Passt nicht ins politisch korrekte Schema

Unerwünschter Protest

BERLIN. (hpd) Die Kanzlerin sprach von “Hetze und Verleumdung”, Fraktionsführer Oppermann von “Nationalisten und Rassisten”, die Innenminister-Konferenz von “Nazis in Nadelstreifen”. Wenn es sich bei den Demonstranten nur um Leute mit Vorurteilen und nur eingebildeten Ängsten handelt, dann sollten sich diese Einstellungen leicht widerlegen und ausräumen lassen.

Bei einem relevanten Teil der Politiker und auch der Medien scheint mir aber eher Geringschätzung, fast Verachtung im Spiel zu sein für jene Teile der Bevölkerung, die der planlos erscheinenden Zuwanderungspolitik der Regierenden einfach nicht mehr trauen. Dabei dürfte auch wahr sein, dass sich Ärger und Wut der Demonstranten oft in völligen Überzeichnungen und verbalen Entgleisungen äußern. In der Aufgeregtheit über Pegida, die bei manchem Politiker bis zur Diffamierung geht – übrigens auch eine Form von Volksverhetzung –, ist es wiederum wohltuend, die abgewogenen und empirisch fundierten Worte zweier Wissenschaftler, die vor Ort leben, zu vernehmen.

Der Kommunikationswissenschaftler Professor Wolfgang Donsbach, TU Dresden, sagt u.a. in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel: “Nicht nur in Deutschland haben die Medien an Ansehen und Glaubwürdigkeit verloren. Wir haben inzwischen neben der Politikverdrossenheit auch eine Medienverdrossenheit. Deren Ursachen sind vielfältig, aber eine besteht sicherlich darin, dass es den Medien oft nicht gelingt und es auch nicht beabsichtigt ist, über die Themen zu berichten, die den Normalbürger interessieren. Der Normalbürger ist oft nicht so, wie ihn sich eine intellektuelle Elite wünscht. Ihn, seine Sorgen und Einstellungen dann aber aus der Berichterstattung auszugrenzen, ist auch kein Weg.”

Und an anderer Stelle des Interviews meint er: “Wir haben in Deutschland die Kultur einer verschärften Political Correctness, die es ungeheuer schwierig macht, Themen, die nicht dem Mainstream entsprechen, ergebnisoffen und ohne gleich die Keule einer illegitimen und unmoralischen Haltung zu diskutieren.”

Ein anderer anhörenswerter Vertreter, dessen Worte ebenfalls mehr wiegen als das – ja, auch populistische – Drauflosreden so mancher Politiker und Medienvertreter, ist der Politikwissenschaftler Professor Werner Patzelt, ebenfalls TU Dresden. In einem ARD-Interview sagte er u.a. Folgendes: “… die meisten (Teilnehmer) sind normale Leute, nicht mehr ganz jung, erwachsen, berufstätig, bis hin zu Rentnern. Unter diese mischen sich auch etliche stadtbekannte Neonazis, etliche Schläger eines ortsansässigen Fußballvereins. Aber nach polizeilichen Schätzungen sind das nicht mehr als vier bis fünf Hundert, das macht unter Tausenden wahrhaftig nur einen kleinen Teil aus. … Jene, die zu den Demonstrationen gehen, sind mit größter Wahrscheinlichkeit keine Anhänger der SPD, der GRÜNEN oder der LINKS-Partei. Es sind Leute, die politisch eher rechts von der Mitte stehen, bis zum rechten Rand hin, aber keine Rechtsradikale oder Rechtsextremisten sind, sondern enttäuscht davon sind, dass die politische Klasse sie nicht danach fragt, ob und wieweit sie Einwanderungsland sein wollen und welcher Art von Integrationspolitik vor Ort sinnvoll wäre. … Die Dresdner Pegida bemüht sich nach Kräften, sich von den ‘Hooligans-gegen-Salafismus’ abzugrenzen. Es gibt während der Demonstration auch immer wieder Aufrufe, besonnen zu sein, sich nicht provozieren zu lassen, kein schlechtes Bild abzugeben. Insofern will man etwas ganz Anderes sein, nämlich Ausdruck einer bürgerlichen Gesellschaft. … Was sich in Dresden abspielt, muss uns insofern beunruhigen, als wir hier die Spitze eines Eisbergs sehen. Es gibt eine große Lücke im öffentlichen Diskurs, nämlich darüber, wie weit wir eine Einwanderungsgesellschaft sein wollen, welche Art von Integrationspolitik nachhaltig funktionieren würde. Und in diese kommunikative Lücke hinein ist die Pegida-Bewegung gestoßen. Und weil sie eben nicht von rechtsradikalen Kräften wie die NPD geführt wird, hat sie auch ansehnlichen Zulauf gefunden.”

