Pakistan: Medienwächter verbieten "intime Szenen" in TV-Dramen

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Schluss mit Schund und Unzucht auf dem Fernsehbildschirm! Das fordert die pakistanische Medienbehörde PEMRA mit einer neuen Vorschrift, die tief in die Gestaltungsfreiheit der Programmgestalter eingreift. Doch ein privater TV-Sender hat Einspruch erhoben. Die Vorschrift sei "illegal" und stehe im Widerspruch zur geltenden Verordnung. Nun muss ein Gericht entscheiden.

Es sind weitreichende Verbote, die die PEMRA (Pakistan Electronic and Media Regulatory Authority) am 21. Oktober erlassen hat. Im Visier der Medienhüter: "anstößige Dramen/Inhalte, unsittliche Kleidung, Zärtlichkeiten, Bettszenen und Attitüden, sensible/kontroverse Handlungen und unnötig detaillierte Darstellung des Geschehens". Derartige Inhalte seien nach Ansicht der Behörde "in hohem Maß verstörend, für das Publikum beunruhigend und verstoßen gegen die allgemein anerkannten Anstandsregeln."

Die PEMRA beruft sich dabei auf angeblich unzählige Zuschauerbeschwerden. Ein "erheblicher Teil der Bevölkerung" in dem islamisch geprägten Land sei der Ansicht, dass die ausgestrahlten TV-Dramen die Gesellschaft nicht realitätsgetreu abbilden.

"In ausdrücklicher Missachtung der islamischen Lehre und der Kultur der pakistanischen Gesellschaft werden Umarmungen/Zärtlichkeiten/außereheliche Beziehungen, ordinäre/freizügige Kleidung, Bettszenen und Intimität zwischen Ehepartnern verherrlicht", hieß es in der Verordnung weiter.

Alle Fernsehsender, die in Pakistan über Satellit empfangen werden können, wies die Behörde an, "von der Ausstrahlung von Zärtlichkeits- und Umarmungsszenen in Dramen abzusehen, den Inhalt der Dramen im Rahmen einer innerbetrieblichen Kontrolle zu unterziehen und sie unter Berücksichtigung der oben genannten Vorbehalte und Bedenken der Zuschauer zu überarbeiten bzw. abzuändern".

Doch ob das Publikum in dem südasiatischen Land künftig auf leidenschaftliche TV-Szenen verzichten muss, wird das Oberste Gericht in der Stadt Lahore entscheiden. Kritiker attestieren den Verantwortlichen bei PEMRA eine "kranke Mentalität" und bezeichnen die neue Vorschrift als "diskriminierend". Vor allem verstoße sie gegen die Verfassung, da ihre Verabschiedung ohne vorherige Diskussion mit den Beteiligten erfolgt sei.

Mit bitterer Ironie kommentiert die pakistanische Menschenrechtsanwältin Reema Omer die Ereignisse auf Twitter:

"PEMRA hat endlich etwas richtig gemacht:

Intimität und Zuneigung zwischen Ehepaaren sind kein 'wahres Abbild der pakistanischen Gesellschaft' und dürfen nicht 'verherrlicht' werden.

Unsere 'Kultur' ist Kontrolle, Missbrauch und Gewalt, die wir eifersüchtig vor der Auferlegung solcher fremder Werte schützen müssen."

Weiter weist sie darauf hin, dass dies nicht der erste Eingriff der PEMRA ins Fernsehprogramm aus angeblich moralischen Gründen ist. Bereits 2019 hatte die Behörde eine Vorschrift gegen die "feministische", der traditionellen Geschlechterrolle widersprechenden Darstellung von Frauen in Fernsehdramen erlassen.

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