Die Pressekonferenz ist kaum beendet, bei der Anwalt Ulrich Weber den Abschlussbericht zu den Missbrauchsfällen bei den "Regensburger Domspatzen" vorstellte, als die Täter schon mit dem Finger auf andere zeigen. Das macht sprachlos und wütend.
Der ohrfeigende Ex-Papst-Bruder Ratzinger hält die Aufklärung der Missbrauchsfälle für "Irrsinn". Dem Bayrischen Rundfunk sagte Ratzinger: "Diese Kampagne ist für mich ein Irrsinn. Es ist einfach Irrsinn, wie man über 40 Jahre hinweg überprüfen will, wie viele Ohrfeigen bei uns verteilt worden sind, so wie in anderen Einrichtungen auch." Der ehemalige Leiter der "Domspatzen" nennt es "Kampagne", wenn das hundertfache Leid von missbrauchten, geschlagenen und gequälten Menschen untersucht wird? Er wagt es tatsächlich, die Opfer nachträglich zu verhöhnen?
Ihm kann ja nichts mehr geschehen, seine Ohrfeigen sind längst verjährt. Die Opfer hingegen haben jahrzehntelang gelitten und für die Anerkennung der Schäden gekämpft und werden von Ratzinger noch einmal verbal geprügelt. Scham und Schande über den alten Mann!
Und – wie kann es anders sein – nimmt er nicht reumütig hin, dass die katholische Kirche jahrzehntelang gegen Recht und Gesetz verstieß; er zeigt mit zitterndem Finger auf "die Anderen".
In die gleiche, widerliche Kerbe schlägt Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der frisch abgesetzte Inquisitor der katholische Kirche. "Es ist offensichtlich, dass die katholische Kirche bei dem Thema härter angegangen wird, dass Priester a priori verdächtigt werden." Dass es dafür Gründe gibt, ist dem Herren Kardinal vermutlich entgangen.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig hatte zuvor eine Entschuldigung von Müller gefordert, da dieser die Aufklärung der Missbrauchsfälle verzögert habe. Auch Anwalt Ulrich Weber sagte bei der Vorstellung des Abschlussberichts, dass Müller die schleppende Aufklärung zu verantworten habe. Doch Müller wäre nicht Müller, wenn er irgendetwas zugeben würde. Für ihn "gibt (es) keine Basis für die Anschuldigungen, ich hätte die Aufarbeitung verschleppt, das Gegenteil ist der Fall."
Tatsächlich wurde 2010 unter dem damaligen Regensburger Bischof Müller die Aufarbeitung in die Wege geleitet. Allerdings wurde dabei weder mit den Opfern der Dialog gesucht noch die Aufarbeitung als besonders dringend angesehen. Das wurde sie erst auf öffentlichen Druck hin.
Um dem ganzen die Krone aufzusetzen verlangt Kardinal Müller, dass sich der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und auch Anwalt Weber bei ihm entschuldigen. Schließlich habe er alles richtig gemacht und Röring und Weber sind Schuld, wenn man ihn jetzt als Mittäter sehe.
Bei soviel Dreistigkeit kann man nur an Max Liebermann erinnern…
26 Kommentare
Kommentare
Sven am Permanenter Link
die seelischen Schäden an den Kindern verjähren nicht, aber die Juristischen Strafen der Täter schon. wer macht denn die Gesetzte, oder muss diese so machen. wer hat denn da das sagen...
Paul am Permanenter Link
Warum bei solchen Schandtaten eine Verjährung greift, erschließt sich mir nicht sofort, man könnte vermuten, das solche Gesetzgebung in Bezug auf die Kirchen schon aus weißer Voraussicht geschehen sind.
Wolfgang am Permanenter Link
Wenn ein Kind daheim erzählt hat, der "Pfarrer" hat mich da unten angefasst, gab es eine Ohrfeige. "Sowas sagt man nicht von einem Pfarrer!"
Und übrigens, über "Sex" spricht man in der Kirche nicht, iggittigitt!
Und es wird immer noch geglaubt, es gibt einen "oben" der über alles wacht? Christenwahn.
Kay Krause am Permanenter Link
Jeder, der wissen will, kann wissen! Es ist genügend berichtet worden in den vergangenen Jahren, selbst die konservative und kirchentreue Zeitung mit den vielen BILDern hat vor diesem Thema nicht halt gemacht.
Wiegesagt: unbegreiflich!
In diesem Zusammenhang darf ich zum wiederholtenmale auf Herrn Wolfgang Sellinger in Eichstätt aufmerksam machen. Er betreibt neben seiner kirchenkritischen Ausstellung ein "Kirchenaustritts-Büro und übernimmt im Bedarfsfall die Kosten für den Austritt!
