Nicht nur die bayerische Feiertagsgesetzgebung ist erheblich verbesserungswürdig. Darauf weist der Bund für Geistesfreiheit in einer Stellungnahme zu den Überlegungen hin, einen muslimischen Feiertag einzurichten. Bei den Feiertagsregelungen werden generell Religionen zu auffällig bevorzugt. Das meint das Säkulare Forum Hamburg.
Wie das Säkulare Forum Hamburg gestern in einer Pressemitteilung mitteilte, beantragen die CDU-Fraktion und die Fraktion der Linken einen zusätzlichen Feiertag für Hamburg. "Unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmergerechtigkeit zu den süddeutschen Bundesländern ist dieses nachvollziehbar. Völlig unpassend sind allerdings die konkreten Vorschläge, da überholte historische Anlässe als feiertagswürdig vorgeschlagen werden."
Die CDU schlägt den Reformationstag wegen der "zunehmenden religiösen Pluralität" in Hamburg vor. Und dass, obwohl z.Z nur 27% der Hamburger formal der Nordkirche angehören. Die hier als Begründung herangezogene "zunehmende religiöse Pluralität" ist aber tatsächlich eine weiter abnehmende religiöse Minorität.
Der "Tag der Befreiung" den die Fraktion der Linken ( 8. Mai ) vorschlägt, enthält ebenfalls kein zukunftsweisendes Potential.
Das Säkulare Forum Hamburg plädiert deshalb dafür, zukunftsweisende Anlässe für Feiertage zu wählen: z.B. den "Internationalen Tag der Menschenrechte", der seit 1948 am 10. Dezember begangen wird. An diesem Tag wurde die "Erklärung der Menschenrechte" von der UNO verabschiedet. Wegen des großen Nachholbedarfs bei der weltweiten Durchsetzung der Menschenrechte ist eine jährliche Mahnung und Erinnerung noch lange notwendig.
Bundesweit wird derzeit die Einführung eines muslimischen Feiertages diskutiert. Dazu der Bund für Geistesfreiheit (bfg) in einer Erklärung: "…das bayerische Feiertagsgesetz diskriminiert Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung. Die Diskussion um einen muslimischen Feiertag, die von Bundesinnenminister de Maizière angestoßen wurde, macht dies bewusst – nur wurden bisher die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Nicht eine Ausweitung der Feiertagsgesetzgebungen in den Ländern, die aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung letztendlich alle denkbaren Religionen und Weltanschauungen berücksichtigen müsste, sorgt für eine gesamtgesellschaftliche Integration – sondern nur ein radikales Neudenken."
Der BfG weist darauf hin, dass die hohen religiösen Feiertage der Christen der evangelischen und katholischen Kirchen umfassend geschützt sind, Schüler generell freibekommen und Arbeitnehmer in der Regel nicht arbeiten müssen. Hingegen werden Angehörige anderer Weltanschauungen und Religionen als Bürger zweiter Klasse abgestempelt. "Von 13 gesetzlichen Feiertagen in Bayern sind nur drei Feiertage als weltanschaulich neutral zu betrachten (1. Mai, Tag der dt. Einheit, Neujahr), dagegen sind 11 Feiertage offensichtlich christlich motiviert. 2017 gibt es sogar noch den Reformationstag als weiteren religiös begründeten gesetzlichen Feiertag.
"Mariä Himmelfahrt" ist im Sinne des Feiertagsgesetz ein besonderer Tag: gesetzlicher Feiertag ist er nur in den bayerischen Gemeinden mit "überwiegend katholischer Bevölkerung". Demnach dürfte nach Auffassung des "Bundes für Geistesfreiheit" in der Landeshauptstadt München, in der die Konfessionsfreien mit über 53% die größte Bevölkerungsgruppe stellen, Mariä Himmelfahrt kein Feiertag mehr sein.
9 Kommentare
Kommentare
Sven am Permanenter Link
die Kirche hat einen festen Untergrund und starken stamm (so sieht sie sich gerne selber) man muss nur immer ein bisschen rütteln und dann kippt der baum
Hans Trutnau am Permanenter Link
... vor allem wenn der Stamm schon so morsch und faulig ist; habe da nix viel besseres hinzuzukommentieren.
