BERLIN. (hpd) Gestern entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, dass Stefan Lanka, der 100.000 Euro für den Nachweis des Masern-Virus ausgelobt hatte, diese Summe nicht an den Mediziner David Bardens, der diesen Nachweis lieferte, auszahlen muss. Begründung: Bardens hätte zwar die Größe der Viren nachgewiesen, aber nicht deren Existenz.
Es ist kaum nachvollziehbar, welchen geistigen Kabolz der Richter schlug, um diese Entscheidung zu begründen. Weil in der Auslobung gefordert gewesen sei, dass eine Publikation vorgelegt werde, die die Existenz belegt und die Größe darstellt, Bardens aber beide Aspekte in verschiedenen eingereichten Publikationen dargestellt habe, müsse der Biologe und Virenleugner Lanka nicht zahlen.
Da wundert sich der Laie und der Fachmann schlägt sich vor den Kopf. Der Richter begründet also, dass der Nachweis der Größe eines Objekts nicht beweist, dass das Objekt selbst existiert. Darauf muss man erst einmal kommen! (Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.)
Im Vorverfahren hatte das Ravensburger Landgericht geurteilt, dass die von David Bardens vorgelegten wissenschaftlichen Fachartikel die Existenz des Masernvirus belegen. Damit bestätigte das Gericht die Bewertung eines unabhängigen Gutachters. Das gestrige Urteil des OLG Stuttgart hob dieses Urteil auf. Im Blog der GWUP schreibt Bernd Harder dazu: "Ganz wohl war dem OLG Stuttgart bei dieser Entscheidung anscheinend selbst nicht. An die zahlreichen Medienvertreter im Gerichtssaal appellierte [Richter] Oleschkewitz, 'mit Ihren Überschriften' zu dem heutigen Prozess 'sehr vorsichtig' zu sein. Denn keinesfalls sei es der Kammer angelegen, die Existenz des Masernvirus in Abrede zu stellen." Es sei rein formaljuristisch bewertet worden.
Harder gibt sich optimistisch, wenn er schreibt: damit "dürfte das Stuttgarter Urteil dazu beitragen, den Gestalt gewordenen Dunning-Kruger-Effekt nebst seinen Anhängern und ihre kruden Thesen weiter zu disqualifizieren. Denn dass der Arzt und Kläger Dr. David Bardens den Beweis für die Existenz des Masernvirus erbracht hat, war in beiden Verfahren vollkommen unstrittig." Das bleibt abzuwarten - eher ist zu erwarten, dass die Impfgegner sich ihren Teil aus dem Urteil picken und lauthals tönen werden, dass sie gewonnen haben und es die Masern nicht gibt.
Der Molekularbiologe Martin Moder schreibt in seinem Blog: "Jährlich gibt es weltweit über 100.000 Maserntote. Die meisten davon in Entwicklungsländern, aber vereinzelt auch bei uns. Selbst wenn man die Erkrankung überlebt, bleibt das Immunsystem noch 2–3 Jahre nach der Infektion geschwächt. Eine Impfung kostet rund 20 Euro, der Schutz nach der zweiten Impfung beträgt 98,9%. Die Masern sind eine Krankheit, die man durch ein konsequentes Impfprogramm ausrotten könnte. Faktenverweigerung kann Leben kosten."
Somit hat Richter Oleschkewitz der Wissenschaft und der Gesundheit einen Bärendienst erwiesen. Formaljuristisch möglicherweise korrekt; von der Signalwirkung her aber ein krasses Fehlurteil.
Siehe auch:
Erster Tag im "Masern-Prozess"
Impfmündigkeit statt Impfmüdigkeit
Virenleugner muss 100.000 Euro zahlen
20 Kommentare
Kommentare
Michael Fischer am Permanenter Link
"Formaljuristisch möglicherweise korrekt" - da würde mich die Begründung allerdings sehr interessieren.
"Ein, Eine" sind Zahlwörter. Will man die Sache also streng betrachten, müsste man sich m.E. an den mathematischen Definitionen orientieren. Aber dann hätte der Virenleugner Lanka nicht “eine Studie” fordern dürfen, sondern “GENAU eine Studie” fordern müssen.
