Schweiz

Parlament bestätigt liberale Gesetzgebung beim assistierten Suizid

Dignitas begrüßt den Beschluss des Nationalrates, welcher die Standesinitiative des Kantons Neuenburg "Bedingungen für die Suizidhilfe" diskussionslos verworfen hat. Mit der Ablehnung folgt der Nationalrat dem Ständerat. Dieser hat den Neuenburger Vorstoß bereits im Sommer 2018 zu Recht deutlich abgelehnt.

Die beiden Räte sind sich einig, dass es keinen Bedarf gibt, bezüglich der sogenannten "Sterbehilfe"organisationen gesetzgeberisch tätig zu werden. Damit sind sie einem wichtigen gesetzgeberischen Prinzipien gefolgt, das lautet: "Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen." Es stammt vom französischen Schriftsteller, Philosophen und Staatstheoretiker der Aufklärung Montesquieu (1689–1755).

Die ursprünglich vom Arzt und Kantonsrat Lauren Kaufmann (Grüne, Cormondrèche/Peseux NE) im Neuenburger Großen Rat angeregte Standesinitiative wollte staatliche "Bedingungen für die Beihilfe zum Selbstmord von Personen, die um diese Beihilfe ersuchen" aufstellen und "die Rechtsgrundlagen für Sterbehilfeorganisationen" präzisieren. Einmal mehr ist nun bestätigt, dass dazu keinerlei Anlass besteht.

Weitere Regelungen unnötig

Seit 1985 – also seit mehr als 30 Jahren – besteht diesbezüglich eine klare Praxis; Missbräuche gab es keine; jede einzelne Freitodbegleitung ist nachträglich durch die zuständigen Justiz- und Polizeiorgane sowie durch Amtsärzte der Kantone untersucht worden.

Der Bundesrat hielt am 29. Juni 2011 zutreffend fest, die bestehenden Gesetze seien ausreichend, um Missbräuche zu verhindern. Damit beendete er eine damals jahrelang andauernde Debatte, die von Gegnern der Suizidhilfe orchestriert worden war. Die beiden Volksabstimmungen im Kanton Zürich vom 15. Mai 2011 setzten dafür ein klares Zeichen: die Zürcher Stimmberechtigten lehnten ein von EDU/EVP propagiertes absolutes Verbot von Freitodbegleitungen mit fast 85 Prozent der Stimmen ab, und auch ein von denselben Kreisen vorgeschlagenes Verbot des sogenannten "Sterbetourismus" scheiterte mit mehr als 78 Prozent.

Die gesetzlichen Grundlagen für Beihilfe zum Suizid finden sich seit über hundert Jahren in den Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, seit 1942 im Schweizerischen Strafgesetzbuch (Art. 115) sowie in der Bundesgesetzgebung über Heil- und Betäubungsmittel und den dazu ergangenen Urteilen des Schweizerischen Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Letzterer anerkannte 2011 – wie bereits 2006 das Bundesgericht – die Freiheit, über Art und Zeitpunkt des eigenen Lebensendes zu entscheiden, als Bestandteil des in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens.

"Sterbehilfeorganisationen"?

Die Tätigkeit von Dignitas umfasst bei weitem nicht nur die Durchführung von ärztlich unterstützten Freitodbegleitungen. Sie beinhaltet insbesondere auch Beratung und Unterstützung bezüglich Suizidversuchs-Prävention, Vorsorge (Patientenverfügung usw.), Palliative Care sowie die internationale Rechtsfortentwicklung. Dignitas und Exit setzen sich für die Sicherung der Wahlfreiheit und Selbstbestimmung sowie Eigenverantwortung im Leben und am Lebensende ein. Der große Zulauf, den diese Organisationen verzeichnen, ist ein deutliches Zeichen, dass der Bevölkerung diese Werte sehr wichtig sind.

Nationaler und internationaler Handlungsbedarf

Dignitas regt seit Längerem an, dass die umfassende Tätigkeit von Dignitas in das Gesundheitswesen der Schweiz integriert wird. Vorrangige Ziele von Dignitas sind die Suizidversuchs-Prävention sowie die internationale Durchsetzung des Rechts eines jeden Menschen, über Art und Zeitpunkt seines Lebensendes selber zu bestimmen. Dazu gehört insbesondere auch die Straffreiheit von Suizidbeihilfe, wenn keine selbstsüchtigen Motive vorliegen, so wie dies in der Schweiz der Fall ist. Dignitas setzt sich seit der Vereinsgründung vor über 20 Jahren auf juristischem und politischem Weg für dieses Ziel ein, damit schwerleidende Menschen bei sich zu Hause legale und sichere Hilfe in Anspruch nehmen können und so weder auf die humanitäre Hilfe der Schweiz angewiesen sind, noch einen hochriskanten unbegleiteten Suizidversuch mit den bekannten tragischen Folgen unternehmen.