Auch die evangelische Kirche muss Missbrauch aufarbeiten

Bislang war es vor allem die katholische Kirche, die in Sachen Missbrauch im Fokus stand. Gestern wurde bekannt, dass eine unabhängige Kommission jahrelanges Vertuschen und Verschweigen sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche auch in der Evangelische Kirche Deutschland (EKD) erkennt.

Vor der diesjährigen Synode der EKD wird gefordert, die evangelische Kirche müsse die "Verantwortung für eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in ihren Einrichtungen übernehmen".

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mahnt mehrere Vergehen an. Die Kommisionsvorsitzende Sabine Andresen geht davon aus, dass die "Fälle von Missbrauch in einzelnen Institutionen und durch ihre Amtsträger" auf "strukturelle Ursachen in der Kirche schließen" lassen.

Der Synode der EKD wird von der Kommission geraten, Haltung gegenüber Opfern zu zeigen "sowie eine unabhängige Aufarbeitung und Entschädigung" anzustreben. Zudem sollen betroffene Gemeinden und Einrichtungen unterstützt werden und mit dem Staat bei der Aufklärung zusammenarbeiten. Ob das der EKD besser gelingt als der katholischen Kirche sei dahingestellt. Doch immerhin bedankt sich die EKD bei der Kommission. Carsten Splitt, Sprecher der evangelischen Kirche, begrüßte die Initiative und versprach an der Aufarbeitung mitzuarbeiten. "Der neue Beauftragtenrat der EKD wird sich in seiner heutigen Sitzung mit den Vorschlägen der Kommission befassen und diese mit den eigenen Vorhaben auch im Blick auf die bevorstehende Synodentagung abgleichen."

Das Thema "Sexueller Missbrauch" stehe bereits auf der Tagesordnung der EKD-Synode, die vom 11. bis 14. November in Würzburg zusammenkommt.

"Ich erwarte und verlange von meiner Kirche, dass sie sich nun einer unabhängigen Aufarbeitung stellt und die Archive öffnet", sagte die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) laut evangelisch.de. Die evangelische Kirche sollte ihre Haltung gegenüber Missbrauch in den eigenen Institutionen ändern, sagte Bergmann weiter. "Es ist eine Offenheit nötig, hinsehen, hinhören und glauben zu wollen".

Die "Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs" wurde 2016 vom unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung berufen. Ihre Aufgabe ist es, Missbrauch in Institutionen und Familien zu untersuchen, Art und Ausmaß aufzuzeigen und generell für das Thema zu sensibilisieren.

In einer Pressemitteilung der Kommission vom 7. November 2018 heißt es: "Der sexuelle Missbrauch in kirchlichen Institutionen und vor allem dessen Verschweigen und Vertuschen hat die moralische Integrität auch der evangelischen Kirche schwer beschädigt. Nur durch eine Anerkennung der Schuld und die klare Übernahme der Verantwortung und eine konsequente Aufarbeitung kann sie Vertrauen zurückgewinnen." Darin veröffentlicht die Kommission zudem ihre "Empfehlungen zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs an die evangelische Kirche".