Das Ende der Welt stellen wir uns gemeinhin als pompöses Ereignis vor: Ob mit Feuer und Donnergrollen, ob mit Posaunen und Chorälen, ob mit Schwärmen von Atomraketen und KI-gesteuerten Killerdrohnen – es ist wahrhaftig ein Spektakulum. Was aber, wenn nicht? Was, wenn sich das Ende der Welt nicht auf blutigen Schlachtfeldern zuträgt, sondern in den staubigen Büros einer dreibuchstabigen Behörde?
Ich möchte Ihnen heute eine Geschichte erzählen.
Die Geschichte einer Gruppe von Affen, 400 Millionen von ihnen, die etwas Unglaubliches vollbracht hat.
Die Geschichte einer Gruppe von Affen, die den gesamten Rest der Welt, 7,7 Milliarden andere Affen, so sehr in den Bann ihres bedruckten Papiers und ihrer blinkenden Bildschirme gezogen hat, dass diese 7,7 Milliarden anderen Affen kollektiv entschieden: Jawohl, diese eine Gruppe von Affen ist besonders. Sie sind Stütze, Rahmen und Referenzwert all unseren Tuns, all unserer Wertschöpfung, all unserer Maßstäbe für Wohlstand und Zufriedenheit.
Wie unsere kleinen Ausnahmeäffchen das geschafft haben? Indem sie die gesamte Welt davon überzeugten, dass sie "finanzstark" sind. Dass ihr bedrucktes Papier, ihre reflektierenden Baumwollfetzen, besser sind als die reflektierenden Baumwollfetzen aller anderen Affen. Dass ein Wisch mit einer Zahl mehr wert ist, wenn dich darauf dieser und nicht jener tote Typ aus dem letzten Jahrtausend anstarrt.
Götzendienst, nichts weiter.
Im Kongo kriechen Kinder durch Kobaltminen und verenden mit Zwanzig an einer Staublunge, um nur einen Fetzen eines solchen Baumwollfetzens zu ergattern. Mit an Wahnsinn grenzender Apathie, genannt "wirtschaftlichem Denken", ringen wir der Erde ihre Rohstoffe ab, verarbeiten sie, veredeln sie, lassen sie vom modernen Äquivalent zu Versklavten zusammenlöten und verfrachten die fertigen Güter anschließend containerweise zu dieser einen, besonderen Gruppe von Affen in einen recht entlegenen Winkel der Welt, der vor nicht einmal 500 Jahren noch nomadisch bewirtschaftet wurde.
Alles nur, um ein paar ihrer ach so tollen Baumwollfetzen zu erringen.
Götzendienst, nichts weiter.
Wie aber haben es unsere kleinen Ausnahmeäffchen geschafft, alle anderen Affen von ihrer überbordenden finanziellen Potenz zu überzeugen? Nun, indem sie eine zugegebenermaßen geniale Idee hatten.
Ein Problem, das Affengruppen bereits seit Beginn der Sesshaftigkeit und dem damit einhergehenden Beginn der Akkumulationsmöglichkeit materieller Besitztümer plagt, ist die unheilbringende Verschränkung politischer und ökonomischer Macht. Wenn eine regierende Entität, egal ob Präsidentin, Parlament oder Stammesältester, die ökonomischen Ressourcen der Gruppe zum eigenen politischen oder persönlichen Vorteil nutzt, sind diese Ressourcen bald verbraucht. Und wenn eine ökonomisch einflussreiche Entität, egal ob Privatier, Investmentfonds oder Petrostaat, politische Entscheidungen durch finanziellen Druck lenkt, zerstört sie just das System, das ihren ökonomischen Erfolg sichert und überhaupt erst hervorbrachte.
Und so hob diese eine Gruppe ach so besonderer Affen anno 1913 ein Konstrukt aus der Taufe, das so genial war, dass alle anderen Affen es sofort kopierten: die Federal Reserve, kurz FED.
Drei Säulen und eine ehrenhalber brachte die französische Revolution hervor, geboren aus Hunger, der ganze Generationen währte: Legislative, Exekutive, Judikative, Medien. Die vierte, bis heute kaum als solche anerkannt, war ein Kind der Gilded Age, geboren aus von Industriemaschinen zermalmten Knochen, und wir nennen sie unabhängige Zentralbank.
