Pressekonferenz zum 5. Weltjahrestag der Genitalen Selbstbestimmung

David gegen Goliath oder "Damit Du sauber bleibst"

Der Jahrestag des Kölner "Beschneidungsurteils" wird als "Welttag der Genitalen Selbstbestimmung" gefeiert und das aktuell im fünften Jahr. Entstanden ist seither ein internationales Bündnis, unterstützt von 44 Kinder-, Menschen- und Frauenrechtsorganisationen aus elf Ländern und fünf Kontinenten. Die Forderung ist, die Integrität der Kinder weltweit und unabhängig vom Geschlecht zu gewährleisten.

Es scheint, als werden die Bündnisse mit ihren Stimmen weiterhin ignoriert. Im Gegenteil zur Bündnis-Forderung werden Programme für Massenbeschneidungen an der männlichen afrikanischen Bevölkerung mit internationalen Geldern finanzierte zur angeblichen HIV-Prophylaxe durchgeführt. Unzählige Jungs werden dadurch sozusagen im Namen u. a. von USAID, UNICEF und WORLD BANK Opfer von Zwangsbeschneidung.

Alles nichts Neues? – Gerade dann ist Öffentlichkeit angesagt.

Im Haus der Bundespressekonferenz Berlin waren im Vorfeld des Welttags 2017 Kinderschützer und Kinder- und Jugendärzte zusammengekommen um das Schwerpunktthema vorzustellen: "Beschneidungsprogramme in Afrika verletzen Kinder- und Menschenrechte."

Auf dem Podium vertreten waren MOGIS e. V. – Eine Stimme für Betroffene mit Dr. Christian Bahls als Moderator der Konferenz, TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau, das V. M. M. C. Experience Project (USA/Kenia/Uganda), Aktion Regen Wien und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. für den Dr. Ulrich Fegeler sprach: "Die WHO, UNICEF u. a. rechtfertigen die Massenbeschneidungen afrikanischer Jungen und Männer mit Studien, die ein verringertes HIV-Ansteckungsrisiko behaupten. Die genannten Studien weisen erhebliche methodische Mängel auf. Will man wirklich HIV-Infektionen vermeiden, gibt es nur einen sicheren Schutz: Das Kondom. ... Eine Beschneidung erfüllt auf gar keinen Fall das Kriterium eines sicheren Schutzes vor einer HIV-Infektion. Sie ist keine Präventionsmaßnahme, insbesondere bei nicht einwilligungsfähigen Kindern ungeeignet und muss aus menschenrechtlichen Gesichtspunkten strikt abgelehnt werden."

Max Fish, Gründerin des VMMC-Experienceproject, das freiwillige, medizinische Männer-Beschneidungs-Erfahrungs Projekt.

Die Amerikanerin kommt "von der Quelle der Beschneidungsbefürworter" und greift mit ihrem Projekt den Namen das Programm auf, mit dem die Weltgesundheitsorganisation seit 2007 in Afrika zur freiwilligen medizinischen männliche Beschneidung und ebenso zur "frühzeitigen männlichen Säuglingsbeschneidung" aufruft und diese durchführt. Von 12 Millionen Beschneidungen/Amputationen durch Internationale Organisationen zur angeblichen AIDS-Bekämpfung wird hier gesprochen, u. a. von der Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert.

Die Recherche zum VMMC Experience Project beleuchtet zum ersten Mal die afrikanische Seite der Geschichte.

Die Non-Profit-Organisation von Max Fish gibt den von der amerikanischen Beschneidungskampagne betroffenen Afrikanern eine Stimme.

Prince Hillary Maloba, NGO aus Kenia/Uganda mit dem Rechercheprojekt VMMC Experience project. Maloba setzt sich mit den tatsächlichen Folgen der Beschneidung auseinander und beschreibt: "Voluntary Medical Male Circumcision ist ein terroristischer Akt. VMMC-Partner bieten Schulverwaltungen Geld dafür, kleinen Jungen zu sagen, dass sie, wenn sie beschnitten sind, niemals HIV bekommen werden und dass AIDS nur unbeschnittene Menschen tötet. Die Jungs bekommen Süßigkeiten, manchmal Spielzeug oder Geld. Dann werden sie in Lastwagen zu den umliegenden medizinischen Zentren gebracht, beschnitten und anschließend in ihre Region zurückgefahren."

Eine weitere medizinische Nachsorge findet nicht statt. Er habe mit zahlreichen Eltern gesprochen, die ihre Söhne beschnitten vorfanden, ohne eine Zustimmung gegeben zu haben oder jemals informiert worden zu sein.

Kennedy Owino Odhiamb aus Kenia steht mit seiner Organisation "Intact Kenya" für Aufklärung medizinischer Fakten und menschenrechtliche Aspekte: "Wir benötigen Unterstützung um Kinder zu schützen und Eltern zu informieren.

Die Programme die hier eingreifen sind einseitig und werden überall durchgeführt, auch in Regionen, in denen es keine traditionelle Vorhautamputationen gibt. Die Programme missachten unsere Kultur." Odhiamb berichtet, Intact Kenya hat es erreicht, dass sich zwei Schulen der Rekrutierung von Jungen zur Vorhautamputation verweigerten.

Dr. Jutta Reisinger, Aktion Regen Wien, als Ärztin im Einsatz wurde sie in Kenia unvermittelt mit den Auswirkungen der Beschneidungsprogramme konfrontiert und Zeugin als Jungen aus Schulen in die medizinische Zentren und dort in abseits gelegene Pavillons gebracht wurden . "Sie (Anm. die Jungs) wurden beschimpft, als sie nach Hause wollten, ohne sich dem Eingriff zu stellen. Teilweise wurde Gewalt angewandt. Mir entgegneten man (Anm. das zuständige Personal), dass die westlichen Gelder flössen und nun Ergebnisse erzielt werden müssten." Dr. Reisinger: "Wie kann man von Männern verantwortungsvolles Sexualverhalten erwarten, wenn man sie von klein auf an ihren Genital verletzt und ihnen auch noch Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten verspricht?"

Dr. Idah Nabateregga, TERRE DES FEMMES-Fachreferentin gegen weibliche Genitalverstümmelung: "Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und das freie Leben der Frauen und Mädchen überall auf der Welt ist die Forderung. Terre des Femmes trägt zum Schutz vor jeglicher Genitalverstümmelung (u. a.) durch internationale Vernetzungen, gezielte Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit, persönliche Beratungen, Förderung von Partnerprojekten im Ausland bei. „Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschen- und Kinderrechtsverletzung. die Praktik stellt einen Verstoß gegen das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit dar. Jeder und jede ist verantwortlich für einen wirksamen Schutz aller Kinder."