Die im Positionspapier von Pegida formulierten Grundsätze (siehe unter: www.pegida.de) würde wohl – von einigen wenigen Punkten abgesehen – fast jeder hier unterschreiben. Dort steht z.B. unter Punkt 1: “PEGIDA ist FÜR die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch und religiös Verfolgten. Das ist Menschenpflicht!” An anderer Stelle heißt es “PEGIDA ist … nicht gegen hier lebende, sich integrierende Muslime!” Nun klaffen bekanntlich Wort und Tat mitunter weit auseinander. Dennoch ist schwer vorstellbar, dass NPD-Kader und Rechtsextreme, die immer wieder als Drahtzieher und Unterstützer dieser Protestbewegung angesehen werden, solche ausländerfreundlichen Positionen formulieren und sich dazu bekennen würden. Selbst Spiegel-Online kann seine These von der rechtsextremen Ausrichtung von Pegida nicht mehr aufrechterhalten. (Siehe den Artikel “Rechtsextremisten in Dresden: Das Pegida-Dilemma der NPD” vom 22.12.14)

Jene Politiker, die mit bloß verächtlich machenden Beschimpfungen reagieren und die Teile der Bevölkerung, die mit Sorge auf die nicht zu leugnenden Probleme mit vielen in Deutschland ankommenden Flüchtlingen verweisen, nur als rechtsradikalen Sumpf betrachten, sollten sich sachkundig machen und sich an den Beobachtungen und Analysen ausgewiesener Fachleute orientieren. Diesen besorgten Bürgern geht es u.a. um abgelehnte, aber hier in großer Zahl verbleibende Asylbewerber oder “bloße” Wirtschaftsflüchtlinge ohne eigene existenzsichernde berufliche Qualifikationen, aber auch um die mangels Polizeikräfte nicht wirksam bekämpften flächendeckenden Wohnungseinbrüche durch ost- und südeuropäische Banden. Auch fordern diese Bürger zur Kenntnis zu nehmen und daraus politische Konsequenzen zu ziehen, dass es ganz ohne Zweifel ernsthafteste Probleme mit einem politisch agierenden Islam in Deutschland und in Europa gibt. Die diesbezüglichen Beobachtungen und sehr kritischen Äußerungen z.B. des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky, der sehr bemüht ist, Zuwanderer zu integrieren und dabei durchaus auch erfolgreich ist, einfach zu ignorieren, ist in ihren Augen politisch verantwortungslos. Die ernsthaft besorgten Bürger unter den Demonstranten wollen warnen vor Verhältnissen, wie sie in den großen Städten Südfrankreichs oder den Randbezirken von Paris herrschen, die nicht mehr lösbar erscheinen und zu einem gefährlichen Erstarken der Front Nationale geführt haben. In Großbritanniens Industriestädten und Teilen Londons haben sich ganz ähnliche Verhältnisse entwickelt.

