Rechtsaußen liebäugelt mit China, Russland und dem Politischen Islam

Hauptsache antiliberal

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AfD-Wahlkampf in Köln
AfD-Wahlkampf

Weder Islamismus noch Marxismus bedrohen Rechtsidentitären zufolge die nationale und kulturelle Existenz Deutschlands. Es sei der Liberalismus, der das Überleben "unseres Volkes" gefährde. Enthüllungen zeigen, dass die ethnokulturelle Rechte, von der Alternative für Deutschland (AfD) bis zur Identitären Bewegung (IB), unheilvolle Allianzen mit China, Russland und dem radikalen Islam eingeht. Eine kritische Netzwerk- und Ideologiebetrachtung.

Die AfD-Europaspitze Maximilian Krah1 soll einen Spion für China beschäftigt haben und Brüssels AfD-Listenplatz 2, Petr Bystron, steht unter gewichtigem Verdacht, Schmiergelder aus Russland zu empfangen. Unlängst wurde bekannt, dass eine AfD-Clique exzellente Beziehungen zur Islamischen Republik Iran pflegt. Martin Sellner, Chefideologe der Neuen Rechten, positioniert sich explizit gegen einen Pro-Zionismus von rechts, denn er will auch dann keine Migranten, wenn sie "große Israelfans wären". Gegensätzlich der landläufigen Vorstellung distanziert sich die Identitäre Bewegung ausdrücklich von sämtlicher Islamkritik. Solange es dem Westen Schaden zufügt, ist den Rechtsromantikern jedes informelle und strategische Bündnis recht.

Erfüllungsgehilfe Chinas

Ende April 2024 wurde Jian G., ein Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Maximilian Krah, wegen Spionageverdacht für einen nicht näher genannten chinesischen Geheimdienst in Dresden von der Polizei verhaftet. Der Tatverdächtige soll wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament nach China übermittelt haben. Als Assistent Krahs gelangte der mutmaßliche Agent womöglich an Innenansichten aus den Ausschüssen für internationalen Handel, den Unterausschüssen für Menschenrechte, für Sicherheit und für Verteidigung sowie aus der Delegationsgruppe für Beziehungen zu den USA, in denen Krah Mitglied ist.

Jian G.'s Büro liegt Tür an Tür mit dem Brüsseler Topkandidaten der AfD. Seit 2019 arbeitete Jian G. als helfende Hand Krahs im Europaparlament. Vorher war er als Geschäftsführer einer Dresdner Firma tätig.

Publik wurde außerdem der Fall des damaligen AfD-nahen Stadtrates Tim Lochner aus Pirna. Das Mitglied suchte Verbindungen zu chinesischen Repräsentanten, um einen Industriepark in seinem sächsischen Regierungsbereich dem chinesischen Prestigeprojekt der "Neue Seidenstraße" anzuschließen. Bei einer Reise Lochners nach China 2019 waren auch Maximilian Krah und sein Helfershelfer Jian G. anwesend. G.s Rolle lag in der Vernetzung der Stadt Pirna mit Vertretern Chinas.

Nach jüngsten Recherchen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung gehen momentan Ermittlungsbehörden der Frage nach, ob Jian G. über einen längeren Zeitraum hinweg Krah, seiner Kanzlei und seinem Abgeordnetenbüro hohe fünfstellige Summen zugeschustert hat. Es besteht ebenfalls der Verdacht, dass dieses Geld möglicherweise vom Geheimdienst aus Peking stammt. Auch in den Bestechungsgeld-Skandal um den AfD-Mann Petr Bystron soll Krah verwickelt sein.

Flankiert werden die personellen und finanziellen AfD-Partnerschaften mit der chinesischen Volksrepublik von einer ideologischen Übereinkunft. Bereits vor der Festnahme seines Gehilfen galt Krah als ordinärer Antiamerikanist und China-Apologet. In seinem Manifest "Politik von rechts", erschienen im neurechten Antaios-Verlag, diagnostiziert er ein Scheitern des Westens auf internationaler Bühne. Drittländer hätten ihre "nationale Identität und Kultur" dem Vormachtstreben westlicher Akteure, allen voran der USA, opfern müssen. Demagogisch vorgetragen, sei es an der Zeit, dass sich souveräne Staaten gegen diese "Übergriffe des Globalismus verteidigen".

