Der Senat des US-Bundesstaats Florida hat ein Gesetz verabschiedet, das den Unterricht über die sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität in Kindergärten und an Grundschulen verbietet. Mit 22 zu 17 Stimmen hat das konservativ dominierte Parlament zugestimmt und damit gleichzeitig Trump-Herausforderer Gouverneur Ron DeSantis in Stellung gebracht, der das Gesetz am Montag unterzeichnete. Ein herber Rückschlag für die Rechte queerer Menschen, der allerdings nicht stumm hingenommen wurde.
Offiziell trägt die neue Vorgabe den Titel "Gesetz zur Regulierung elterlicher Rechte in der Bildung". Von Kritiker:innen wird es allerdings nur "Sag-nicht-homosexuell-Gesetz" ("Don't say gay bill") genannt. Und das hat es in sich: In den Lehrplänen bis zur dritten Klasse darf fortan keine sexuelle Aufklärung mehr vorkommen. Kurios ist dabei, dass das bezogen auf ebenjene Lehrpläne bislang so gut wie nie der Fall war. Die Gründe, die dafür genannt werden, Lehrpersonal generell zu verbieten, über queere Themen zu sprechen, zielen auf das Alter und den Entwicklungsstand der Kinder ab. Diese seien demnach noch zu jung und kognitiv nicht reif genug, um mit Realitäten wie der Liebe von Menschen konfrontiert zu werden, die nicht in das überholte binäre Raster von heterosexuellem Cis-Mann und heterosexueller Cis-Frau passen.
Die LGBTQIA+-Bewegung lehnt diese Argumentation jedoch ab, da sie der Ansicht ist, dass jedes Kind mit der Liebe von Menschen umzugehen wisse und dass Versuche, bestimmte Formen der menschlichen Zuneigung aus dem schulischen Diskurs auszuschließen, bereits früh die Grundsteine für Queerfeindlichkeit legen könnten.
Das Äußern von Begriffen wie "homosexuell" oder "trans", völlig gleich in welchem Kontext, könnte durch dieses Gesetz bis zur 3. Jahrgangsstufe zur heiklen Angelegenheit werden. Also auch dann, wenn lediglich die Frage eines Kindes zu diesem Thema beantwortet werden soll. Gemäß des Gesetzes ist auch in den höheren Klassen Unterricht in diesen Themengebieten nur dann erlaubt, wenn er "altersgerecht" stattfindet. Und da das Gesetz zur Folge hat, dass Eltern den Schuldistrikt verklagen können, wenn gegen dieses Gesetz verstoßen wird, befürchten die Gegner:innen des Gesetzes, dass es eine Abschreckungswirkung auf das Lehrpersonal aller Jahrgangsstufen haben könnte.
Viele Menschen aus der queeren Community fühlen sich durch diesen Schritt der Republikaner:innen an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie äußern etwa die Sorge, dass sie durch das Gesetz unsichtbar gemacht würden. Und, dass es vor allem jene träfe, die ohnehin bereits im jungen Alter um ihre Existenzberechtigung kämpfen müssten. Die vielen noch immer vorherrschenden Vorurteile zum Beispiel gegenüber Trans könnten so nicht abgebaut werden, sondern würden sich sogar noch weiter erhärten. Statt einer weiteren Stigmatisierung, so die Forderung der Kritiker:innen, sei hier eine Sensibilisierung notwendig. Eine solche sei mit der kompletten Ausklammerung der Themen bis zur dritten Klasse und ab dann mit bewusst schwammigen Formulierungen wie "Verboten ist das Besprechen […] in einer Art und Weise, die nicht altersgerecht ist" im Gesetzestext jedoch nicht zu erreichen.
Nachdem in Florida jüngst das Abtreibungsrecht massiv verschärft wurde und der Unterricht über Rassismusthemen in Schulen verboten wurde, folgt nun also dieser queer-feindliche Vorstoß. Allerdings kommt keiner davon von ungefähr. Im Senat besitzen die Republikaner:innen in Florida eine Mehrheit und auch der Gouverneur Ron DeSantis stammt aus ihren Reihen. Dieser gilt als einer der größten Herausforderer Donald Trumps im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner für die Wahl im Jahr 2024. DeSantis kommen die vielen Republikaner:innen in Florida sehr gelegen, die sich vehement dafür einsetzen, dass Eltern ein größeres Mitspracherecht über schulische Unterrichtsinhalte eingeräumt bekommen. Denn so kann er mit einer strikt konservativen Haltung, die er durch die Unterzeichnung entsprechender Gesetze zeigt, landesweit Schlagzeilen machen und seine Bekanntheit erhöhen. Dass zunehmend auf polarisierende Themen gesetzt wird, ist nicht zuletzt auf den politischen Erfolg durch diese Strategie zurückzuführen.
Die Proteste aus weiten Teilen der Bevölkerung gegen das Vorhaben und die damit einhergehende Inszenierung waren jedoch intensiv und mitgliederstark. Hunderte Schüler:innen, aber auch viele Erwachsene, kamen zusammen und brachten vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Tallahassee mit Regenbogenfahnen, Transparenten und Plakaten ihren Unmut über das neue Gesetz zum Ausdruck. Und auch aus der Politik gibt es von vielen Stellen Rückendeckung für die queere Community. Der demokratische Abgeordnete Shevrin Jones sagte im Senat von Florida etwa, denjenigen, die glaubten, man könne Homosexuelle per Gesetz wegzaubern, müsse er sagen: "Es tut mir leid, das könnt ihr nicht." Auch Präsident Joe Biden und die Mitglieder seines Kabinetts kritisierten das Vorgehen gegen queere Menschen. Der Bildungsminister der Vereinigten Staaten, Miguel Cardona, attackierte das Gesetz via Twitter besonders scharf, indem er schrieb, dass es im Grunde "auf Hass und Diskriminierung" fuße. Da in Florida eine Mehrheit der Bürger:innen gegen das Gesetz ist, ist die Hoffnung allerdings groß, dass es in den kommenden Jahren wieder gekippt werden könnte.