Lorenz Wolf bekleidet in Bayern einflussreiche Ämter. In Folge der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens ruhen seine Tätigkeiten. Den Grünen reicht das nicht: Sie fordern in einem Offenen Brief seinen vollständigen Rückzug.
Vor einem Monat wurde das Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising vorgestellt, das neben dem amtierenden Münchner Erzbischof auch den früheren, Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI., belastet (der hpd berichtete). Ein weiterer Geistlicher, bei dem Fehlverhalten festgestellt wurde, ist der Offizial Lorenz Wolf, Leiter des Kirchengerichts von München und Freising. Bei ihm geht es um zwölf Fälle, zu denen er für das vom Erzbistum beauftragte Gutachten nicht nur als einziger keine Stellungnahme abgab, sondern gleich die Rechtmäßigkeit der gutachterlichen Untersuchung in Frage stellte. Er lässt seine Ämter derzeit ruhen.
Wolf ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und der Bayerischen Verfassungsmedaille in Gold und bekleidet einflussreiche Ämter: Unter anderem ist er Leiter des Katholischen Büros in Bayern und somit Cheflobbyist im dortigen Landtag. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des bayerischen Rundfunkrates. Dort meldete er sich vor knapp drei Wochen während einer Gremiumssitzung zu den Vorwürfen zu Wort. Zeit Online nannte es einen "skurrilen Auftritt", als er in diesem Rahmen um Verzeihung bat und davon sprach, dass es eine Schande sei, dass sexueller Missbrauch in der Kirche überhaupt geschehen sei, aber auch seine Vorbehalte gegenüber dem Gutachten erneut betonte.
Am 10. Februar versandte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag einen Offenen Brief an Wolf, in dem sie ihn zum "sofortigen Rücktritt" von seinen öffentlichen Ämtern und Mandaten auffordert: "In Anbetracht Ihrer einflussreichen Stellung innerhalb der Diözesanverwaltung und der Vielzahl und Schwere der Ihnen zu Last gelegten Vorwürfe, erachten wir es als zwingend notwendig, dass Sie umgehend und vollumfänglich persönliche Konsequenzen ziehen."
Die Grünen-Fraktion sieht "keine gemeinsame Grundlage für eine weiterhin funktionierende und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks, im Beirat der Akademie für Politische Bildung Tutzing, im Stiftungsrat der Kirchlichen Stiftung Katholische Bildungsstätten für Sozialberufe in Bayern, im Kuratorium der Hochschule für Philosophie, München, im Landesplanungsbeirat des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, im Stiftungskuratorium der Stiftung Medienpädagogik Bayern und im Vorstand der Stiftung Obdachlosenhilfe Bayern." Man halte nicht nur ein "Ruhen lassen", sondern seinen dauerhaften Rückzug aus diesen Gremien für geboten. "Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihnen als Leiter des Katholischen Büros Bayern" sei für sie "aktuell nicht mehr vorstellbar".