Die meisten muslimischen Zuwanderer bringen eine Religion mit, die auf einem Gesellschaftsverständnis und einer Moral des 7. Jahrhunderts basiert und in der vorliegenden Form mit wesentlichen Elementen unserer Verfassung und unserer Vorstellung vom Leben in einer freien Gesellschaft nicht zusammenpasst. Ein sehr großer Teil der muslimischen Zuwanderer bleibt seinem Glauben verbunden. Er wird durch staatlich geförderten Islamunterricht und durch erzkonservative Prediger in ungezählten Moscheen weiter verbreitet und an deren Kinder weiter gegeben. Dabei soll ausdrücklich betont werden, dass in Deutschland selbstverständlich Glaubensfreiheit besteht. Das Problem besteht in einer Form der Religionsinterpretation und -ausübung, die mit unserer Verfassung kollidiert. Und das ist dann der Fall, wenn die Trennung Staat Religion abgelehnt wird und wesentliche Prinzipien wie unabhängige Justiz, Gleichheit der Geschlechter oder etwa Glaubensfreiheit(!) negiert werden. Das wohlwollende Hinwegsehen über diese Probleme durch die meisten unserer Politiker liegt in deren Hoffnung begründet, in dieser »befreundeten« Religion langfristig Unterstützung gegen Säkularisierung und Unglauben zu erhalten.

Besorgniserregend nicht nur in dieser Hinsicht ist die repräsentative Studie, die das Washingtoner Pew-Research-Center im April 2013 veröffentlichte. Danach wird in allen muslimisch geprägten Staaten mit Mehrheit u.a. die Scharia befürwortet (mit Steinigung z.B. bei Ehebruch; Auspeitschen z.B. bei Homosexualität; Amputation von Gliedmaßen bei Diebstahl), und auch das Entstehen eines Islamischen Staates wird grundsätzlich begrüßt.

Eine Beruhigung der politisch aufgewühlten Landschaft wird erst eintreten, wenn ein Einwanderungsgesetz in Kraft getreten ist, das die Kriterien für Asyl von Flüchtlingen und gewünschter Zuwanderung von Arbeitskräften eindeutig regelt und vorschreibt, wie mit abgelehnten Bewerbern zu verfahren ist. Dieses Einwanderungsgesetz sollte eindeutig festlegen, wie Integration zu fördern, was von Zuwanderern an Eigenleistung zu fordern und von ihnen an Bekenntnis zu unserer Grundordnung und Gesetzen definitiv zu verlangen ist. Um möglichen Missverständnissen und Vorwürfen vorzubeugen: Bürgerkriegsflüchtlinge und begründet hier Asylsuchende sollen hier Aufnahme finden. Ich bin persönlich bereit, dafür sogar höhere Steuern zu akzeptieren, das verlangt eine humanistische Einstellung zu Menschen in Not. Auch hier Arbeit suchende Zuwanderer sind willkommen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Ich verlange jedoch die vorbehaltlose Anerkennung wesentlicher Prinzipien unserer Verfassung und den grundsätzlichen Respekt vor unseren Gesetzen. Wer diese Forderungen nicht zu akzeptieren bereit ist, ist hier nicht willkommen und sollte sich ein anderes Land suchen.

Ebenso wichtig allerdings ist ein gründlicheres Nachdenken über die Ursachen der weltweiten Wanderungsbewegungen. Es dürfte einsichtig sein, dass die Probleme in erster Linie in den Herkunftsländern zu lösen sind, selbstverständlich auch mit unserer wirtschaftlichen Hilfe. Die Relation der Zahlen – allein eine Milliarde Menschen in Afrika (etwa 4 Mrd. in etwa 25 Jahren!) gegenüber 500 Millionen Europäern, von denen allenfalls die Hälfte der europäischen Länder in der Lage ist, Flüchtlinge in relevanten Größenordnungen aufzunehmen – macht deutlich, dass ein bloßes Weitermachen wie bisher gefährliche politische und soziale Verwerfungen auch in Europa zur Folge haben wird. Diese sollten nicht leichtfertig in Kauf genommen werden. Diese Befürchtungen sehe ich in der Mehrzahl der Pegida-Demonstranten als Motiv ihres Aufbegehrens, so einseitig, so unangemessen und so verquer so manche Äußerungen lauthals geäußert werden. Sich vor unerwünschten Schreihälsen und Trittbrettfahrern zu schützen, wird auf solchen Demonstrationen nie ganz gelingen.