragen wollte, jedoch eine Entschädigung nach dem AGG zugesprochen. Das Land Berlin hat sich entschieden, dagegen keine Revision zum BAG einzulegen. Damit kann in Berlin von Lehrerinnen an öffentlichen Schulen nicht mehr verlangt werden, kein Kopftuch zu tragen.

Der EUGH hat sich bislang zu religiösen Symbolen im öffentlichen Dienst nicht geäußert. Im Bereich der Privatwirtschaft hat er – meines Erachtens zu Unrecht – in dem Verfahren Achbita gegen G4S (v. 14.03.2017, Az. C 157/15) solche Verbote in weitem Umfang für zulässig erklärt (vgl. hierzu meinen Kommentar auf hpd).

Unstrittig ist aber, dass es sich bei dem Problem religiöser Bekleidung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst um einen grundsätzlich anderen Fall handelt, als um das Kreuz im Klassenzimmer, welches aufgrund einer staatlicher Anordnung angebracht wird.

Auch innerhalb der säkularen Scene und der humanistischen Verbände gibt es keine einheitliche Meinung. Gerhard Czermak hat sowohl das zweite Kopftuchurteil des BverG, als auch das Urteil des Berliner Landgerichtes kritisiert. Auch Jaqueline Neumann vertritt die Position, dass Lehrerinen in der Schule kein Kopftuch tragen sollen.

Ich möchte hier nicht wieder in die Diskussion der Rechtsprechung einsteigen. Am Problemfall des Kopftuchs wird ein grundlegenderer Konflikt in der säkularen Szene deutlich: Es gibt keine einheitliche Meinung zu der Frage, wie weit die Trennung von Staat und Religionen/Weltanschauungen gehen soll (vgl. hierzu meinen Beitrag "Pro Humanismus!"). Soll Deutschland ein laizistischer Staat werden? Soll es Kooperationen geben, und wenn ja, wo sind die Grenzen einer Zusammenarbeit von Staat und Religionen/Weltanschauungen? Und letztlich: Wie weit ist es zuzulassen, dass Religiosität und Weltanschauung in staatlichen Bereichen sichtbar werden?

Die Humanisten, kommend aus der aufklärerischen und freidenkerischen Tradition, haben von Anfang an Religionskritik geübt. Religionskritik war ein wesentliches Moment der bürgerlichen Bewegung. Ohne sie wären Wissenschaft und Demokratie nicht möglich gewesen. Erst die Einsicht, dass wir die Existenz eines transzendenten Wesens nicht beweisen, wohl aber die Gesetze der Natur erkennen können (Kant) und die Erforschung der sozialen Funktion der Religionen (Feuerbach, Marx) haben beides möglich gemacht.

Die Humanisten haben nicht nur die Religionen kritisiert, sondern sie haben in Europa auch gegen die gesellschaftliche Dominanz der herrschenden christlichen Religion und gegen ihre Verbindung mit dem Staat angekämpft – und tun dies bis heute. Dieser Kampf war – und ist – aus zwei Gründen erforderlich.

Zum einen ist er erforderlich, um das Projekt der Aufklärung, den Ausgang der Menschen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit (Kant), zu vollenden. Alle Menschen sollen sich ihres eigenen Verstandes bedienen und sich in ihrem Leben nicht einer imaginierten Instanz unterstellen. Nur eine über sich selbst aufgeklärte Religiosität, die um ihre eigene Geschichtlichkeit und Relativität weiß, kann diesem Anspruch menschlicher Autonomie genügen. Daran mangelt es ganz überwiegend bis heute (vgl. Waldhoff, Recht und Konfession. Konfessionalität im Recht?).

