BERLIN. (hpd) Nach Angaben einer arabischsprachigen Webseite könnte der deutsch-ägyptische Autor Hamed Abdel-Samad in Ägypten entführt worden sein.
Wie zuerst die Ruhrbarone meldeten, ist der Kontakt zu Hamed Abdel-Samad abgebrochen, als dieser ohne Begleitschutz zu einem Treffen gefahren ist. "Mahmoud Abd al-Samad, der Bruder des Schriftstellers und Publizisten Hamed Abd al-Samad, hat erklärt, dass sein Bruder gestern Nachmittag entführt worden ist, genauer gesagt um 16.15 Uhr."
Inzwischen haben auch andere deutschsprachige Medien darauf reagiert. Eine dpa-Meldung von heute früh wurde vom Focus zum Anlass für einen kurzen Artikel genommen.
Auch die WELT und der Tagesspiegel berichten inzwischen über die mögliche Entführung.
Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), Michael Schmidt-Salomon, teilte auf Anfrage mit, dass auch die GBS zu ihrem Beirat keinen Kontakt hat. Trotz mehrfacher Versuche, Abdel-Samad zu erreichen. Eine Entführung durch Islamisten schließt Schmidt-Salomon nicht aus; er weist aber darauf hin, dass es sich dabei bisher nur um Vermutungen handelt.
F.N.
Hinweis: Auf change.org wurde bereits eine Petition gestartet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, "alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Hamed Abdel-Samad so schnell wie möglich zu befreien."
Update (12:40 Uhr)
Auf einen ersten Anruf reagierte das Auswärtige Amt noch uninformiert und war der Meinung, man müsse sich nicht um den Fall kümmern, da es sich bei dem Vermissten um keinen deutschen Staatsbürger handelt.
Inzwischen hat das Auswärtige Amt jedoch Stellung bezogen: Der stellvertretende Sprecher des Auswärtigen Amtes teilte mit, dass auch nach deren Kenntnis Hamed Abdel-Samad verschwunden ist. Eine Entführung kann jedoch derzeit nicht bestätigt werden.
Der Kairo-Korrespondent der ARD, Hans-Michael Ehl, sagte gegenüber dem Sender "Radio eins", dass nach seiner Kenntnis das Auswärtige Amt inzwischen bei der ägyptischer Regierung angefragt haben soll. Er berichtete zudem, dass die Polizei in Kairo bestätigt habe, dass nach Hamed Abdel-Samad gesucht wird.
Ungeklärt sei weiterhin, weshalb Abdel-Samd den Personenschutz gestern zu seinem Termin nicht mitgenommen hat. Beim Deutschlandfunk heißt es dazu: "Der Autor sei in der Nähe des Al-Azhar-Parks in Kairo verschwunden; der einzige Eingang wird videoüberwacht, der Park ist umzäunt. Vorher soll Hamed Abdel Samad am Telefon berichtet haben, er fühle sich verfolgt und sei in Ägypten in letzter Zeit von einem Leibwächter begleitet worden. Diesen hatte ihm die Deutsche Botschaft zugewiesen. Er habe in dem Park jedoch eine Verabredung gehabt, zu der er den Leibwächter nicht habe mitnehmen wollen."
Die GBS hat inzwischen auch öffentlich Stellung genommen: "Wir sind sehr besorgt um das Leben von Hamed Abdel-Samad", erklärte gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon zu der Meldung, der bekannte Islamkritiker und gbs-Beirat sei am späten Sonntagnachmittag (24.11.) in Kairo entführt worden. "Im Unterschied zu den Ereignissen im vergangenen Juni, als Hamed nach Morddrohungen untertauchen musste, haben wir derzeit keinen Kontakt zu ihm. Wir können ihn auf keinem Weg erreichen und das ist sehr beängstigend."
Die Nachricht vom Verschwinden Hamed Abdel-Samads habe ihn in der Nacht zum Montag erreicht, sagte Schmidt-Salomon. Zunächst habe er gehofft, es handle sich nur um ein Gerücht, doch nachdem es von Abdel-Samad noch immer keine Lebenszeichen gäbe, müsse man davon ausgehen, dass ihm etwas zugestoßen sei: "Sollte Hamed wirklich entführt worden sein, hoffe ich dass er in die Hände 'gewöhnlicher Verbrecher' gelangt ist, die eine Lösegeldforderung stellen. Ich kann und will mir nicht vorstellen, was Islamisten ihm antun könnten oder bereits angetan haben... Wir appellieren an die Verantwortlichen in Ägypten und in Deutschland, alles zu tun, um Hameds Verschwinden aufzuklären und ihn aus der Gefahr, in der er sich möglicherweise befindet, zu retten."
Update (13:33 Uhr)
Spiegel Online berichtet ebenfalls über das Verschwinden von Hamed Abdel-Samad und schreibt: "Ob es sich beim Verschwinden des Autors tatsächlich um eine Entführung handelte, war am Montagmittag noch unklar. Die deutsche Botschaft in Kairo habe vorerst keine Bestätigung für ein Kidnapping, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Der Botschafter in Kairo, Michael Bock, stehe im Kontakt mit der ägyptischen Regierung. Die Bundesregierung verlangt demnach 'schnellstmögliche' Aufklärung über das Schicksal des Publizisten. In den Fall schaltete sich auch der Krisenstab des Auswärtigen Amts ein."
Update (15:13 Uhr)
Bei der TAZ heißt es - anders als bisher - dass offen sei, ob die Deutsche Botschaft in Kairo Abdel-Samad einen Leibwächter besorgt habe. Nach Angaben von Ministeriumssprecher Martin Schäfer "habe [es] zwischen [Abdel-Samad] und der Botschaft 'Kontakte gegeben, bei der auch Fragen seiner persönlichen Sicherheit eine Rolle gespielt' hätten."
Inzwischen haben sich auch der Krisenstab und das Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amtes eingeschaltet.
Das ZDF berichtet, dass der Direktor von Abdel Samads ägyptischem Verlag Merit, Mohammed Haschim, sagte, er habe den Autor vor drei Wochen zum letzten Mal getroffen, um mit ihm über sein neues Buch zu sprechen. Dieses solle den Titel "Der religiöse Faschismus" tragen. Das könnte eine Bestätigung für die Vermutung der ägyptischen Polizei sein, dass Hamed Abdel-Samad von radikalen Islamisten entführt wurde.