An der Päpstlichen Universität kann man jetzt den Studiengang "Kinderschutz" absolvieren. Zwölf Plätze sollen angeboten werden. Inhaltlich geht es um Sexualität und Keuschheit, um den Umgang mit Missbrauch sowie die Aufarbeitung von Fehlern. In Rom fand jetzt die Eröffnungsfeier statt – inklusive Kinderchor.
Vor etwa drei Wochen wurde die sogenannte "Missbrauchsstudie" auf der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellt und der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche fand seinen Weg zurück in die Schlagzeilen. Erneut zeigten sich Kirchenvertreter, allen voran Kardinal Reinhard Marx, erschüttert über Ausmaß und Systematik des Missbrauchs von Minderjährigen. Nun wurde an der "Päpstlichen Universität Gregoriana" in Rom der englischsprachige Studiengang "Safeguarding of Minors" vorgestellt. Er richte sich "an künftige Verantwortungsträger für den Umgang mit schutzbedürftigen Personen", berichtet Vatican News. Die Ausbildung gliedert sich in einen einsemestrigen Diplomstudiengang und einen dreisemestrigen, weiterführenden Master. Derzeit sind stolze sieben Studenten eingeschrieben, zwölf sollen es werden.
Entwickelt wurde das Studium vom "Zentrum für Kinderschutz" der Papst-Uni, das bereits 2012 gegründet wurde, und vom Jesuitenpater Hans Zollner, Theologe, Psychologe und Psychotherapeut, geleitet wird. Es bietet zusätzlich ein E-Learning-Programm an, das in verschiedenen Ländern zum Einsatz kommt. Zu den konkreten Lerninhalten des Studiengangs antwortete Zollner dem hpd schriftlich, dass auf einzelne Kurse verzichtet werde, "um durchgehend interdisziplinär und anwendungsbezogen lehren zu können". Der Ansatz erlaube den Studierenden, "Kompetenzen kognitiver, methodologischer, emotionaler und sozialer Natur zu erwerben beziehungsweise weiterzuentwickeln und die Lehrinhalte beständig in Bezug zu ihren jeweiligen Lebenswelten zu bringen". Je nach vorheriger akademischer Ausbildung würden sie anschließend "präventiv-schulend, therapeutisch, bei Verdachtsfällen intervenierend oder systemisch-institutionell" arbeiten.
Für weitere Details verwies der Jesuit auf die Website des Studiengangs. Dort finden sich verpflichtende und freiwillige Themenblöcke, die im ersten Semester behandelt werden, und ihre jeweilige Zielsetzung: Demnach beschäftigen sich die Studenten zu Beginn eine Woche lang mit dem Thema "Kindheit". Hier soll es unter anderem um eine "Theologie der Kindheit", die Verletzlichkeit von Kindern und um "rechtliche Aspekte" gehen. Ein zweiter Kurs dreht sich ebenfalls eine Woche lang um "Sexualität und (un)gesunde Beziehungen". Die Studierenden sollen verschiedene kulturelle Einstellungen gegenüber Sexualität vergleichen, gesunde Beziehungsformen analysieren und sich ihrer eigenen Geschichte bezogen auf Sexualität und Beziehungen bewusst werden. Lektion Nummer drei behandelt innerhalb von vier Wochen Formen des Missbrauchs, dessen Folgen und Erkennungsmerkmale sowie den Umgang mit Missbrauchsfällen. Der vierte Abschnitt thematisiert zwei Wochen lang Täter, wie man sie erkennt und sich um sie kümmern soll. Der fünfte Themenblock will innerhalb von zwei Wochen Fehler der Vergangenheit aufarbeiten und Strukturprobleme identifizieren. Das sechste Seminar beschäftigt sich zwei Wochen lang mit Schutzmaßnahmen.
Im Anschluss ist ein dreiwöchiger Workshop vorgesehen, "der es den Studenten erlaubt, praktische Kompetenzen auf diesen Gebieten aufzubauen und zu testen". Dabei soll es unter anderem um "gesunde Keuschheit" gehen, dazu gehört auch, "sexuelle Fantasien in angemessener Weise einzubeziehen" und sich über Masturbation und Pornographie Gedanken zu machen. Sie sollen lernen, wie man Opfern glaubt und ihnen richtig zuhört.