Zum Zweiten kämpfen die Humanisten um ihre weltanschauliche Integration in ihre Gesellschaften. Obwohl humanistische Positionen – wie z.B. die Gewährung von Grundrechten für alle Menschen, gleiche politische Teilhabemöglichkeiten, gleiche Bildungschancen und soziale Absicherungen im Alter, bei Krankheit, Armut und Arbeitslosigkeit – inzwischen in den bürgerlichen Gesellschaften herrschend sind, werden die weltanschaulichen Humanisten immer noch diskriminiert. Die ihnen gesetzlich zustehende Gleichstellung mit den Religionen, insbesondere den Kirchen, wird ihnen bis heute nicht in vollem Umfang gewährt und muss immer noch erstritten werden (vgl. Thomas Heinrichs Weltanschauung als Diskriminierungsgrund – Begriffsdimensionen und Diskriminierungsrisiken). Solange dies jedoch so ist, kann von einer vollen Integration der Humanisten in unsere Gesellschaft nicht die Rede sein.

Die humanistische Religionskritik wandte sich zwar immer gegen Religionen im allgemeinen, konkret aber bekämpfte sie vor allem das Christentum, weil dies die dominante Religion war, die in den Staat integriert und in der Gesellschaft vorherrschend war. Humanistische Religionskritik war daher bislang faktisch ganz überwiegend eine Kritik, die der Befreiung aus der Dominanz des Christentums diente.

In dem Moment, wo sich diese Kritik auch gegen Religionen richtet, die, wie der Islam, in unseren europäischen Gesellschaften nicht dominant sind, sondern im Gegenteil selber diskriminiert werden, ändert sich ihr Charakter. Humanistische Religionskritik läuft in diesem veränderten sozialen Kontext Gefahr, von einer Kritik mit dem Ergebnis der Befreiung von religiöser Bevormundung zu einer Kritik mit dem Ergebnis der Unterdrückung von Religiosität zu werden.

Dies darf jedoch nicht sein. Zum humanistischen Wert der Religionsfreiheit gehört die positive Religionsfreiheit genauso, wie die negative Religionsfreiheit. Eine humanistische Religionskritik muss einhergehen mit der Akzeptanz individueller Religiosität. Es ist aus humanistischer Perspektive nicht akzeptabel, einzelnen ihre Religiosität abzusprechen.

Daher ist es erforderlich, genau zu unterscheiden zwischen der Kritik, die wir als Humanisten an jeder Religion und Religiosität üben müssen, und den Fällen, wo es um die Frage der Beschränkung der Religionsausübung Einzelner geht. Denn Letztere ist im Rahmen der Religionsfreiheit zu Recht genauso geschützt wie die Freiheit, keine Religion zu haben.

Für den Problemfall der religiösen Bekleidung im öffentlichen Dienst bedeutet dies, dass man im Einzelfall abwägen muss zwischen dem Grundsatz der staatlichen Neutralität und der positiven wie negativen Religionsfreiheit der Einzelnen. Es geht nicht an, eine religiöse Bekleidung im Staatsdienst generell zu untersagen ohne dass es dafür gute Gründe gäbe.

Für den öffentlichen Dienst (zur besonderen Lage in der Schule s.u.) ergibt sich daher meines Erachtens Folgendes: Soweit der Staat für seine Bediensteten eine Uniform – wie z.B. bei der Polizei – oder eine Berufstracht – wie z.B. in den Gerichten – vorschreibt, sind religiöse Bekleidungen damit unvereinbar. Der Staat hat durch die Uniform- bzw. Berufstrachtpflicht klar gemacht, dass in diesen Bereichen der neutrale Eindruck seiner Bediensteten von größter Bedeutung ist. So muss z.B. Recht ohne Ansehen der Person gesprochen werden. Die Robe des Richters bringt diese staatliche Neutralität zum Ausdruck und schließt es generell aus, dass beim Bürger schon durch die Kleidung des Richters der Verdacht aufkommen könnte, der Richter sei nicht neutral. In diesem eng begrenzten Bereich reicht die abstrakte Gefahr einer Verletzung der staatlichen Neutralität bereits für ein Verbot religiöser Bekleidung aus.

Überall sonst im öffentlichen Dienst sind dagegen religiöse Bekleidungen statthaft, sofern sie eine gewisse Dimension nicht überschreiten und die Aufgabenwahrnehmung nicht konkret beeinträchtigen. Das vertretbare Maß religiöser Bekleidung wird da überschritten, wo der Eindruck entsteht, nicht mehr einem neutralen Staatsdiener gegenüber zu stehen – der wie viele andere auch seine private Religion hat –, sondern dem Vertreter einer Religionsgemeinschaft. Ein Staatsdiener in christlicher Ordenstracht, im Kaftan und mit Schläfenlocken der orthodoxen Juden, in oranger Bhagwantracht eines Sannyasins oder in Burka oder Niquab einer Muslimin ist nicht mehr akzeptabel.

