Fast täglich gibt es neue Meldungen über Menschenrechtsverletzungen im Kontext von Flucht und Migration. Insbesondere an den EU-Außengrenzen sterben Schutzsuchende. Der Humanistische Verband Deutschlands fordert die unbedingte Einhaltung von Menschenrechten.
Heute ist Internationaler Tag der Menschenrechte. Der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde, lautet: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen." Artikel 14 hält fest: "Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen." Menschenrechte sind universell, sie gelten ausnahmslos für alle Menschen und sind nicht verhandelbar. Menschenrechte müssen immer und unbedingt gewährleistet werden.
Doch die Realität sieht anders aus: Schutz und Wahrung der Menschenrechte werden nicht universell umgesetzt. Laut UNHCR sind mehr als 82 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Sogar vor unserer Haustür werden Schutzsuchende kriminalisiert. Die EU missachtet das Recht aller, in menschenwürdigen Verhältnissen zu leben, und handelt somit entgegen ihren eigenen Werten.
Insbesondere an den Außengrenzen der EU – im polnisch-belarussischen Grenzgebiet und am Mittelmeer – werden die Menschenrechte von Schutzsuchenden in erheblichem Maße verletzt. Die politischen Entscheidungsträger*innen in Deutschland und in Europa müssen endlich handeln und kompromisslose Sanktionen gegen alle Machthabenden verhängen, die Menschenrechtsverletzungen tolerieren oder gar forcieren. Die Beschlüsse der Genfer Flüchtlingskonvention sind unbedingt einzuhalten. Es braucht sichere Aufnahmeperspektiven für Geflüchtete und Asylsuchende.
Wir fordern, die humanitäre Krise im polnisch-belarussischen Grenzgebiet zu beenden: "Alle Menschen, die Hilfe benötigen, müssen uneingeschränkt unterstützt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass an der östlichen EU-Grenze Kinder verhungern oder erfrieren. Politische Interessen dürfen nicht auf den Köpfen von Schutzsuchenden ausgetragen werden. Es geht um die Menschenwürde und die Rechte dieser Menschen. Die EU, die deutschen demokratischen Parteien und die neue Ampelkoalition müssen hier humane Lösungen finden und umsetzen", erklärt Erwin Kress, Vorstandssprecher des HVD Bundesverbandes.
Wir fordern, dass die EU die Seenotrettung im Mittelmeer nicht mehr behindert, sondern endlich unterstützt: "Die Leichen Tausender Geflüchteter liegen im nassen Grab Mittelmeer. Jede*r einzelne Tote bedeutet individuelles Leid und Verzweiflung. Es ist ein völliges Versagen der EU-Politik. Denn die EU-Mitgliedsländer sind zur Seenotrettung verpflichtet. Seenotrettung ist ein Menschenrecht und kein Gegenstand von Diskussionen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hilft dabei, Geflüchtete in libysche Lager zu verschleppen, wo ihnen Folter, Vergewaltigung und Hinrichtung drohen. Das muss endlich aufhören!", fordert Katja Labidi, HVD-Bundesbeauftragte für Geflüchtete und Migration.
Den Druck auf die Politik erhöhen
Wir rufen die Zivilgesellschaft auf, hier ein klares Zeichen in Richtung der politischen Entscheidungsträger*innen zu setzen und Initiativen zu unterstützen, die sich offen, tolerant und solidarisch für die Rechte geflüchteter Menschen einsetzen. Es gibt viele unterstützenswerte Projekte, von denen wir einige explizit nennen möchten:
- Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, medico international und Pro Asyl setzen sich seit langem für die Rechte von Schutzsuchenden ein.
- Das unteilbar-Bündnis hat eine Übersicht über zivilgesellschaftliches Engagement zur Situation an der polnisch-belarussischen Grenze erstellt.
- Die Kampagne "Grünes Licht für Aufnahme" der Seebrücke setzt sich für humanitäre Hilfe und die solidarische Aufnahme von Schutzsuchenden im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ein.
- borderline-europe informiert über und kämpft gegen Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen.
- Im Bereich der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer engagieren sich unter anderem die Organisationen SOS Méditerranée, Sea-Watch, Mare Liberum, Mission Lifeline, Sea-Eye und United4Rescue.
- Die Online-Plattform Moving Cities zeigt inspirierende lokale Ansätze von mehr als 700 europäischen Städten, die sich für eine solidarische Migrationspolitik einsetzen.
- Über 250 deutsche Kommunen haben sich schon als "Sichere Häfen" der Seebrücke bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen und willkommen zu heißen.
Jede*r von uns kann individuell und kommunal die Demonstrationen und Protestaktionen, Spendenaufrufe und Petitionen unterstützen. Gemeinsam können wir unserer Empörung Ausdruck und Gehör verschaffen und den Handlungsdruck auf die politischen Entscheidungsträger*innen erhöhen.
Erstveröffentlichung auf der Webseite des Humanistischen Verbands Deutschlands.