Bisher gab es in Mexikos Bundesstaaten unterschiedliche Gesetzgebungen zur Abtreibung. Verbot mit wenigen Ausnahmen in den einen Bundesstaaten, regulierte, aber entkriminalisierte Abtreibung in immer mehr anderen. Das oberste Gericht entschied nun, dass totale Abtreibungsverbote verfassungsfeindlich sind. Die Entscheidung wird von Menschenrechtsorganisationen begrüßt, während die Kirche sie kritisch sieht.
Anfang 2020 saßen noch 120 Frauen wegen Abtreibung im Gefängnis. Eine unhaltbare Situation nicht nur, weil regulierte Abtreibungen in einigen Bundesländern Mexikos bereits seit Jahren legal möglich sind, während andere sie unter Strafe stellen, sollte die Schwangerschaft nicht zum Beispiel das Leben der schwangeren Person gefährden oder Konsequenz einer Vergewaltigung sein. Auch das oberste Gericht, die Suprema Corte de Justicia de la Nación, hatte bereits im vergangenen Jahr die Kriminalisierung von Abtreibung als Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Hindernis bei der Gleichberechtigung dargestellt.
Mit der nicht einstimmigen Entscheidung vom 7. September nun hat das oberste Gericht totale Abtreibungsverbote als verfassungswidrig eingestuft. In seiner Erklärung hebt es Artikel 196 des Strafgesetzbuches des Bundesstaates Coahuila auf. Dieser sah Gefängnisstrafen für Frauen, die abtrieben, beziehungsweise diejenigen, die den Schwangerschaftsabbruch nach dem Willen der Frauen bei ihnen durchführten, vor. Das Verbot verletze das Recht von Frauen und schwangeren Personen.
Obwohl das oberste Gericht in seiner Erklärung auch die Schutzwürdigkeit des Fötus mit fortschreitender Schwangerschaft anführt, dürfe auch der Schutz der reproduktiven Rechte von Frauen und schwangeren Personen nicht missachtet werden. Ein totales Verbot sei also verfassungswidrig.
In die Entscheidung bezog das Gericht auch weitere Artikel wie 198 und 199 ein, die eine medizinisch betreute Abtreibung sowie einen straffreien Abbruch in Folge einer Vergewaltigung nach der 12. Woche verboten. Richtlinien für Regulierungen legte das oberste Gericht nicht fest. Die Entscheidung jedoch ist bindend für alle Richter*innen, sowohl auf bundes- als auch auf lokaler Ebene, die in Zukunft über Schwangerschaftsabbrüche urteilen müssen.
Wie um den historischen Charakter der Entscheidung zu unterstreichen und tatsächlich ein Augenmerk auf Menschenrechte zu setzen, hob das oberste Gericht Artikel 224, Absatz II auf. Dieser sah eine geringere Strafe für Vergewaltigungen vor, wenn sie unter Ehepaaren, Geliebten oder eingetragenen Partner*innen vorkamen. Das Gericht ordnete dies als Diskriminierung – besonders von Frauen – ein.
Menschenrechtsorganisationen und Feminist*innen feiern das Urteil, wird es doch einer Million illegalen und medizinisch nicht begleiteten Abtreibungen, von denen ein Drittel mit Komplikationen endete, ebenso ein Ende setzen wie der Verurteilung und Inhaftierung derer, die einen Abbruch benötigen oder ihn durchführen.
Die katholische Kirche dagegen kritisiert die Entscheidung. Sie lasse Frauen mit der Schwangerschaft und der Entscheidung darüber allein. Männer und Föten zählten nicht. Sie ruft Katholik*innen dazu auf, zusammenzuhalten, sich zu organisieren und ihren Kindern Respekt vor dem Leben beizubringen.
Eine weitere Gerichtsentscheidung, die erklärt, dass Staaten nicht definieren könnten, wann das menschliche Leben beginne und dass ein Fötus, auch wenn sein Schutz anerkannt sei, nicht dieselben Rechte haben könne wie bereits Geborene, lässt auf fortschrittliche Gesetzgebungen in Bezug auf reproduktive Rechte hoffen.
1 Kommentar
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
„Die katholische Kirche dagegen kritisiert die Entscheidung.“ Das klingt relativ harmlos. Die katholische Kirche, das ist aber vor allem der Papst. Und der zieht ganz andere Saiten auf.
„Zweites Problem, das der Abtreibung: Das ist mehr als ein Problem, es ist Mord. Wer abtreibt, der tötet, um es klar zu sagen. Nehmen Sie ein beliebiges Buch über Embryologie für Medizinstudenten. In der dritten Woche nach der Empfängnis sind bereits alle Organe vorhanden, die DNA... es ist ein menschliches Leben. Dieses menschliche Leben muss respektiert werden, dieser Grundsatz ist so klar! Dem, der das nicht verstehen kann, würde ich folgende Frage stellen: Ist es richtig, ein menschliches Leben zu töten, um ein Problem zu lösen? Ist es richtig, einen Killer anzuheuern, um ein menschliches Leben zu töten? Wissenschaftlich gesehen ist es ein menschliches Leben. Ist es richtig, es beiseitezuschaffen, um ein Problem zu lösen? Und darum ist die Kirche bei diesem Thema so hart, denn wenn sie (Abtreibung) akzeptieren würde, wäre es so, als würde sie das tägliche Morden akzeptieren. Ein Staatschef erzählte mir, dass der demografische Rückgang begann, weil in jenen Jahren ein so starkes Abtreibungsgesetz galt, dass sechs Millionen Abtreibungen vorgenommen wurden, was zu einem Rückgang der Geburten in der Gesellschaft dieses Landes führte.“
„Mord“, „Killer“, neben „Kindesmissbrauch“ die schlimmsten Vorwürfe, die man einem Menschen machen kann; und sie sind auch strafrechtlich relevant ! Bergoglio gebraucht, oder besser missbraucht, sie immer wieder.
