Ende Juli 2017 veröffentlichten die Kirchen ihre Mitgliederbilanz für das Jahr 2016. Um eine halbe Million Menschen verringerte sich die Zahl der evangelischen und katholischen Christen in Deutschland.
Schon mit der Veröffentlichung der Zahlen gaben sich die Kirchen und etliche ihrer christlichen Medienvertreter große Mühe, die Ursachen des Rückgangs zu verschleiern und von einem Ende der Austrittswelle zu sprechen. In der Pressemitteilung der EKD wurde vom "weitgehend stabilen" kirchlichen Leben gesprochen und einer ihrer medialen Schreiber, Benjamin Lassive, vertrat die Auffassung, die Kirchen seien "auf dem Weg zu einer Trendwende" (Weser-Kurier 22.7.2017), denn schließlich seien die Zahlen der Austritte gegenüber dem Vorjahr beider Kirchen um jeweils 20.000 gesunken. Die EKD ließ verlauten, dass erstmals seit drei Jahren mehr Menschen getauft wurden und in die Kirche eintraten als solche, die ihren Austritt erklärten.
Ein Blick in die langjährigen Statistiken zeigt etwas Anderes. In den Jahren 2000 bis 2009 traten durchschnittlich pro Jahr 264.000 Menschen aus den beiden eng mit dem Staat verflochtenen Kirchen aus. Dies entsprach einer Austrittsquote von durchschnittlich 0,5 Prozent in diesen 10 Jahren. So lag der Spitzenwert bei 318.000 Austritten im Jahr 2000 und die geringste Austrittszahl lag bei 205.000 im Jahre 2006. Zwar sind die Austritte in 2016 unter denen von 2014 und 2015, diese waren jedoch einsame Spitzenwerte in den letzten 20 Jahren, geschuldet der Einführung des automatisierten Kirchensteuereinzugs auf
Kapitalerträge durch die Banken. 2014 und 2015 waren dementsprechend Ausnahmesituationen.
Als längerfristiger vergleichbarer Trend sollte jedoch die Zeitperiode von vor 2014 herangezogen werden. Mit diesen Zahlen verglichen, sind die Angaben aus 2016 für die Kirchen ein katastrophales Ergebnis. 352.000 Austritte im Jahre 2016 liegen deutlich über dem langjährigen Trend. Die Austrittsquote liegt für beide Kirchen bei 0,76 Prozent ihrer Mitglieder. Den Austritten standen lediglich 31.000 Eintritte von Erwachsenen Personen gegenüber. Der bewusste Abschied von bzw. Zugang zu den Kirchen führte zu einem Verlust von circa 320.000 Personen.
Ein Blick in die Mitteilungsblätter der örtlichen Kirchengemeinden verdeutlicht ein weiteres Dilemma. Nur wenigen Taufen steht eine sehr hohe Zahl kirchliche Bestattungen gegenüber. Bundesweit verzeichneten die Kirchen 580.000 Sterbefälle aus ihrer Mitgliedschaft. Getauft wurden jedoch lediglich 352.000 Menschen. Dieser "demographische Mitgliederverlust" beläuft sich auf circa 228.000 Personen.
Ein Vergleich der Verlustursachen macht deutlich: Anders als die Kirchen behaupten, gehen circa zwei Drittel der Mitgliederverluste des Jahres 2016 und davor auf bewusste Entscheidungen von Menschen zurück, die mit Gottesglauben und Kirchen nichts mehr anfangen können. Die von den Kirchenmedien beschworene Abnahme der Mitgliedschaft wegen Überalterung der Gesellschaft ist nur vorgeschoben. Allein die katholische Kirche profitiert von der Zuwanderung aus katholisch geprägten Ländern.
