Weil eine Lehrerin im US-Bundesstaat New Jersey ihrer Klasse erklärte, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, wurde ihr gekündigt. Es ist nicht der erste Fall dieser Art.
Die Wahrheit kann wehtun. Vor allem demjenigen, der sie ausspricht. Diese Erfahrung musste vor einigen Tagen eine Lehrerin im US-Bundesstaat New Jersey machen. Die Vertretungslehrerin hatte Erstklässlern an der Cedar Hill School in Montville erklärt, dass es den Weihnachtsmann in Wahrheit gar nicht gebe. Auf Nachfrage der Schüler bestätigte sie, dass auch andere Fantasiewesen wie der Osterhase oder die Zahnfee nicht real seien. Nach ihrem Aufklärungsversuch wurde der Lehrerin umgehend gekündigt. Die Leiterin der Schulbehörde von Montville, Rene Rovtar, erklärte gegenüber der Presse, dass die Lehrerin ab sofort nicht mehr in ihrem Distrikt arbeiten werde.
Bereits vor zehn Jahren ereignete sich ein ähnlicher Fall in Großbritannien. Damals hatte eine Vertretungslehrerin an der Blackshaw-Lane-Grundschule in Oldham bei Manchester den Kindern verraten, dass nicht der Weihnachtsmann, sondern ihre Eltern die Geschenke bringen. Wie aktuell in New Jersey hagelte es auch damals Proteste von aufgebrachten Eltern, die umgehend zur Kündigung der Lehrerin führten.
Sowohl bei dem Fall in Großbritannien als auch bei dem aktuellen in den USA wurden von den betroffenen Schulen sofortige Maßnahmen eingeleitet, um 'den Schaden' der Aufklärungsarbeit zu begrenzen. Lehrerinnen und Lehrer in Oldham bekräftigten gegenüber den Kindern die Existenz des Weihnachtsmanns und in Montville informierte der Schulleiter der Cedar Hill School, Michael Raj, die Eltern entschuldigungsreich über das Geschehen, damit sie "angemessene Schritte einleiten können, um die kindliche Unschuld der festlichen Zeit zu bewahren".
Die Intensität der Aufregung lässt vermuten, dass es hier in Wahrheit um etwas ganz anderes geht als die Bewahrung kindlicher Unschuld. Was die Befreiung von Kindern aus dem magischen Denken betrifft, verstehen Erwachsene keinen Spaß, weil es im Grunde um ihr eigenes magisches Denken geht.
Entwicklungspsychologisch betrachtet sind Grundschulkinder genau im richtigen Alter, um die zunächst vollkommen natürliche Phase des magischen Denkens zu überwinden und um reale Zusammenhänge von Ursache und Wirkung von eingebildeten Zusammenhängen verstehen zu lernen. Hierbei geht es nicht darum, Kinder in einer vermeintlich kalten rationalen Welt ohne Märchen aufwachsen zu lassen, sondern darum, sie frühzeitig darauf hinzuweisen, dass es zwischen Märchen und Realität zu unterscheiden gilt. Geschieht das nicht rechtzeitig, sind das Ergebnis Erwachsene, die nach wie vor magischem Denken anhängen: Esoteriker, Abergläubige und Religiöse.
Die Angst von Eltern, ihre Kinder könnten den Glauben an den Weihnachtsmann verlieren, ist daher vielleicht weniger eine Sorge um ihre Kinder als eine Sorge um sich selbst. Denn wenn Kinder schon mit sechs den Weihnachtsmann als nicht-existent entlarven, wird es nicht lange dauern, bis sie den gesamten Glauben in Frage stellen. Ein massiver Angriff auf die magische Welt ihrer Eltern. Und wer will schon in seiner magischen Wohlfühlzone gestört werden?
18 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
also ich bin der Weihnachtsmann... das macht den kleinen Kindern in meinem Schwimmverein spaß und die großen wer in dem Kostüm ist und finden es lustig
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ob die Lehrerin einen Fehler gemacht hat oder nicht, will ich nicht beurteilen.
Bolli am Permanenter Link
Die Lehrerin hat noch Glück, vor geraumer Zeit wurden die Überbringer falscher Nachrichten decapitiert.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Natürlich existiert der Weihnachtsmann! Coca Cola gibt's ja auch. Und die haben ihn schließlich erfunden...
Johannes Kroemer am Permanenter Link
Falsch. Nicht mal die Darstellung im roten Mantel
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Weil eine Postkarte existiert, die einen Weihnachtsmann in rot zeigt, soll Coca Cola nicht der Erfinder gewesen sein? Die Dame sagt selbst, es gab Darstellungen in braun, grün, blau und eben auch in rot.