"Eine" bedeutet in der Mathematik nämlich "mindestens eine". David Bardens hatte mit den sechs vorgelegten Studien also so gesehen alles richtig gemacht.
Guido W. Reichert am Permanenter Link
Das alles erscheint, so meine Lesart, doch auch möglicherweise mathematisch/logisch korrekt, da zwar die Zählweise in der Tat mindestens eine bedeutet, die Aufnahmebedingung in die Zählmenge aber eine Disjunktion (und
Ich bin aber schon auf die Urteilsbegründung gespannt, weil es angeblich dort heißt, die Studien erfüllten "kumulativ" die Anforderungen. Das aber ist interessant, weil die Vermessung der Größe eines bestimmten Objektes zwingend voraussetzt, dass es sich bei dem Objekt um das bezeichnete Virus handelt. Inseofern wurde entweder ein Masernvirus (damit existiert es) oder eben kein Masernvirus vermessen, die Studie wäre ungültig.
Es scheint ein wenig so, als habe das Gericht "die Logik der Forschung" nicht verstanden. Ein Existenzbeweis ist letztlich nie in zwingender Konsequenz möglich, weil am Ende die Simulationserklärung nicht widerlegbar ist. Das ist natürlich für "Normale" absurd und insofern müsste etwas als "vorläufig bewiesen" gelten, solange es nicht eindeutig widerlegt ist. Praktisch jede Studie beruht auf den Erkenntnissen anderer Studie und allgemeinen Axiomen" die nicht jedesmal neu zitiert werden müssten. Eine Beweisführung dürfte damit eigentlich immer kumulativ erfolgen.
Damit gilt m.E. dass eine Studie die behauptet, das Masernvirus zu vermessen und bspw. eine entsprechende Gundlagenstudie zitiert, solange sie nicht widerlegt ist, beide Aussagen belegt. Denn im Umkehrschluss genügt es, die Grundlagenstudie zu widelegen, um beide Studien zu entkräften. Für mich ist das die Logik der Forschung.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Dass Richter nicht über unabdingbare Fachkompetenz verfügen müssen, ist hinlänglich bekannt. Einen Dummheitausschluss sollte man allerdings erwarten.
Ein Amt schützt noch lange nicht vor Torheit.
Hans Trutnau am Permanenter Link
'Formal-Juristerei' in einem skurrilen, ja, grotesken Fall. Und jetzt auf zum BGH?
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Da ist auch formaljuristisch gar nichts korrekt. Ich bin selbst Jurist und der Meinung, dass hier die freie Beweiswürdigung durch den Richter zumindest in Richtung auf Rechtsbeugung überstrapaziert wurde.
Ich kann mir schon denken, was da abging. Der Richter hat das ganze für einen ärgerlichen Jux gehalten, der ihm nur die Zeit raubt. Da wollte er einfach demonstrieren, wie die heilige Justiz mit Juxfritzen und Störenfrieden umgeht.
Andreas Leber am Permanenter Link
Nachdem nun bereits "mehrere" Studien vogelegt wurden, sollte es nicht allzu schwierig sein, nochmals "eine" Studie vorzulegen, oder? Also auf, nochmal von vorn.
Stefan am Permanenter Link
Ganz einfache eine Meta-Studie der andere Studien erstellen
pavlovic am Permanenter Link
Darüber wundern sich nur die die sich nie mit der deutschen Justiz beschäftigt haben. Es tun sich Abgründe auf.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Ich habe eine andere juristische Begründung gelesen, die aber nicht minder abstrus ist:
Michael Fischer am Permanenter Link
Oh! Eine Auslobung ist also nicht bindend! Deshalb habe ich also eine Zeit lang immer diese Anrufe bekommen, wonach ich unter den Gewinnern wäre - dabei hatte ich gar nirgends mitgespielt!