Ob die Wahrnehmung der Aufgaben beeinträchtigt wird, ist im Einzelfall zu prüfen. So behindert z.B. ein Gesichtsschleier bei einer Staatsbediensteten generell den für ein vertrauensvolles Verhältnis zum Bürger wichtigen persönlichen Kontakt. Im konkreten Einzelfall könnten auch öfters auftretende Konflikte mit Bürgern, die durch eine religiöse Bekleidung ausgelöst werden, die Aufgabenwahrnehmung so beeinträchtigen, dass entsprechende Verbote notwendig werden.

Im übrigen muss und kann der Staat von allen seinen Bediensteten verlangen, dass ihre private, religiös- weltanschauliche Orientierung bei der Ausübung ihrer Aufgaben im Staatsdienst keine Rolle spielt. Selbstverständlich ist auch, dass Staatsbedienstete keine Werbung für ihre Religion oder Weltanschauungen machen dürfen. Ein Button mit der Aufschrift "Jesus liebt dich!" würde gegen die staatliche Neutralität verstoßen. Ob dies eingehalten wird oder nicht hängt jedoch nicht an einem religiösen Kleidungsstück. Sollte es ein Staatsbediensteter im Einzelfall an der erforderlichen Neutralität fehlen lassen, so ist mit Mitteln des Disziplinarrechts bzw. Arbeitsrechts dagegen vorzugehen.

Die Schule ist im öffentlichen Dienst ein Sonderfall.

Ob die Schule so weit wie möglich neutral sein soll, oder ob sich in ihr die gesellschaftliche Pluralität widerspiegeln soll wird schon immer kontrovers diskutiert. Bislang herrschte in Deutschland die Auffassung vor, dass die Schule kein gesellschaftsferner Sonderraum sein könne, sondern dass in ihr die Pluralität der Gesellschaft abgebildet werden solle und es Teil des erzieherischen Auftrags der Schule sei, den Heranwachsenden diese Pluralität zu vermitteln. Schule soll die Heranwachsenden befähigen, die unterschiedliche religiös- weltanschauliche Einstellungen nicht nur zu akzeptieren, sondern die bei uns vorhandene Pluralität auch wertzuschätzen. Dazu gehört auch, dass Schüler wie Lehrer in ihrer Unterschiedlichkeit wahrnehmbar sind.

Wo im Einzelfall die Grenze zwischen der notwendigen Neutralität und der sinnvollen Pluralität zu ziehen ist war schon vor den Kopftuchdebatten strittig. Vielleicht noch bekannt ist die Debatte um die "Stoppt Strauß"-Plakette, die einer Schülerin in Bayern 1980 einen Schulverweis eingebracht hatte. Auch schon 1988 hatte das Bundesverwaltungsgericht (Az. 2 B 92/87) entschieden, dass es einem Lehrer untersagt werden kann, sich durchgängig in bhagwantypischen Rottönen zu kleiden.

Die Kopftuchdebatte in der Schule ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in dem erwähnten Urteil von 2003 ausdrücklich auf diese zwei unterschiedlichen Modelle von Schule bezogen. Es hat es dem Gesetzgeber frei gestellt, ob er den sozialen Wandel hin zu einer Pluralität der Religionen und Weltanschauungen zum Anlass nimmt, die schulische Neutralität stärker zu gewichten, oder ob er weiter die Auffassung vertritt, der Umgang mit anderen Religionen und Weltanschauungen müsse in der Schule eingeübt werden und Religionen und Weltanschauungen müssten daher auch in der Schule sichtbar sein.