Schon auf einer Karte Ende des 19. Jh. - also vermutlich zur Zeit des "roten Weihnachtsmannes" - sind die klassischen Coca Cola-Farben rot und weiß abgebildet. Rot und Weiß wäre für mich als Werbegrafiker die erste Wahl für eine Werbeikone zur Weihnachtszeit gewesen.
Es mag also - neben vielen anderen Farben - auch vorher Weihnachtsmänner in roten Mänteln gegeben haben, doch der "rot-weiße" Weihnachtsmann passt perfekt zu Coca Cola und seiner Werbestrategie. Das hängt mit CI (= corporate identity) zusammen. Jede andere Farbkombination hätte irritiert.
Außerdem ist seit Coca Cola praktisch jeder Weihnachtsmann rot-weiß. Aber egal wie man es sieht, letztlich ist der Weihnachtsmann erfunden worden und damit eine nicht existente Sagengestalten - wie Jesus Christus, Maria und Josef, Engel, Gott, der "heilige" Geist, der Teufel und all die anderen Spukgestalten der Geschichte auch...
Thomas Henninger am Permanenter Link
"erfunden" stimmt nicht, - "geklaut" oder netter "sich zu eigen gemacht" wäre treffender
https://www.sueddeutsche.de/leben/weihnachtsmann-coca-cola-ach-was-1.281759
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ja - wo kämen wir da auch hin?
Karol Dittel am Permanenter Link
Es gibt nicht nur einen Weichnachtmann. Es gibt so einige, aber diese verteilen keine Geschenke an kleine Kinder sondern machen Politik und beschenken sich meistens selbst.
A.S. am Permanenter Link
Nichts ist den Menschen heiliger als ihre Illusionen.
Thomas Göring am Permanenter Link
… deshalb ja auch allgemein: Religion als "Opium des Volkes" - oder in gewissen Fällen sogar eher als "Kokain des Volkes" (wie es vor einiger Zeit mal in einem hpd-Artikel hieß).
Rene Goeckel am Permanenter Link
Gegen was hat die Lehrerin denn arbeitsrechtlich gesehen verstoßen? Diese Kündigung kann doch unmöglich vor Gericht bestehen.
Roland Fakler am Permanenter Link
Wer Kinder von klein auf dazu erzieht, ihrer Vernunft und ihren Sinnen zu misstrauen, wer sie sogar dazu erzieht, absolut unvernünftige Dinge zu glauben, macht sie anfällig, allen möglichen Quatsch zu glauben.
Kay Krause am Permanenter Link
Vielen Dank für diesen Artikel, liebe Daniela Wakonigg! Dem ist imgrunde nichts hinzuzufügen.
Bitte sehr: wo ist der Unterschied? Und wer entscheidet das?
Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen!
m.f.G. Kay Krause
Isabella am Permanenter Link
Es spricht nichts dagegen Synonyme zu verwenden...
Thomas Reutner am Permanenter Link
Eines meiner prägensten Kindheitserlebnisse, fand an einem Ostersonntag statt, als ich herausfand, dass es den Osterhasen nicht gibt.
Andererseits habe ich an diesem Tag gelernt, dass man nicht jeden Scheiß glauben darf, dem einen die Erwachsenen erzählen. Ich finde, das war ein wertvolles Rüstzeug für meine später folgende Schulzeit, besonders was den Religionsunterricht anging.
And diesem Ostersonntag wurde ich zum Skeptiker.
Hätte ich Kinder, würde ich sie ebenfalls dieser Erfahrung aussetzen wollen. Da würde es mich schon ärgern, würden meine Kids von der Schule oder vom Kindergarten kommen und sagen: "Oh, Papa. Den Osterhasen gibt's doch gar nicht!" Mit welchem Recht darf mir ein Lehrer meine sorgfältig vorbereitete Oster-Show vermasseln? Ich wäre sauer, aber bestimmt würde ich nicht die Entlassung des Saboteurs fordern.
Kay Krause am Permanenter Link
Weihnachtsmann und Osterhase,
bestehen aus der selben Schokolade.
Nach Ostern werden eingeschmolzen Hasenreste,
und erneut geformt zum Weihnachtsfeste.
Und wenn noch etwas übrig ist,
dann formt er noch - der fromme Christ,
ein Jesuskreuz aus Schoklade,
mit etwas Erdbeermarmelade.
Das Ganze wird in Stanniol verpackt,
vom Nikolaus gleich eingesackt,
bei Lichterglanz und Kerzenschein,
verteilt an die lieben Kinderlein.
Und wer die Illusion den Kindern raubt:
Ein Ketzer ist, wer nicht an Märchen glaubt
Rose Jenni am Permanenter Link
Da wir unsere Eltern fragten, ob wir wie andere Kinder, auch unsere Stiefel hinausstellen dürften, damit der St. Nikolaus sie fülle, hatte unsere Mutter gesagt, das sei nicht nötig, was uns ein wenig enttäuschte.