In evangelischer Jugendhilfe-Einrichtung in Aachen wurden Kinder misshandelt

Misshandlung von autistischen Kindern vor Gericht

Wenn es um Kindermisshandlung geht, ist das alleine schon ein ziemlich heftiges Vergehen. In Aachen wird dieser Tage jedoch ein Urteil erwartet, indem es um die jahrelange Misshandlung und Nötigung autistischer Kinder im Alter von neun bis 15 Jahren geht. In dem seit inzwischen neun Jahren andauernden Prozess wird noch in dieser Woche ein Urteil erwartet.

Nach Angaben der Aachener Zeitung drohen der angeklagten Gruppenleiterin und ihrem Ehemann, der sich als Komplize mitschuldig gemacht hat, sowie einer 43-jährigen angestellten Betreuerin mehrjährige Haftstrafen. Die Kinder wurden nicht nur stundenlang gefesselt, sondern die Angeklagten setzten sich "als Strafe" auf sie. Es soll den Kindern die Essensaufnahme verweigert worden sein, so dass sie Unkraut essen mussten und mit um ihre Köpfe gewickelten Handtüchern soll ihnen die Luft abgeschnürt worden sein.

Da die Peiniger offenbar so viel Spaß dabei hatten, dass sie ihre Quälereien und Foltermaßnahmen auf Video aufzeichneten, drohen ihnen jetzt mehrjährige Haftstrafen und Berufsverbot: Die Staatsanwaltschaft fordert für die Gruppenleiterin vier Jahre und ein anschließendes fünfjähriges Berufsverbot, für den Ehemann eine zweijährige Haftstrafe, mit anschließendem Berufsverbot und für die mit angeklagte Betreuerin eine ein Jahr und 10 Monate andauernde Haftstrafe mit anschließendem Berufsverbot.

Bereits im Dezember letzten Jahres berichtete die Aachener Zeitung, dass sich "zwei weitere ehemalige Angeklagte (…) gegen Zahlung von 6.000 beziehungsweise 15.000 Euro für gemeinnützige Zwecke" freigekauft haben. Die Vorsitzende Richterin Karin Michalek kündigte zu dem Zeitpunkt aber bereits an, dass es in mindestens zwei Fällen zu Haftstrafen und Berufsverboten kommen wird, denn "der 44-jährigen Wohngruppenleiterin wird Misshandlung Schutzbefohlener, Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen. Bis 2008 sollen in ihrer Wohngruppe fünf autistische Jugendliche über zwei Jahre lang gequält worden sein. Die Angeklagte hatte ihr Vorgehen mit Therapieerfolgen gerechtfertigt und behauptet, alles sei mit dem Erfinder der Therapieform abgesprochen gewesen. Doch der hatte dies im Prozess als Zeuge bestritten. Er habe nicht gewusst, dass die Kinder gegen ihren Willen stundenlang fixiert worden seien und tagelang kein Essen bekamen", so die Richterin.

Die sogenannte Therapiesitzung gegen die insgesamt fünf gequälten Kinder- und Jugendlichen wurde in über 200 Stunden Videomaterial aufgezeichnet. Bekannt wurde der Misshandlungsskandal 2010.

Die Einrichtung Educon, eine Tochter der evangelischen Graf-Recke-Stiftung, wurde inzwischen aufgelöst und in die Stiftung integriert, berichtete die Aachener Zeitung weiter.