Pakistan hat das kürzlich erlassene Verbot der radikal islamistischen Partei TLP (Tehrik-e-Labbaik Pakistan) aufgehoben. Nachdem diese im Herbst 2020 ihre Anhänger wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen zu gewaltsamen Protesten aufgerufen hatte, wurde sie von der Regierung zur terroristischen Vereinigung erklärt. In einem Kompromiss hat die Partei nun zugesagt, künftig von Gewaltaufrufen abzusehen, während die Regierung sogar eine ihrer Forderungen dem Parlament vorgelegt hat. Die Aufhebung des Verbots ist ein klares Signal, dass das Land weiterhin an seinem drakonischen Blasphemiegesetz festhält.
Die TLP hatte bereits im Vorfeld der Parlamentswahl 2018 für Aufsehen gesorgt, weil sie eine rigorose Anwendung des pakistanischen Gotteslästerungsverbots forderte. Das bedeutet: Konsequente Todesstrafe für "Beleidigung des Islam", wie sie erst kürzlich wieder im umstrittenen Urteil gegen die Schulrektorin Salma Tanvir verhängt wurde.
Im Herbst 2020 stiftete sie ihre Anhänger zu Unruhen an, ausgelöst durch die Wiederveröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo. In Frankreich kam es damals zu zu mehreren islamistischen Mordanschlägen, eines der Opfer war der Lehrer Samuel Paty, der die Karikaturen im Schulunterricht verwendet hatte. Nachdem der französische Staatschef Emmanuel Macron bei der Gedenkfeier für Paty angekündigt hatte, dass sein Land weiterhin für die Meinungsfreiheit einstehe, nahmen die Proteste in Pakistan zunehmend eine antifranzösische Stoßrichtung an.
Im April drohte Premierminister Imran Khan den westlichen Staaten mit einem Handelsboykott, falls diese weiterhin die Beleidigung des Propheten Mohammed erlauben.
Die Forderungen der TLP reichten jedoch noch erheblich weiter. Von der Regierung verlangte sie, die französische Botschaft zu schließen und den Botschafter auszuweisen. Um dies durchzusetzen, rief sie ihre Anhänger zu Gewaltaktionen auf und kündigte Ende Oktober einen Protestmarsch in die Hauptstadt Islamabad an. Die Regierung antwortete mit ambivalenten Signalen: Zwar stufte sie daraufhin die TLP als terroristische Vereinigung ein, gleichwohl machte sich Premierminister Khan die TLP-Forderung zu eigen, indem er sie im Parlament einbrachte.
Um die Regierung nun zur Aufhebung des Parteiverbots zu bewegen, bedurfte es offenbar nur minimaler Zugeständnisse seitens der TLP. Es genügte bereits ihr Versprechen, in Zukunft keine gewaltsamen Aktionen zu initiieren. Daraufhin entließ das Innenministerium über 1.000 Parteianhänger aus dem Gefängnis. Eine Freilassung des ebenfalls inhaftieren Parteichefs Saad Rizvi werde derzeit geprüft, heißt es.
Es muss davon ausgegangen werden, dass es der Regierung eher um die Befriedung von Unruhen geht als um etwa um die Abkehr von einem unmenschlichen Gesetz. Pakistan hält bis heute am rigorosen Blasphemieverbot fest, aller Kritik von Menschenrechtsgruppen zum Trotz. So weist etwa Amnesty International darauf hin, dass das Gesetz eine Verletzung der Menschenrechte darstellt und darüber hinaus als Vorwand für private Rachefeldzüge und die Verfolgung von weltanschaulichen Minderheiten diente.
Auch in Deutschland ist "Gotteslästerung" strafbar. Laut Paragraf 166 Strafgesetzbuch drohen dafür bis zu drei Jahre Haft.