Man wolle damit ja NUR ein Problem lösen. Man hört da raus, für wie wenig problematisch er die Situation der betroffenen Frauen hält. Alles eher ein Problemchen, das die Hirten mit ein wenig pastoraler Zuwendung leicht lösen können. Das siebte Kind, wo man die anderen sechs schon nicht richtig ernähren kann, ein behindertes Kind aus einer Vergewaltigung ? Ist doch gar nicht so schlimm, das ist doch keine Last, das stemmt man doch alles mit Gottes Hilfe wie die Lady Madonna im gleichnamigen Beatles-Song. Und außerdem, wenn man zum richtigen Zeitpunkt, den richtigen Selig oder Heilig zu sprechenden um Hilfe bittet, dann wirkt Gott ja auch schon mal ein Wunder *).
Auch das völkische Argument in Form des Schreckgespenstes „demografischer Rückgang“ ist ihm nicht zu schmutzig: Der Kaiser braucht Soldaten, die Kirche braucht Priester, Staatschefs brauchen Volk, um damit zu spielen. Was waren das noch für schöne Zeiten: als der erste Sohn den Hof übernahm, der zweite Soldat wurde, der dritte Priester, der vierte Mönch, die erste Tochter reich verheiratet wurde, die zweite ins Kloster ging und die anderen sehen konnten wo sie bleiben.
Man muss Herrn Laschet doch fragen dürfen, ja müssen, ob er zu diesem Thema mit dem Papst konform geht !!!
*) vor Kurzem wurde der deutsche Ordensgründer Pater Franziskus Jordan (1848-1918), Gründer der Salvatorianischen Gemeinschaften selig gesprochen.
Vaticannews: „Papst Franziskus anerkannte am 19. Juni 2020 ein Ereignis im brasilianischen Jundiai als für den Akt notwendiges Wunder: Ein dort lebendes junges Paar aus der Laien-Vereinigung der Salvatorianer wurde 2014 von mehreren Fachärzten darüber informiert, dass ihr noch ungeborenes Kind an Skelettdysplasie, einer unheilbaren Knochenerkrankung, leidet. Nachdem die Eltern zu Pater Jordan für ihr Kind beteten, kam es an dessen Todestag, 8. September, gesund zur Welt. Diese wunderbare Heilung sei von Gott auf die Fürsprache von Pater Jordan gewirkt worden, befand der Vatikan.“
Das perfide an diesem Wunder:
Wenn man daran glaubt, muss man es als blanken Zynismus dieses Gottes werten, der in homöopathischen Dosen Wunder wirkt nach dem Motto: ich kann ja wenn ich will, ich will aber nur, wenn die Salvatorianer den Pater Jordan darum bitten, und zwar für Eltern, die der von ihm gegründeten Gemeinschaft angehören.
Wenn man nicht daran glaubt, was sicher vernünftig ist, dann macht das den polnischen Frauen, die eine solche Diagnose erhalten, falsche Hoffnungen:
- Es kann ja immer noch eine Fehldiagnose sein (was verzweifelte Eltern vielleicht sowieso hoffen)
- Es kann ja eine Verwechslung der Krankenakten vorliegen (dann wird es für die Eltern, die auf ein gesundes Kind hofften, eine schreckliche Überraschung geben)
Jeder mag selbst entscheiden, welche der Alternativen ihm widerwärtiger ist, und welche er in diesem konkreten Fall für wahrscheinlicher hält.
Und auch das völkische Argument in Form des Schreckgespenstes „demografischer Rückgang“ ist ihm nicht zu schmutzig: Der Kaiser braucht Soldaten, die Kirche braucht Priester. Staatschefs brauchen Volk, um damit zu spielen. Was waren das noch für schöne Zeiten: als der erste Sohn den Hof übernahm, der zweite Soldat wurde, der dritte Priester, der vierte Mönch, die erste Tochter reich verheiratet wurde, die zweite ins Kloster ging und die anderen konnten sehen wo sie bleiben.
Man muss Herrn Laschet doch fragen dürfen, ja müssen, ob er zu diesem Thema mit dem Papst konform geht !!!problematisch er die Situation der betroffenen Frauen hält. Alles eher ein Problemchen, das die Hirten mit ein wenig pastoraler Zuwendung leicht lösen können. Das siebte Kind, wo man die anderen sechs nicht richtig ernähren kann, ein behindertes Kind aus einer Vergewaltigung ? Ist doch gar nicht so schlimm, das ist doch keine Last, das stemmt man doch alles mit Gottes Hilfe.
Und auch das völkische Argument in Form des Schreckgespenstes „demografischer Rückgang“ ist ihm nicht zu schmutzig: Der Kaiser braucht Soldaten, die Kirche braucht Priester. Staatschefs brauchen Volk, um damit zu spielen. Was waren das noch für schöne Zeiten: als der erste Sohn den Hof übernahm, der zweite Soldat wurde, der dritte Priester, der vierte Mönch, die erste Tochter reich verheiratet wurde, die zweite ins Kloster ging und die anderen konnten sehen wo sie bleiben.
Man muss Herrn Laschet doch fragen dürfen, ob er zu diesem Thema mit dem Papst konform geht !!!