Pakistan

Dorfrat ordnet Vergewaltigung eines Mädchens an

In der pakistanischen Provinz Punjab verurteilte laut Medienberichten der Ältestenrat eines Dorfes ein sechzehnjähriges Mädchen dazu, vergewaltigt zu werden, um ein Verbrechen ihres Bruders zu sühnen.

Urteile von Dorfräten sind im ländlichen Pakistan weit verbreitet. Sie haben keine offizielle Legitimation, werden jedoch häufig geduldet, sofern sie nicht – wie in diesem Fall – zu illegalen Handlungen führen.

Hintergrund des illegalen Urteils im Dorf Raja Ram in der Nähe von Multan war, dass der Bruder des verurteilten sechzehnjährigen Mädchens Mitte Juli ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt haben soll. Um ihn angemessen zu bestrafen und Gerechtigkeit und Familienehre wieder herzustellen, urteilte der Dorfrat, dass im Gegenzug der Bruder der Zwölfjährigen die sechzehnjährige Schwester des mutmaßlichen Vergewaltigers vergewaltigen solle. Das ‚Urteil’ wurde in Anwesenheit der Familie ausgeführt.

Vergewaltigungsurteile durch Dorfräte sind in Pakistan nichts Ungewöhnliches. Am bekanntesten wurde der Fall der pakistanischen Frauenrechtsaktivistin Mukhtar Mai, die 2002 vom Rat des Dorfes Meerwala zu einer Massenvergewaltigung verurteilt wurde, weil ihr zwölfjähriger Bruder angeblich eine Beziehung zu einem Mädchen eines anderen Clans unterhielt. Mai wurde – ebenso wie ihr Bruder – vergewaltigt. Statt Selbstmord zu begehen, wie es von einer vergewaltigten Frau normalerweise erwartet wird, um die Familienehre wieder herzustellen, zeigte sie ihre Vergewaltiger an. Alle bis auf einen wurden vom Obersten Gerichtshof Pakistans freigesprochen. Mukhtar Mai gründete nach der Vergewaltigung eine Wohltätigkeitsorganisation, die neben Unterricht für Mädchen auch Hilfe für Opfer von Gewalt und Ungerechtigkeit zur Verfügung stellt.

Der aktuelle Vergewaltigungsfall in Raja Ram schlug international und auch in Pakistan selbst hohe Wellen. Der Regierungschef der Provinz Punjab, Shahbaz Sharif, rügte, dass die Ermittlungen erst mit Verspätung aufgenommen wurden, und veranlasste laut Medienberichten die Suspendierung der zuständigen Polizisten. Inzwischen wurden im Zusammenhang mit dem Fall über zwanzig Personen verhaftet, unter ihnen mehrere Mitglieder des Dorfrates.