Die Ermordung des für seine Koran-Verbrennungen bekannt gewordenen Irakers Salwan Momika in der Nähe von Schwedens Hauptstadt Stockholm gibt der Polizei Rätsel auf. Nach der Tat am vergangenen Mittwochabend waren zunächst fünf Personen festgenommen worden, am Freitag aber mangels Tatverdachts wieder aus der U-Haft entlassen worden.
Momika, der mehrfach mit spektakulär inszenierten Koranverbrennungen international für Aufsehen gesorgt hatte und Schweden in eine diplomatische Krise brachte, wurde nach Medienberichten während eines seiner zahlreichen Videostreams auf Tiktok, in denen er gegen den Islam agitierte, erschossen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) schrieb über den Tatverlauf: "Im (schwedischen) Kanal TV4 berichtete eine Frau, dass sie im Stream sah, wie Momika zum Rauchen auf den Balkon ging. Dann sei ein Schuss gefallen, die Erde habe gebebt und das Handy, über das der Stream lief, sei umgefallen." Das Konto von Salwan Momika, so das RND, habe auf Tiktok rund 164.000 Follower. Der 38-Jährige habe bis zu seinem Tode jeden Tag für mehrere Stunden live gesendet.
Neben einem anderen Mann war Momika im Jahr 2023 für mehrere Koran-Verbrennungen in Schweden verantwortlich, die in mehreren muslimischen Ländern wütende Proteste ausgelöst hatten. Insbesondere im Irak, wo Demonstranten die schwedische Botschaft in Bagdad stürmten. Die Aktionen hatten auch verzögernde Auswirkungen auf den am Ende doch erfolgten Beitritt Schwedens zur NATO und spielten eine Rolle bei der schließlich aufgegebenen Verweigerungshaltung des türkischen Präsidenten Erdoğan in dieser Frage.
Bei der Suche nach den Tätern werden die schwedischen Ermittler nicht nur in Kreisen religiöser Fundamentalisten recherchieren, die auf Rache für die diversen Koranschändungen aus waren. Lohnenswert dürfte auch ein Blick auf die Vergangenheit des Tatopfers sein. Die Rechercheplattform France 24/The Observers hatte im Jahr 2023 geschrieben, Momika sei im April 2018 als Flüchtling nach Schweden eingereist. In Sozialen Netzwerken beschreibe er sich selbst als "Atheisten und aufgeklärten Politiker, Denker und Autor." Nach Bekanntwerden der Koran-Verbrennungen seien ältere Videos aufgetaucht, die Momika als führendes Mitglied einer christlichen Miliz innerhalb der sogenannten "Brigaden von Imam Ali" zeigen – einer Organisation, der Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden. Die "Imam Ali" soll eine mehrerer Brigaden sein, die mit Unterstützung Irans im Irak gegen den Islamischen Staat kämpfen. Momika soll im Zuge eines Machtkampfs innerhalb der bewaffneten Gruppen den Irak verlassen haben. Er habe seine Zugehörigkeit zu der Gruppe in einem Interview mit einer schwedischen Zeitung aber bestritten.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland schreibt weiter, die Regierung des Irak habe von Schweden die Auslieferung von Momika verlangt. Die irakische Stadt Kufa habe eine Belohnung von zwei Millionen Dollar und einen Koran aus zwei Kilogramm Gold für denjenigen ausgesetzt, der Momika tötet.
Salwan Momika selbst hatte seine Koran-Verbrennungen damit erklärt, er wolle die schwedische Bevölkerung vor den Botschaften des Koran schützen. Die schwedische Justiz hatte die Koran-Verbrennungen zwar unter Bezugnahme auf die Meinungsfreiheit nicht verboten, dennoch lief gegen Momika und einen weiteren Mann offenbar wegen anderer Taten ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung. Ein Urteil sollte am vergangenen Donnerstag verkündet werden – der Tag, an dem Momika seiner am Vorabend erlittenen Schussverletzung erlag.