Wenn man die Schule als Raum sieht, der die Pluralität der Gesellschaft abbilden soll, dann bleibt es auch für die Schule bei dem, was ich oben für den öffentlichen Dienst allgemein ausgeführt habe. Religiöse Bekleidungen sind statthaft, sofern sie eine gewisse Dimension nicht überschreiten und die Aufgabenwahrnehmung nicht konkret beeinträchtigen. Zu letzterem gehört in der Schule auch, dass der Schulfrieden gewahrt bleibt. Und auch hier gilt: Wenn Lehrer sich nicht neutral verhalten, ist mit Mitteln des Disziplinar- und Arbeitsrechts dagegen vorzugehen.

Wenn man dagegen die Auffassung vertritt, dass die Schule ein möglichst neutraler Raum sein soll, in den soziale Problemlagen möglichst wenig präsent sein sollen, dann kann man das Tragen religiöser Bekleidung wie im Bereich von Uniform- und Berufstrachtträgern im öffentlichen Dienst auch bereits dann untersagen, wenn es nur die abstrakte Gefahr gibt, dass es möglicherweise zu einer Verletzung der Neutralität oder des Schulfriedens kommen könnte. Eine solch abstrakte Gefahr dürfte bei der derzeit nicht immer konfliktfrei ablaufenden religiös-/weltanschaulichen Pluralisierung unserer Gesellschaft zu bejahen sein.

Ich bin der Auffassung, dass die Schule die Pluralität der Gesellschaft abbilden soll. Wenn man den anderen Ansatz vertritt und meint, Kinder sollten in der Schule möglichst frei von allen sozialen und weltanschaulichen Unterschieden aufwachsen, dann landen wir letztlich bei der Schuluniform. Aber z.B. England mit seinen Schuluniformen hat ein elitäres Bildungssystem. Es ist faktisch nicht möglich, Schule neutral zu gestalten. Spätestens auf dem Schulhof ist mit der Neutralität Schluss.

Wo, wenn nicht in der Schule, sollen Heranwachsende den friedlichen Umgang miteinander lernen. Hier kommen alle zusammen, weil alle in die Schule müssen. Hier müssen sie lernen miteinander auszukommen, auch wenn sie unterschiedliche politische und religiös-/weltanschauliche Auffassungen haben oder aus unterschiedlichen sozialen Klassen kommen.

Das Land Berlin 2006 hat den verpflichtenden Ethikunterricht für alle ab der siebten Klasse eingeführt, weil es dadurch die Integration der Mitglieder unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen in die Gesellschaft fördern wollte. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dazu mit Urteil vom 23.11.2006 (Az. 8 S 78/06) ausgeführt, dass ein solcher Unterricht erforderlich ist, damit "sich die Schüler unabhängig von ihrer jeweiligen Herkunft gemeinsam konstruktiv mit grundlegenden kulturellen und ethischen Problemen des individuellen Lebens und in der Gesellschaft auseinander setzen" können, um so "die Grundlagen für ein selbstbestimmtes und verantwortungsbewusstes Leben sowie soziale Kompetenzen, interkulturelle Dialogfähigkeit und ethische Urteilsfähigkeit zu erwerben". Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15.03.2007 (Az. 1 BvR 2780/06) bestätigt, dass ein solcher Unterricht die effizienteste Möglichkeit ist, die Integration aller Schüler und die Bildung von Toleranz zwischen den Schülern unterschiedlicher Religion oder Weltanschauung zu fördern.

Der beste Ethikunterricht nützt aber nichts, wenn aus der Schule im übrigen Religionen und Weltanschauungen herausgedrängt werden und die Schüler den Eindruck gewinnen müssen, dass ihre Lehrer die Regeln ihrer Religion in der Schule nicht befolgen dürfen. Wenn muslimische Schüler sehen, dass ihre muslimische Lehrerin kein Kopftuch tragen darf, dann werden sie das als Beschränkung ihrer Religiosität durch den Staat auffassen. Es gibt muslimische Lehrerinnen mit und ohne Kopftuch, christliche, jüdische, humanistische, konfessionsfreie und viele andere mehr, das ist die Pluralität unserer Gesellschaft. Sie gehört in die Schule hinein, damit die Schüler, wenn sie aus der Schule herauskommen, gelernt haben, friedlich damit umzugehen.