Kommentar

Ein erster Erfolg in Sachen "Kükenschreddern"

STEISSLINGEN. (hpd) In Deutschland werden jedes Jahr zig Millionen männliche Eintagsküken direkt nach dem Schlüpfen vergast und geschreddert. Der Grund dafür ist, dass sie keine Eier legen können, aber auch nicht als Masthähnchen zu gebrauchen sind. Solche "Abfallprodukte" müssen folglich entsorgt werden.

Noch kein einziger Papst hat sich zu solchen und ähnlichen Vorgängen der alltäglichen Tierfolter geäußert, von einer "Tier-Enzyklika" ganz zu schweigen. Vermutlich ist es den Päpsten bis hin zu Franziskus egal, wie Menschen sich zu Lebewesen verhalten, die nach offizieller Lesart Gottes Geschöpfe sind. Haben wir wirklich keine Tränen für das Leid der Tiere?

Doch, wir haben sie. Im März letzten Jahres habe ich auf hpd einen Beitrag zum "Kükenschreddern" veröffentlicht. Mit sehr großer Resonanz an Kommentaren und Empfehlungen.

Ich habe gefragt: Soll es noch immer erlaubt sein, sich von dem Mitgefühl für die betroffenen Tiere zu distanzieren und durchgängige Apathien einzuüben? Zu den einschlägigen Mechanismen gehören ein Prozess, der Tieren ihre Individualität nimmt, sowie die parallel verlaufende Abstraktion von Tieren zu Gruppen. Und männliche Eintagsküken bilden nun einmal eine solche Gruppe.

Individualität? Ist diese nicht von einer Kirche bestritten worden, die Tieren ausdrücklich eine Seele abgesprochen hat? Blieb die “Seele” nicht für die so genannte Krone der Schöpfung, also für den Menschen reserviert?

Würden Menschen behandelt, wie sie Tiere behandeln, sähen sie vielleicht ein, was sie gedankenlos, rücksichtslos, gefühllos an diesen tun. Solange "tierisch" ein abwertendes Adjektiv ist und "menschlich" keines, wissen wir, was zu tun ist. Tiere haben das Recht, ihre spezifische Identität zu verwirklichen, ihr Leben zu leben, ganz sie selbst zu sein. Dieses Recht wird ihnen nicht von den Menschen gewährt. Nur versagt.

Bestimmte Küken dürfen also vergast und geschreddert werden? Nun ist wegen dieses Vorgehens erstmals Anklage erhoben worden. Wie Spiegel-online berichtet, will die Staatsanwaltschaft Münster eine Brüterei im münsterländischen Senden zur Verantwortung ziehen. Die Klage vor dem Landgericht Münster soll wegen der grundsätzlichen Bedeutung im Zweifel "bis zum Bundesgerichtshof" durchgefochten werden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Die Tierschutzorganisation Peta wertete die Anklageerhebung als großen Erfolg ihrer Proteste und sprach von einem "historischen Durchbruch in der tierschutzrechtlichen Debatte über die industrielle Tierproduktion". Ich meine, dieser Wertung können wir uns anschließen. Vielleicht gelingt es, einen alltäglichen Skandal ein für allemal aus der Welt zu schaffen.