"Insbesondere öffentlicher Druck von außen zwinge die Kirche zum Umdenken", sagte Marx laut Domradio beim Festakt zur Eröffnung des Studiengangs. Neben dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz versprach auch Ex-Papst Joseph Ratzinger "seine Unterstützung und sein Gebet" für das neue Kinderschutz-Projekt. Zum Programm gehörte außerdem die Premiere des Stückes "Transformation" der Dirigentin und Komponistin Konstantia Gourzi. Das "musikalisch-szenische Signal gegen Kindesmissbrauch" wurde vom erzbischöflichen Ordinariat München und Freising in Auftrag gegeben. "Die Komposition gibt dem Unfassbaren, der Hilflosigkeit, der Sprachlosigkeit, dem Machtmissbrauch, dem Entsetzen und den Verwundungen eine Stimme und ein Bild. Herz und Geist suchen eine Erklärung, eine Verbindung, eine Lösung dieser Widersprüche und entzünden am Ende des Stückes ein musikalisches Licht", heißt es auf der Website der Künstlerin. Zu diesem "musikalischen Licht" gehört übrigens auch ein Kinderchor.
Zollner, Leiter des "Zentrums für Kinderschutz", sieht "keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch", berichtet Die Welt in ihrer Digitalausgabe, "üble Missbrauchsgeschichten" gebe es auch anderswo. Die priesterliche Einsamkeit sei aber "schon ein Problem". Dass Macht ein entscheidender Faktor bei Missbrauch ist, räumt er ein. Deshalb gebe es in Irland, wo die Kirche bisher als noch unantastbarer galt als in anderen Staaten, besonders viele Fälle.
Ob die neue Ausbildung künftigen Missbrauch durch Geistliche verhindern kann, wird sich zeigen. Laut Welt wünscht sich der Papst pro Bistum einen Missbrauchsbeauftragten – weltweit. Das mit den neuen Programmen und den angepeilten Studentenzahlen zu stemmen sieht nach einer enormen Herausforderung aus.
22 Kommentare
Kommentare
Tobias Seyb am Permanenter Link
Ist in etwa so sinnvoll wie ein Kursangebot "kreative Gartenpflege für männliche Ziegen".
Rene Goeckel am Permanenter Link
Im Anschluss ist ein dreiwöchiger Workshop vorgesehen, "der es den Studenten erlaubt, praktische Kompetenzen auf diesen Gebieten aufzubauen und zu testen".
Und zum Schluß noch ein Kinderchor?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Das ganze herum-laborieren ist völlig sinnlos, die Kirchen sowie die Zahlungen an diese gehören abgeschafft. Es wird höchste Zeit, dass es in D* eine neue Partei gibt, nämlich die
in unserem Land ändern. Bei 37% Nichtgläubiger Menschen in D* wäre auf Anhieb ein
super Wahlergebnis zu erwarten. Michael Schmidt-Salomon als Bundeskanzler wäre mein
Traum. So wie es momentan in "diesem unseren Lande" aussieht kann und darf es nicht weitergehen. Bevor Extremisten wie Z.B. die AfD die Oberhand gewinnt sollten wir ein deutliches Signal setzen wie die Zukunft bei uns und in Europa sowie weltweit aussehen sollte.
Sascha Larch am Permanenter Link
Gibt es schon: https://diehumanisten.de/
3563 Stimmen bei der Bayernwahl...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
hallo Sascha, wusste ich noch nicht, die haben vermutlich zu wenig für bekanntwerden gemacht, sonst hätte ich diese Partei sofort gewählt statt Grün.
in welche Richtung man gehen muss, ist kein Weg zu weit. Eine Lawine fängt oft auch nur
mit einem Schneeball an.
Sascha Larch am Permanenter Link
Hallo Gerhard
Ich denke schon daß wir einiges an Werbung gemacht haben, aber wir sind halt noch eine junge und kleine Partei, das braucht Zeit um zu wachsen.
Ausserdem waren wir leider nur im Bezirk Oberbayern wählbar, und dort haben wir natürlich unsere Werbung konzentriert. Das liegt daran daß die Hürden für die Teilnahme an einer Wahl in Bayern ungewöhnlich hoch sind. Da muß man tausende Unterschriften sammeln für jeden Bezirk in dem man antreten will.