Zwei Weltkriege, Bretton-Woods und einen Washington-Konsens später sind diese Baumwollfetzen zur Weltreservewährung avanciert. Das bedeutet, diese Affen können tun und lassen, was sie wollen. Kein Crash, keine Depression, kein Feuer auf den Weltmärkten kann ihnen etwas anhaben, denn: Je größer der Brand, desto größer die Nachfrage nach den bedruckten Baumwollfetzen dieser ach so besonderen Affen. Ihr Hafen ist der einzig sichere. Solange sie nur die Federal Reserve in Ruhe lassen, wird die ganze Welt auf ewig für sie arbeiten – Asteroideneinschläge ausgenommen.
Götzendienst, nichts weiter.
Magie, im Clarkeschen Sinne des Wortes: Eine Technologie der Propaganda, so weit fortgeschritten, dass sie von Hexerei kaum mehr zu unterscheiden ist.
Konsumwohlfahrt war das letzte halbe Jahrhundert lang US-amerikanische Staatsräson, Nationalreligion und alleiniger Grund für die mehr schlechte als rechte Bewahrung des sozialen Friedens im Land. Und nun passiert, was allen herrschenden Theorien des homo oeconomicus zufolge gar nicht passieren kann: Es erhebt sich einer dieser ach so besonderen Affen, seines Zeichens doch eher durchschnittlich in seiner Besonderheit, und schreit: "Halt! Ihr werdet AUSGEPLÜNDERT! Ihr wollt keine billigen Konsumprodukte und blinkende Unterhaltungselektronik – ihr wollt leiden! Die Kinder sehnen sich nach den Minen, die Arbeiter nach den Fließbändern und die Minen und die Fließbänder werde ich zurück NACH HAUSE bringen!"
Und er beweist, dass auch diese ach so besonderen Affen nicht gegen ihre eigene Magie gefeit sind. Propaganda ist ein Gift, das nicht nur die Gehirne derer zersetzt, die sie konsumieren, sondern auch derer, die sie produzieren. Als Künstler spreche ich da aus erster Hand, ist doch alle Kunst Propaganda und gute Propaganda eine Kunst.
Wir leben in einer Zeit, in der der amtierende US-Präsident über den amtierenden Vorsitzenden der Federal Reserve sagt, und ich zitiere wörtlich: "Ich würde seinen Arsch gerne feuern!"
Wir leben in einer Zeit, in der der amtierende US-Präsident seinen für diesen Jahrhundertwitz einer Zollpolitik verantwortlichen ökonomischen Berater am Kongress vorbei an der Spitze der Zentralbank installieren möchte.
Wir leben in einer Zeit, in der der amtierende US-Präsident bereits versucht hat, ein Mitglied des FED-Vorstands grundlos abzusetzen und die Chefin der Statistikbehörde gefeuert wird, wenn sie politisch nicht opportune Arbeitsmarktdaten veröffentlicht.
Das Paradigma der perfekten Information ist tot. Das Paradigma der unabhängigen Geldpolitik ist tot. Und mit ihnen stirbt die Welt, wie wir sie kennen. Die Welt, in der die Vereinigten Staaten Referenz- und Nullwert der Ökonomik sind. Die Welt, in der der US-Dollar Weltreservewährung ist. Die Welt, in der diese eine Gruppe von Affen besonders ist.
Donald Trump hat in nicht einmal einem Jahrzehnt geschafft, was Sozialismus, Kommunismus und Anarchosyndikalismus in einem Jahrhundert nicht vollbracht haben – den US-amerikanischen Messiaskomplex zu brechen.
Die Sowjetunion fiel nicht durch Waffen, sie fiel nicht durch Kunst, sie fiel durch Konsum. Die Sowjetunion fiel, nachdem Jelzin Gott in einem Supermarkt fand. Was wird mit den Vereinigten Staaten passieren, jetzt, wo sie ihren Gott getötet haben?







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