Ein Blick auf einige westdeutsche Großstädte, die der Entwicklung in den Flächenländern ca. 5 bis 10 Jahre voraus sind, lässt auf Sonntags ausschlafen statt Kirchenglockengebimmel hoffen. Bereits Ende 2015 lag die Kirchenquote in den Städten Hamburg (38 Prozent), München (45 Prozent) Hannover (45 Prozent), Frankfurt (40 Prozent), Berlin (27 Prozent), Stuttgart (49 Prozent) und Bremen (45 Prozent) unter der Hälfte der jeweiligen Bevölkerung. In diesen Städten liegt die Quote der getauften Kinder zwischen 15 und 25 Prozent der Neugeborenen. Insbesondere die evangelische Kirche reagiert in einigen Gliederungen mit zum Teil panischen Bemühungen die aktive Missionierung auszuweiten. Der Pastor zur regelmäßigen Bibelstunde im evangelischen Kindergarten ist auf dem Vormarsch.
14 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Schon mit der Veröffentlichung der Zahlen gaben sich die Kirchen und etliche ihrer christlichen Medienvertreter große Mühe, [...] von einem Ende der Austrittswelle zu sprechen."
Richtig! Ich oute mich hier mal als Prophet: Wenn der oder die Letzte aus der Kirche ausgetreten ist, wenn der oder die Letzte getauft wurde und wenn der oder die letzte Gläubige gestorben ist, endet die Austrittswelle. Wetten?
Kay Krause am Permanenter Link
Nicht vergessen, das Licht auszumachen!
Sven am Permanenter Link
dann hoffe ich mal das es Eltern gibt die die Pfaffen aus dem Kindergarten vertreiben
U.-C. Arnold am Permanenter Link
Nicht nur aus den Kindergärten, sondern auch aus den Krankenhäusern.
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Moin, Sven,
wer blinden Glauben (und echter Glaube ist immer blind) erzeugen will,
muss schon an die Kinder ran, egal ob es eine politische oder religiöse "frohe
Botschaft" ist.
Die Kirchen werden die religiöse Prägung der Kinder niemals freiwillig aufgeben!
Gruß
Arno Gebauer
annen nerede am Permanenter Link
Al hamdu-l-Ilah. Zeus sei Dank.
Paul am Permanenter Link
"Der Pastor zur regelmäßigen Bibelstunde im evangelischen Kindergarten ist auf dem Vormarsch." Warum auf dem Vormarsch, die Hexenjäger waren doch schon immer am Pulsschlag der Zeit und erzählten das Märchen
Rainer am Permanenter Link
Naja, es gibt eben nicht genug Masochisten.
Für die Amtsträger selbst nicht wirklich ein Problem. Denn so leer die Kirchenbänke sein mögen, so voll sind die Kassen der Kirchen. Das zu erklären, wäre eine Aufgabe für den hpd! Was die Bischöfe betrifft: Die sind ganz flexibel im Kreuz-Abhängen und Halbmond -Aufziehen. Womit man die Schafe verarscht, ist ja egal. Es muss nur gelingen, sie zu verarschen.
Rainer am Permanenter Link
PS:
Das "Kirchenglockengebimmel" ist NICHT das Problem der Kirchen, aus Sicht ihrer Belächler. Es gehört zu den wenigen ästhetischen und anmutigen Elementen dessen, was sich Christentum nennt.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Ihr Wort in Gottes Ohr! 1/2 Million ist nicht viel bei 58 Mio. Mitgliedern.
Angelika Remiszewski am Permanenter Link
Wenn das Christentum ausstirbt, wird es demnächst nur noch eine große Glaubensgemeinschaft geben, die ja ohnehin schon über enormen Zuwachs (allein durch die Geburtenrate) verfügt: Der Islam.
Dieter Bauer am Permanenter Link
...... über enormen Zuwachs (allein durch die Geburtenrate) verfügt. .......
Originalton T.R.Erdogan: ...Mit den Bäuchen unserer Frauen werden wir euch besiegen......
Mark Keller am Permanenter Link
Macht nichts. Wem das nicht behagt, der sitzt dem Trugschluss auf, dem Erdogan selbst aufsitzt, nämlich dass es sich um eine Art "Religionskampf" handele.
Im Übrigen hätte ich nicht erwartet, dies auf dieser Homepage erwähnen zu müssen.
Dieter Bach am Permanenter Link
Hallo Angelika,
sollen wir nur deswegen Christen werden/bleiben. Nein danke!!!
Außerdem stört mich der Islam, wenn er moderat und aufgeklärt ist überhaupt nicht.