Aber bei der kommenden Europawahl haben wir gute Chancen erstmals einen Abgeordneten ins Europaparlament zu schicken.
Freut mich daß Du Dich bei uns engagieren willst!
Wir freuen uns über jeden der in der PDH mitarbeiten will und vielleicht sehen wir uns ja mal auf einer Parteiveranstaltung.
Gruß, Sascha
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Sascha, danke für Deine Info. Wie ich denke, kann man aus den vielen Kommentaren von mir im hpd lesen.
Kay Krause am Permanenter Link
Ist mein Wissensstand korrekt, wenn ich denke, das die Humanistische Partei noch nicht in allen Bundesländern zu den Wahlen antritt?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
dein Wissensstand ist korrekt die HPD ist nur inBayern zur Wahl gestanden und hat dort ca.
5000 Stimmen erhalten, ein Anfang ist gemacht.
Kay Krause am Permanenter Link
Moin, Gerhard Bayerlein! ich bin voll auf Ihrer Linie und bin gern mit Ihnen Mitbegründer dieser Partei!
Mit gottlosem Gruß,
Kay Krause
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Die Humanistische Partei wurde 2014 gegründet und stand 2018 in Bayern zur Wahl.
Einfach mal googeln und bei Interesse beitreten.
Erika Brand am Permanenter Link
Was G. Baierlein schreibt, kann ich nur unterstützen.Mir wird übel, wenn ich lese, dass die protestantischen Amtsträger ebenfalls Missbrauch an Kindern betrieben haben. Verdammt noch mal, die sind oft verheiratet.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Das sieht sehr nach Aktionismus aus. Das Klientel muss weiterhin Vertrauen haben um die Kinder in die Kirche zu brinen oder schicken.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Warum nur dachte ich dabei sofort an die Geschichte vom Bock und Gärtner?
Monika Müller am Permanenter Link
das war auch mein erster Gedanke: hier wird der Bock zum Gärtner gemacht
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
die Basis aller Christen ist der göttliche Mißbrauch mit dem Mißbrauchssymbol des Hinrichtungskreuzes!
Der Christengott als Auftragsmörder läßt seinen Sohn am Kreuz hinrichten, um den Menschen zu zeigen,
wie lieb er diese hat!
Andere Möglichkeiten standen dem Allmächtigen nicht zur Verfügung!
Dieser Blödsinn wird geglaubt und von Generation zu Generation weitervermittelt.
Ich würde dem Allmächtigen aller Christen dringend empfehlen, den angebotenen
päpstlichen Studiengang zu belegen!
Bedacht werden sollte, dass der sexuelle Mißbrauch nur ein kleiner Teil der christlichen
Mißbrauchspalette ist.
Der Mißbrauch gehört zum Christentum wie das Armen zur Kirche!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Stefan Dewald am Permanenter Link
Was ist der Unterschied zwischen einem katholibanen Theologen und einem normalen Menschen? Jeder normale Mensch, weiß, was man mit Kindern nicht tut. Katholibane Theologen müssen dafür 4 Semester extra studieren.
Kay Krause am Permanenter Link
Stefan Dewald.........wobei's ja noch sehr fraglich ist, ob dieser "Studien"-gang auch was hilft?
Emmerich Lakatha am Permanenter Link
"Zöllner […] sieht ´keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch […]´. Ob er dafür Unterlagen von vorurteilsfeien Wissenschaftler hat? Kaum zu glauben.
Sigmar Koschorreck am Permanenter Link
Wäre es möglich, angehende Priester zur Teilnahme an lustbetonten Masturbationskursen zu verpflichten?
der Haushälterinnen und anderer Damen wäre gebannt. Sigmar Koschorreck.
Klaus Bernd am Permanenter Link
ZWÖLF, ausgerechnet 12 Studienplätze, was für ein dämlicher Symbolismus, wieder mal!