Anne Broda am Permanenter Link
Wow, wie viele schlaue Leute hier doch ihre Fachkompetenz in der Sache, also dem wissenschaftlichen NACHWEIS des Masernvirus, zum Besten geben und sich am Formaljuritischen abarbeiten; Hut ab!
Ein Etwas, was man Virus nennen darf, ist nach wissenschaftlichen Maßstäben, die sind mal festgelegt worden, nur dann vorliegend, wenn verschiedene Parameter ZUSAMMEN an diesem Objekt bewiesen und nachgewiesen werden können - incl. Bild; nein nicht diese netten bunten Bildchen von Viren, die mittels DTP entstehen, sondern ein Rasterelekronenmikroskopbild.
Bardens konnte keine Publikation vorlegen, wo auch nur irgendjemand ALLE diese wissenschaftlich notwendigen Parameter vorweisen konnte. Stattdessen beruft sich einer auf den anderen, wie das gern im Journalismus (die Iraker haben heimliche Giftgasfabriken) und auch in der Wissenschaft (manchmal ist das auch sinnvoll) gemacht wird. Man kann sich aber erst auf etwas berufen, wenn es vollumfänglich, wissenschaftlich mit allen Parametern in einer Arbeit nachgewiesen wurde. Man kann nicht sagen, ah ja, ich habe die Masern gesehen, aber keinen Virus oder ich habe den Virus gesehen, aber keine Masern dazu - vereinfacht gesagt. Darum ging es letztendlich Lanka, zu beweisen, daß es einen VIRUS gibt, der Masern erzeugt und sich deshalb MAsernvirus nennen lassen darf.
Was diese körpereigenen Transportblasen eigentlich sind, dafür gabs vorletztes Jahr oder so den Nobelpreis. Dazu schreibt Lanka auch. Daß nun endlich bewiesen wäre, daß es sg Viren in dem schulmedizinischen Sinne nicht gäbe, sondern daß das körpereigene Eiweißstrukturen sind.
Man könnte auch sagen: Ein Virus ist ein Symptom (Reaktion) auf einen körperlichen Vorgang, aber nicht die Ursache der bezichtigten Krankheit.
Manfred am Permanenter Link
"Man könnte auch sagen: Ein Virus ist ein Symptom (Reaktion) auf einen körperlichen Vorgang, aber nicht die Ursache der bezichtigten Krankheit."
Das ist ja interessant! Können Sie das genauer erklären?
Was verstehen Sie denn genau unter einem "körperlichen Vorgang", bei welchem
der Körper zwangsläufig Viren produziert und er sich praktisch selbst schädigt?
Anne Broda am Permanenter Link
Das ist eben die Sichtweise, daß das Virus krank machen würde. Ich hätte noch "sg" Virus hinschreiben sollen, um das zu verdeutlichen.
Zur Info der vorgeblichen Virennachweise:
http://www.wissenschafftplus.de/uploads/article/Wissenschafftplus_Viren_entwirren.pdf
Manfred am Permanenter Link
Also ich hab ja immer noch mein uraltes Chemie-Schulbuch von 1970 zu Hause und da sind schon schwarz-weiß-Fotos von Bakteriophagen sogar aus dem Elektronenmikroskop drinnen.
Zur Zeit lese ich gerade "Virus" von Nathan Wolfe. Wen dieses tolle Buch interessiert: http://www.amazon.de/Virus-Wiederkehr-Seuchen-Nathan-Wolfe/dp/3498073761
Die suchen im Dschungel nach den ursprünglichen HIV-Stämmen und sind soweit, deren Stammbäume zu rekonstrieren!
Ich will sagen, das sind doch keine Vollidioten, die im Urwald einem Phantom nachjagen!
Lanka hat halt einfach eine Macke. Das ist nicht weiter schlimm, denn es laufen jede Menge Leute rum, die irgendeinen Tick haben und sich für Jesus oder sonst wen halten. Ob Rudolf Steiner oder Stefan Lanka - die Welt ist voll von irgendwelchen übersteigerten Exzentrikern.