Ilse Rose am Permanenter Link
Aufgrund des Vorstoßes des Bundesinnenministers, einen muslimischen Feiertag einzuführen, ist es jetzt eine gute Gelegenheit, eine ernsthafte Diskussion über den Sinn und Unsinn religiöser Feiertage in einem aufgeklär
Ottokar am Permanenter Link
warum enthält der Tag der Befreiung vom Deutschen Nazi-Regime kein zukunftsweisendes Potenzial?
Roland Weber am Permanenter Link
Es ist schon absurd genug, eine leibliche Himmelfahrt, von wem auch immer, überhaupt ernsthaft für möglich zu halten. Früher kannte man eben nur religiöse Ausrichtungen, und damit auch nur religöse Anlässe.
Aber viele trauen sich nicht an das Thema heran, da dahinter die Furcht geschürt wird, dass es dann eben keinen Ersatz für entfallene kirchliche Feiertage gäbe. Doch auch hier reden wir nicht von unverhandelbaren Naturgesetzen, sondern auch hier nur von schlichtem Menschenwerk, und wenn man es eben richtig sieht, von Werte-Bewusstsein.
In dieser (allerdings kaum realistischen) Diskussion sollte man sich aber immer und mit allem Nachdruck vor Augen halten, dass es um keinen neo-liberalen Sozialabbau, sondern ausschließlich um einen überlegenen und überlegten demokratischen und humanistischen Werte-Aufbau und Austausch gehen kann. Vielleicht startet ja mal jemand so eine Umfrage, damit einmal klarer wird, für was denn Menschen in Deutschland im Jahr 2017 tatsächlich "(ein)stehen".
Kay Krause am Permanenter Link
Um zu verdeutlichen, was passiert, wenn der angeblich säkulare Staat über Jahrzehnte den Forderungen der Religionsfirmen nachgibt, empfehle ich, im hpd noch einmal zurück zu blättern zum Interview mit Mina Ahadi am 19
Es ist doch ganz normales menschliches Verhalten: solange der eine ein Privileg hat, kommt auch der andere und schreit "Ich auch! Ich auch!" Da gibt es nur eine Lösung: grundsätzlich ALLE religiös begründeten Feiertage abschaffen! Die Lösung ist: KEINE Privilegien für Religionen oder Weltanschauungen!
Nun höre ich schon den Aufschrei der traditionsbewußten Bürger: " Ja, aber was ist mit Weihnachten? soll das etwa auch in's Wasser fallen?" Nein, natürlich nicht! Von mir aus können Sie drei mal im Jahr Weihnachten feiern. Das ist doch gar nicht das Thema hier. Es geht um staatlich bestimmte, bezahlte und freie Arbeitstage! Wer vom 24. bis 26. Dezember Weihnachten feiern möchte, der nimmt einfach Urlaub, wo ist das Problem?
Und damit Ihr Christen Euch leichteren Herzens von diesem Privileg trennen könnt, noch ein kleiner Hinweis: die von Euren Urvätern gewählte Zeit des Weihnachtsfestes findet zur Zeit der Wintersonnenwende statt, welche heute noch und seit tausenden von Jahren in Skandinavien als das JUL-Fest gefeiert wird. Und es ist nicht die einzige Tradition, welche vorausdenkende Kleriker von den Heiden übernommen haben.
Nachdenken hilft, Religion zu überwinden!
Rene Goeckel am Permanenter Link
Wir lassen sinnfreie Feiertage über uns ergehen und denken nicht daran, dass diese Kirche Millionen Menschen auf dem Gewissen hat.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
So schnell und so einfach wird das nicht gehen! Trotz der Abstimmung der "Schafe" (so Jesus) mit den Füßen sind die "Hirten" immer noch sehr mächtig. So sind z. B.
M am Permanenter Link
Frage mich, wie viel mehr wir uns eigentlich noch kastrieren können. Natürlich bevorzugen wir das Christentum, das ist doch ganz klar! Was wollen diese Leute? Chaos?
Ich trage mehr und mehr den Gedanken in mir, in die Kirche einzutreten und mich taufen zu lassen. Einfach aus Protest. Zusätzlich zum immer mehr leer erscheinenden Atheismus.