Ein Straßenname in der oberpfälzischen Gemeinde Eslarn erinnert an einen Priester, der als Missbrauchstäter im Gefängnis saß. Die Politik wollte die Straße jetzt umbenennen – doch die Anwohner sind dagegen.
Georg Zimmermann war Priester und als Diözesanmusikdirektor des Bistums Regensburg ein angesehener Mann. In den 1960er Jahren leitete er das Internat bei den Regensburger Domspatzen, in seinem Heimatort Eslarn in der Oberpfalz gründete er einen Knabenchor und baute eine Musikschule auf. Doch der Kirchenmann war ein verurteilter Missbrauchstäter. 1969 musste er nach einem Prozess vor dem Landgericht Weiden für ein Jahr und acht Monate in Haft, wegen teils schwerer "Unzucht mit Abhängigen" in mehreren Fällen.
Seine Heimatgemeinde hat trotzdem eine Straße nach Georg Zimmermann benannt. Das war nach dessen Tod 1993. Im Mai 2024 beschloss der Marktrat von Eslarn mit 9 zu 6 Stimmen, die Straße umzubennen, auf Initiative des Betroffenenbeirates im Bistum, der sich für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche einsetzt. Diesem Gremium und dem Bistum liegen die Aussagen von drei Personen vor, die als Opfer von sexueller Gewalt Zimmermanns berichten. Nach ihren Angaben ereigneten sich all diese Fälle nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe. Und: Sie wurden erst nach Zimmermanns Tod 1984 bekannt und sind deshalb niemals juristisch aufgearbeitet worden.
Die Anwohner der Georg-Zimmermann-Straße wollen den Namen trotzdem behalten. Mit einem Bürgerbegehren wollen sie die Umbenennung verhindern. Als Begründung führen sie an, dass es zu den neueren Fällen nie Ermittlungen gegeben habe. Der Fehler sei 1993 geschehen, als die Gemeinde den Mann ehrte, obgleich sie von seiner Verurteilung 14 Jahre zuvor wusste. Die Straße jetzt noch umzubenennen würde nach ihrer Ansicht einen "immensen organisatorischen und finanziellen Aufwand" für jeden Anwohner mit sich bringen.
Der Marktrat von Eslarn gab nun grünes Licht für das Bürgerbegehren: Am 24. November können die Bürgerinnen und Bürger der 2.700 Seelen-Gemeinde abstimmen. Zuvor hatten die Anwohner mehr als 650 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt. Demnach ist fast ein Viertel der gesamten Einwohnerschaft dafür, dass die Stadt den Missbrauchstäter Zimmermann weiterhin mit einem Straßennamen ehrt.
Bürgermeister Reiner Gäble (SPD) äußerte sich "erschüttert und traurig, dass so viele Bürgerinnen und Bürger das Ansinnen unterstützen". Zwar gebe es keine formaljuristischen Einwände gegen den Antrag auf Volksbegehren, dennoch sei es "unverschämt", dass in der Begründung Zimmermanns Verurteilung mit keinem Wort erwähnt werde. Erst später haben Anwohner vorgeschlagen, einen QR-Code mit Informationen zu Zimmermanns Verurteilung am Straßenschild anzubringen. Immerhin.
Auch die Sprecherin des Betroffenenbeirates, Josefa Schalk, äußerte sich entsetzt. "650 Leute haben für die Ehrung eines Kinderschänders unterschrieben", sagte sie gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). So eine große Anzahl habe sie nicht für möglich gehalten.
Im Betroffenenbeirat engagiere sich auch eine Person, die selbst vom Missbrauch durch Georg Zimmermann berichtet und heute noch in Eslarn lebe, so Josefa Schalk weiter. Die Beirats-Sprecherin vermutet, dass es in der Gemeinde noch weitere Betroffene gebe, die sich jedoch aus Angst nicht zu Wort melden würden. Mehr als ein Jahr lang habe ihr Gremium das Gespräch mit den Anwohnern gesucht, ohne Erfolg. Trotzdem wolle sich der Betroffenenbeirat nicht unterkriegen lassen: Für die nächsten Monate seien weitere Aktionen in Eslarn geplant.
2 Kommentare
Kommentare
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Wer kennt die Zahl der Straßen, die global dringenst einen neuen Namen bräuchten?
Antimodes am Permanenter Link
Als wir unsere Diktatur abgeschüttelt haben (im Osten gleich zweimal), hat man es irgendwie auch geschafft, seine Straßennamen zu ändern....