Andreas am Permanenter Link
"In die gleiche, widerliche Kerbe schlägt Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der frisch abgesetzte Inquisitor der katholische Kirche."
da hat der – bei hpd – vielgescholtene Papst Franziskus doch die richtige Entscheidung getroffen, oder?
Müller tritt natürlich nach: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kardinal-mueller-ueber-missbrauch-seine-entlassung-und-papst-franziskus-a-1158621.html
Thomas Göring am Permanenter Link
Auch für die Betrachtung der Handlungen Franziskus' gilt eben nicht entweder nur "schwarz" oder nur "weiß", sondern bisweilen in der Tat auch beides zugleich.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Wer ein anderes Verhalten seitens des Klerus erwartet hat, lebt im Traumland der Fantasten. Verklagt man diese Leute bei der Großmutter ihres (nicht existenten) Teufels. so wird man niemals Recht bekommen.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Wütend aber nicht sprachlos
- sie reklamieren die Fehlbarkeit „normaler Menschen“ wenn sie erwischt werden, protzen aber mit ihrer „Berufung durch Gott“ und mit dem „Charisma der Wahrheit“, das sie in ihren Weihen empfangen haben wollen, mit der Anleitung durch den „Heiligen Geist“, ihren „Heiligen Schriften“ und was der esoterischen Pfauenfedern mehr sind, wenn sie sich als Tugendwächter in die Gesetzgebung, die Bildungspolitik – ibs. des Sexualkundeunterrichts - und andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einmischen. Der moralische Anspruch der Kirchen sollte ihnen eigentlich den Vergleich mit Sportvereinen von selbst verbieten.
- es ist auch ein gestörtes Verhältnis zu statistischen Zahlen festzustellen: um den Atheismus zu verdammen, braucht es nur wenige Beispiele – wobei notfalls auch kontrafaktisch zum Atheisten erklärt wird, wer immer Dreck am Stecken hat - die Verbrechen der Kirchenmänner aber sind immer Einzelfälle oder dem Zeitgeist – nicht dem „Heiligen Geist“; oder sind die beiden etwa identisch ? - geschuldet.
- in dem Verweis auf die Verjährung manifestiert sich ein Gefühl des Triumphs über die jahrzehntelange gelungene Vertuschung. Diese gelungene Vertuschung rechtfertigt aber gerade ein erhöhtes Misstrauen gegenüber diesen Institutionen.
- geradezu unverfroren nenne ich die Angriffe gegen die „Ehe für alle“ von Seiten der rkK, vorgetragen z.B. von Kardinal Marx, die sich im Kern vor allem gegen das Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren richtet. Unterstellt das doch, dass Kinder in katholischen Heimen in besseren Händen seien als bei einem homosexellen Paar, dessen Zuverässigkeit schließlich genau so gut geprüft werden kann, wie die eines heterosexuellen Paares.
Dieter Bauer am Permanenter Link
zu: Man erwartet ja von Theologen und Kirchenmänner keine Spitzenleistungen logischen Denkens...
Hans Trutnau am Permanenter Link
Dieser Ratzinger ist noch einen Zahn schärfer (bigotter) als die Drei-M-Gang.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Und solche Leute behaupten, dass ein Leben ohne Religion und Gott zwangsläufig mangels moralischer Fixpunkte in den Abgrund führen müsse...
Paul am Permanenter Link
Warum die Aufregung, das Hauptbuch der Erziehung kennt Ratzinger doch auswendig und da steht irgendwo: (Sprüche 13,24): "Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn beize
Jürgen Bent am Permanenter Link
In diesem Zusammenhang kann ich nur bestätigen, Zitat : Ich kann nicht soviel Fressen wie ich kotzen möchte.
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Moin,
„Die Heuchelei gehört bis heute zu den widerlichsten, doch wesentlichen
Charakterzügen des Christentums!“ formulierte einst Karlheinz Deschner.
Kinder unter 15 Jahren gehören in keine Kirchenobhut.
Christen prügeln ihre Kinder aus „Liebe“ und „christlicher Verantwortung!
Perverser können Christen ihre Christen- Liebe nicht leben.
In der Bibel sind für die Christen einschlägige Handlungsanweisungen bei Fehlverhalten von Söhnen veröffentlicht.
Die prügelnden Kirchenführer können sich jederzeit auf ihr „Gottes Wort“ berufen.
Mehr dazu unter :
http://www.reimbibel.de/1.htm
http://www.bibelzitate.de/gbz.html
Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, dass Kirchenvereine
als Körperschaften des öffentlichen Rechtes im Bereich der Kinder- und
Jugendbetreuung tätig sein dürfen und dort ihre Missbrauchsgelüste
immer noch ausleben dürfen!
Dieser Sozialbereich gehört von den Politikern in andere kompetentere Hände übertragen!