Zur Revitalisierung des Nationalen jenseits amerikanischer Interventionen begreift Krah die sogenannte "multipolare Weltordnung" als Chance. In diesem Kontext begrüßt der AfDler das weltpolitische Auftrumpfen der kommunistischen Partei Chinas: "Ansätze dazu sehen wir im Aufstieg Chinas. China gilt als Großmacht mit eigener Einflusssphäre, in der es sich gegen westliche Eingriffe zur Wehr setzt." Und weiter: "Nicht Russland, nicht China, nicht Indien, nicht Afrika, nicht die islamische Welt bedrohen unsere Existenz (…). Sie agieren letztlich defensiv gegen den universalen Machtanspruch des woken Westens." Krah lobt die von China provozierte Auflösung der Pax Americana und begrüßt einen neuen Großraum rund um den chinesischen Pol. China solle Europa als Vorbild dienen, um einen "eigenen", "naturwüchsig" homogenen Kulturraum zu bilden. Auch Pekings Zensur der Äußerungsfreiheit glorifiziert Krah als "große chinesische Firewall" gegen vermeintlich degenerierende Inhalte des "woken" Westens.

In Pekings Wirkungsbereich fallen laut Krah ganz Ost- und Südostasien, während Länder der ehemaligen Sowjetunion ihm gemäß zur "russischen Welt" gehören. Der Ukraine- und Taiwan-Konflikt existiere ausschließlich, weil "Vasallen der USA" die selbstverständlichen Einflusssphären Russlands und Chinas nicht anerkennen würden.

Verlängerter Arm Putins

Folgerichtig soll sich Krah ebenfalls als Handlanger der russischen Despotie angedient haben. Schon Mitte April sorgte ein Vorermittlungsverfahren für Aufsehen, bei dem es um die Verbindungen Krahs zu dem in Tschechien ansässigen, prorussischen Propagandasender Voice of Europe ging. Jene Plattform verbreite aktiv Desinformationen im Sinne des Kremls und nicht nur Krah, sondern auch sein Europa-Listenplatz-Kollege Petr Bystron werden verdächtigt, dem Kanal russlandfreundliche Interviews zu geben, um im Gegenzug Gelder aus Russland zu erhalten. Auch gegen Bystron wurde eine behördliche Untersuchung eingeleitet. Im Fall Bystron stellt die Generalstaatsanwaltschaft München Nachforschungen über den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und der Geldwäsche an. Vergangene Woche wurde Petr Bystrons Immunität durch den Bundestag aufgehoben.

Beide Skandale scheinen nur die Spitze des Eisberges an AfD-Verquickungen mit Putins System zu sein. Eine Reportage von ARD "Monitor" brachte etliche wechselseitige Zweckbeziehungen zwischen Moskau und der AfD ans Licht. Nachdem sich der ultranationalistische Kreml-Berater Alexander Dugin ein Jahr zuvor mit dem gegenwärtigen AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland in Russland getroffen hatte, bezeichnete Dugin 2016 die AfD als einen relevanten Verbündeten, auf den die intellektuelle Ikone der völkischen Internationalen große Stücke hält: "In Deutschland wird die AfD an die Macht kommen, sie ist die künftige Regierungspartei, deshalb ist sie interessant für mich und andere praktische Denker."

Den Worten sollten Taten folgen. So reisten mehrfach AfD-Politiker auf die seit 2014 von Russland besetzte Krim, um dort eine Reinwaschung des russischen Imperialismus zu unterstützen. Der seinerzeit AfD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme besuchte 2018 in der Funktion eines inoffiziellen Wahlbeobachters die annektierte Krim und bejubelte die völkerrechtswidrige Einnahme später in Sozialen Medien. Kein Einzelfall, auch der AfD-Politiker Roger Beckamp (später mehr zu ihm) behauptete 2018 in einem Interview, dass die Krim kein besetztes Gebiet, sondern ein wieder längst zurückersehnter "Teil von Russland" sei.

Das Umlügen russischer Verbrechen zu lupenrein demokratischen Vorgängen hat in dem AfD/Russland-Schulterschluss ungebrochene Tradition. 2018 wurde die Präsidentschaftswahl in Russland vom AfD-Abgeordneten Stefan Keuter als "beeindruckend" und außerordentlich "professionell" vor Kritik immunisiert; 2020 – kurz nach der Vergiftung des Regimekritikers Alexej Nawalny – empfing der russische Außenminister Sergei Lawrow den AfD-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla in Moskau. 2024 besuchten mehrere AfD-Funktionäre die russische Föderation, um Putins Scheinwahl auf dem russischen Agitationssender RT Deutsch als "frei, offen und demokratisch" zu legitimieren.