Es gab mal einen Witzbold, der machte sich einen Jux und behauptete, daß es die Stadt Bielefeld überhaupt nicht gäbe. Mulmig wurde ihm erst, als es eines Tages an seiner Tür klingelte und der Besucher ihm erklärte, das mit Bielefeld habe er auch schon immer gewusst und er sei so froh, dass das jetzt endlich noch jemand bemerkt habe!
Dennis Riehle am Permanenter Link
Man muss zur Verteidigung des Juristen allerdings auch vorbringen, dass er in erster Linie darüber zu urteilen hatte, ob der Arzt nun seine 100 000 Euro bekommt.
Denn Oleschkewitz machte ebenso deutlich, dass der Mediziner unzählige Nachweise hätte erbringen können, die den überzeugten Impfgegner ohnehin nicht beeindruckt hätten. Da er aber bei einer Auslobung (und eben keiner Wette) die Spielregeln selbst bestimmen kann, obliegt ihm letztendlich auch, was er von dem ihm vorgelegten Beweis glauben mag - und ob er den Betrag auszahlt.
Natürlich ist das Urteil von Erbsenzählerei: Der Biologe wollte EINEN Nachweis, hat vom Mediziner aber SECHS Beweise erhalten - was der Richter schon dahingehend wertete, dass die "Spielbedingungen" nicht eingehalten wurden. Das zeigt, dass ein Gericht sich mit allerlei Ausrede müht, wenn es um die Beurteilung von wissenschaftlichen Belege zu gehen scheint. Und es sollte auch die Finger davon lassen, es ist nicht seine Aufgabe - und das Urteil hätte sich auch ohne jeden Bezug zum Virus begründen lassen.
Ich denke, wer sich in seiner Haltung über Masern von solch einem Urteil beeindrucken lässt - egal, in welche Richtung -, der hat es wirklich überbewertet.
Anne Broda am Permanenter Link
Und noch einmal: Bardens hat 6 (sechs!) Publikationen gebracht, wo in jeder ein bisschen drin war von den Anforderungen an einen wissenschaftlichen Nachweis.
Es ist doch einfach so: Ein Arzt, der sich herzlich wenig mit Grundlagenforschung auskennt, will einem ausgewiesenen Virologen - Dr. rer. nat. Lanka, der seine Doktorarbeit eben gerade auf die eigene Entdeckung eines Virus gemacht hat - erklären, wie man die Existenz eines Virus beweist und nachweist?! Da kann man nur sagen: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Und die sind sowieso ziemlich dünn.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Was ist lanka? Ein "ausgewiesener Virologe"? Er ist der Träger des Preises "Goldenes Brett vorm Kopf" 2015.
Paul am Permanenter Link
Kurios sage ich da nur. Wenn ich die Größe von etwas messen kann, ist das nicht einhergehend mit dem Nachweis der Existenz des gemessenen?
Corvus am Permanenter Link
Na auf anderen Seiten bekommt man da ein wenig mehr Infos, es geht darum, das der Na
Zumal BEIDE Gerichte bestätigt haben, dass der Nachweis erbracht sei, aber die Formalen Voraussetzungen unter denen das Ausschreiben stattgefunden hat, nicht erfüllt wurden.
Ich glaube damit hat man dem Herrn, das Gesicht wahren wollen.
Denkakustiker am Permanenter Link
Tja, die Denkakustik allein, auch visuell manifestiert, reicht eben nicht aus, um verstehen zu können. Das sollten hier mal alle bedenken, wenn ihre Denkakustik zum Selbstzweck wird.
Das nennt man dann im Volksmund "schnattern".
Also mein Befindlichkeits-Spektrum hat hier niemand zur Verstandswirkung gebracht, auch nicht alle zusammen und das ist sehr schade für meine hierzu aufgewendete Zeit.
Aber ein Richter sollte schon genau verstehen, worüber er hochamtlich entscheidet.
"formaljuristisch" was für ein Wort !
Ich brauche auch noch so ein Wort für all die Dinge, die ich noch nicht verstanden habe und das mich dann vor allen peinlichen Folgeerscheinungen entbinden könnte.
Sicher ist sicher :-)