Unsere Sozialpolitiker schlafen seit Jahrzehnten!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Wolfgang am Permanenter Link
Das gehört selbstverständlich alles zu einer christlichen Erziehung, Schläge und Missbrauch haben schließlich christliche Werte! Und das gehörte selbstverständlich dazu und daran gibt es nichts zu kritisieren!!
wahres und erlebtes Christentum! Danke.
Thomas Göring am Permanenter Link
einfach gruselig!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Vielleicht hat Kardinal Müller ja recht, und er hat wirklich alles richtig gemacht und nichts verzögert. Kann ja sein.
Nur: Das ist im Vergleich zu den Demütigungen und teilweise sogar Verbrechen an den Kindern völlig nebensächlich.
Alle damals und heute betroffenen Kirchenvertreter tun gut daran, Reue zu zeigen und sich nicht um den eigenen guten Ruf zu kümmern. Der ist vergleichsweise egal.
Alle Menschen, die pädagogisch tätig sind, sind durch diese und ähnliche Fälle aufgerufen daran mitzuarbeiten, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Egal in welcher Einrichtung.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Vielleicht hat Kardinal Müller ja recht..."
WIE BITTE?
Haben sie den Artikel überhaupt gelesen und bemerkt, dass es hauptsächlich um Ratzinger geht?
Weil Sie da Mitglied sind und das Nest nicht beschmutzen möchten?
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Ich habe den Artikel soeben noch einmal gelesen.
Im ersten Absatz (Fettdruck) kommen weder Ratzinger noch Müller vor.
In den nächsten drei Absätzen geht es um Ratzinger.
In den nächsten vier Absätzen geht es um Müller, nicht mehr um Ratzinger.
Wie man meinen Kommentar als Schönreden der Kirche interpretieren kann, weiß ich nicht. Aber sicherheitshalber nochmal:
Kirchenmänner haben Verbrechen begangen.
Kardinäle sollen im Namen der Kirche Reue zeigen.
Sie sollen sich mit Aufarbeitung, Schadensbegrenzung und Prävention zukünftiger Verbrechen (das gehört alles zur Reue dazu) beschäftigen statt mit ihrem guten Ruf.
Ist vda etwas schöngeredet?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Was meinen Sie mit "vda"?
Und vor allem mit dem angeblich "guten Ruf"?
Vgl. den nachfolgenden Kommentar von B. Kammermeier.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Herr Trutnau!
Denken Sie sich bitte das "v" von "vda" weg.
Und ich habe nicht genauer definiert, ob Kardinäle davon Abstand nehmen sollen, ihren guten Ruf zu erhalten oder ihn erst herzustellen.
Ich weiß übrigens von Kardinälen mit sehr gutem Ruf und von solchen mit, naja, weniger gutem Ruf.
Deshalb hat auch Herr Kammermeier korrekt von MANCHEM Kirchenvertreter geschrieben.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"... Kirchenvertreter tun gut daran, Reue zu zeigen ..."
Erschallt dann auch aus der Nachbarkabine im Beichtstuhl: "Sammeln Sie auch Reuepunkte?" Da hätte mancher Kirchenvertreter ganze Alben voll davon...
Thomas Göring am Permanenter Link
"Reuepunkte"! Dass da noch keine Werbeagentur drauf gekommen ist :-)
Rene Goecke am Permanenter Link
Das gute daran ist, dank Müller, dass das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ich habe heute eine angeregte Unterhaltung mitbekommen. Beim Getränkehändler.
Wolfgang am Permanenter Link
Die Schweine werden ausgetauscht, der Saustall bleibt der gleiche.
Kurt Tucholsky
Frickelmann am Permanenter Link
Man zieht hier die Zeitgeistkarte, um zu sagen, dass es damals andere Wertemaßstäbe waren und verurteilt dann moderne gesellschaftliche Werte wie sexuelle Selbstbestimmung (inkl.
Dieses selbstgerechte Verhalten, nach dem Prinzip „Angriff ist die beste Verteidigung“, indem man sich sogar erdreistet die Opfer anzuklagen, muss für Missbrauchsopfer wie ein Aufguss dieser Verbrechen wirken. Es macht mich auf der einen Seite wütend, aber im Hinblick auf die Opfer auch betroffen und traurig. Ich konnte erleben wie die Schäden eines Opfers wieder durch ein selbstgerechtes Verhalten eines Richters aufgebrochen sind und wie ein intelligenter Mann für ein paar Wochen durch eine emotionale Hölle gehen musste. Er konnte keinen stotterfreien Satz mehr sprechen – teilweise so schlimm, dass ich ihn nicht richtig verstehen konnte.
Dass so ein Prozess auch noch aus öffentlichen Steuergeldern bezahlt wird, finde ich schlicht einen nicht hinnehmbaren Missstand.