Wenn AfD-Akteure zu Kremls Gnaden eingespannt werden sollen, zeigen sich auch Putins Vertraute reisefreudig. Viktor Medvedchuk und Oleg Voloshin, zwei hochrangige Architekten des russischen Überfalls auf die Ukraine, wurden im Januar 2020 auf Einladung der AfD-Fraktion herzlich von Maximilian Krah und Petr Bystron im Bundestag empfangen. 2021 teilte sich dann Krah mit Sergej Karaganow, einem weiteren Vordenker der russischen Ukraine-Invasion, ein Podium beim eurasischen Wirtschaftsforum in Verona. Später bezeichnete Krah Karaganow als neu dazugewonnenen Freund. Derweil bagatellisierte Karaganow den russischen Angriffskrieg als "Militäroperation" und begrüßte ihn als Zäsur, mit der nach langer Zeit westliche Hegemonie Zurückweisung erfahren habe. Das erfreut selbstredend den völkischen AfD-Flügel und unterstreicht die Anschlussfähigkeit der russischen Expansionsbestrebungen an das Konzept der "multipolaren Weltordnung".

Nationaler Revanchismus, autoritärer Herrschaftskult und erzreaktionäre Geschlechterrollen markieren eine grundsätzliche Seelenverwandtschaft von Putinismus und völkischem Rechtsextremismus à la Björn Höcke. Wenn der russische Rechtsintellektuelle Alexander Dugin den Westen als "Untergang Europas" identifiziert und seine Verachtung gegenüber "dem liberale[n], bourgeoise[n] Europa, diese[m] entartete[n], politikkorrekte[n] Pseudo-Europa" ausdrückt, dann stimmt Höcke, indem er sagt, dass er den "traditionellen Osten" gegenüber "dem Regenbogen-Imperium" des "'neuen', (…) globalistischen Westen" bevorzugen würde, mit ein.

Das Narrativ über Russland als Speerspitze gegen den "perversen" Westen und über den Ukraine-Krieg als Präventionsfeldzug gegen eine globale Feminisierung findet in der Vokabel "Gayropa" seine Entsprechung. Mit "Gayropa" soll der Gegensatz zwischen einer europäisch-westlichen Zivilisation, die ihrem Wesen nach zwangsläufig zur "Verschwulung" neige und dem russischen Imperium, das als letzte Bastion für die traditionelle Familie eintrete, prononciert werden. Hier reichen sich die Rechtsidentitären der AfD und die Kremlisten Moskaus weltanschaulich die Hände.

Steigbügelhalter der Islamischen Republik Iran

Als dritter Machtfaktor der antiliberalen Liga fungiert der Politische Islam. Aktuell eskaliert ein islamisch-postsozialistisches Trio aus China, Russland und Iran in den Frontstaaten Ukraine und Israel, um dort einen epochalen geostrategischen Umbruch jenseits westlicher Dominanz herbeizuführen. Sobald eine Autorität den Westen ernsthaft herausfordert und bestenfalls rigide Werte mitliefert, lässt die AfD nicht lange als "nützlicher Idiot" auf sich warten.

Während im November 2022 nach dem gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini die islamischen Revolutionsgarden des Iran damit beschäftigt waren, den säkularen Aufstand für "Jin, Jihan, Azadi" zu zerschlagen, arbeitete eine interne AfD-Initiative laut Welt-Nachforschungen an einer aufgeschlosseneren Haltung der Fraktion zur Islamischen Republik Iran.

Eine Schlüsselfigur der Ayatollah-freundlichen Parteibemühungen ist der AfD-Abgeordnete Roger Beckamp. Beckamp bekleidet den Vorsitz der deutsch-iranischen Parlamentariergruppe, ein fraktionsübergreifender Zusammenschluss von Abgeordneten, der Verbindungen zum iranischen Parlament unterhalten soll. Der Rechtspopulist fand sich 2022 auf Einladung des iranischen Botschafters mit einer Gruppe AfDlern, darunter auch der vom Militärischen Abschirmdienst als Rechtsextremist eingestufte Zeitsoldat Hannes Gnauck und zwei nicht näher Benannte aus FDP und SPD, in der Mullah-Residenz ein. Als Vorsitzender moderierte Beckamp die Audienz: Es ging um das Atomabkommen, den deutsch-iranischen Handel und mögliche Gaslieferungen. In diesem Sinne lobbyierte Beckamp dann auch innerhalb der AfD.