Was immer sie da an internen Maßnahmen ergreift, sollte für staatliche Stellen keine Rolle spielen. Für die Aufklärung von Verbrechen ist der Staatsanwalt zuständig. Und die Zusammenarbeit mit dem Staatsanwalt ist keine Gnade, die man als Kirchenbürger gewähren kann oder auch nicht, sondern die Pflicht eines jeden Staatsbürgers. Kaum aber hatte die Justizministerin Barley den Pfaffen mit dem Staatsanwalt gedroht, wurde sie nach Brüssel weggelobt. Kann man da nicht auf dumme Gedanken kommen ?
Bis die Ermittlungen durch die Staatsanwälte abgeschlossen sind, sollte man seine Kinder schützen durch:
- Abmelden vom Religionsunterricht,
- Abmelden vom Ministrantendienst,
und durch Abmelden von der Kirchensteuerpflicht sollte man die Täter und Vertuscher nicht weiter finanziell unterstützen
Ein paar Anmerkungen ist diese „Feierlichkeit“ aber doch wert:
>>"Insbesondere öffentlicher Druck von außen zwinge die Kirche zum Umdenken", sagte Marx laut Domradio beim Festakt zur Eröffnung des Studiengangs.<<
Das ist doch das Eingeständnis, dass es der „öffentliche Druck“ und nicht die eigene Einsicht ist, die die r.k.K. zum Handeln zwingt ?
Und weiter: >>„Neben dem Blick auf einzelne Verantwortliche für Missbrauch schaue die Wissenschaft zunehmend auf systemische Faktoren, die Missbrauch und Vertuschung begünstigen, so der Münchner Erzbischof.“<<
oder >> Zollner, Leiter des "Zentrums für Kinderschutz", sieht "keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch", berichtet Die Welt in ihrer Digitalausgabe, "üble Missbrauchsgeschichten" gebe es auch anderswo.<<
Die Wissenschaft ? Seit wann ist die so wichtig für katholische Kirchenfürsten ? Wenn es darum geht, Atheisten zu verurteilen und zu diffamieren, brauchen sie keine Wissenschaft; da genügt ihnen der Heilige Geist, der ihnen da mit Macht unter die Soutanen weht. Und zu den systemischen Faktoren, Strukturen … ist zu sagen, dass sie aus einem bestimmten Denken heraus entstehen. Wollte die r.k.K. dieses Denken ändern, müsste sie einen Großteil der Weisheiten ihrer heiligsten Kirchenlehrer-Pokemons und ihrer heiligen Papst-Pokemons in die Tonne kloppen; u.a. die Enzyklika Sacerdotalis caelibatus des Heiligen Pillen-Paul, ein einziger Lobgesang auf den Zölibat d.h. die vollkommene Keuschheit des Priesters. Priestern die Ehe zu erlauben ist jedoch auch n.m.M. keine allzu wirksame Maßnahme denn
- sie betrifft nicht die große Anzahl der homosexuellen Priester (denn dass diesen die Ehe erlaubt werden könnte, ist ja wohl Utopie)
- sie betrifft nicht die große Anzahl der Dornenvögler, die eh nicht viel auf ihr Keuschheitsversprechen geben
- sie betrifft nicht die Keuschheitsfanatiker, die sowieso nicht heiraten wollen, die „tickenden Zeitbomben“ nennt sie MSS im Manifest des Evolutionären Humanismus, die sich ständig Gewalt antun wollen, um dieses Überideal zu leben.
- sie betrifft bestenfalls ein paar wenige redliche Priester, die eine legale Partnerschaft der Heimlichkeit vorziehen und sich zu ihren Kindern bekennen wollen.
Und wieder der Versuch, den Missbrauch durch Priester durch den Hinweis auf Missbrauch außerhalb der Kirche zu relativieren. Die Priester sollen aber laut Paul VI „weniger als Gott, mehr als jeder Mensch“ sein.
Was das Werk „Transformationen“ angeht, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man da aus dem Leid der Opfer noch einen ästhetischen Genuss saugt. So abwegig ist das nicht, wenn man die Glorifizierung des Leids berücksichtigt, die wesentlicher Bestandteil der katholischen Religiösität ist. Siehe Mutter Teresa, siehe Kreuzestod, siehe §217 ...
Kay Krause am Permanenter Link
Wie sollen Klerus-hörige Professoren werdende junge "Gottesmänner" vorbeugend aus dem Sumpf ziehen, aus dem sie selbst kommen?