Antwort an Pastor Christian Olding

Für einen Dialog auf Augenhöhe sind Atheisten gerne zu haben

Auf der Internetseite von katholisch.de ist vor kurzem ein Videoformat erschienen, in dem Pastor Christian Olding von der Diskussion mit Atheisten berichtet. Dabei stellt er für sich fest, dass Atheisten oft zu platten Attitüden greifen und sich gegenüber dem Glauben nur allzu oft respektlos zeigen. Dabei diskutiere er eigentlich gerne mit Atheisten. Doch auch Atheisten diskutieren gerne über die Frage nach einem Gott und wundern sich nicht selten über die Argumentationsweise des gläubigen Gegenübers. Höchste Zeit also für eine Antwort.

Verständnishalber ist es empfehlenswert, das Originalvideo anzusehen, wobei auch in diesem Artikel die Argumente noch einmal wiederholt werden.

Pfarrer Christian Olding startet in seiner Meinungskolumne direkt mit der Feststellung, dass Atheisten und Gläubige sich einig seien, dass es auf die Frage nach Gott nur eine Antwort geben kann: Ja oder Nein. Dabei gibt es eigentlich noch viele Fragen vorher zu beantworten, zumindest aus der Sicht eines Atheisten. Was meint Christan Olding mit "Gott", welche Eigenschaften schreibt er dieser Entität zu und was ist mit all den anderen Vorstellungen, die sich Menschen von einer Gottheit gemacht haben?

Vermutlich spricht er von dem christlichen Gott, um dessen Existenz oder Nicht-Existenz es hier geht. Es gibt jedoch noch sehr viele andere Vorstellungen von Göttern, wie etwa Odin, Vishnu, Zeus oder Osiris, über deren Existenz man sprechen könnte. Die einfache Fragestellung nach "Ja" oder "Nein" schränkt die eigentlich spannende Frage direkt zu Beginn bereits ein wenig ein. Doch weiter in der Argumentation.

Für ihn ziehen Atheisten scheinbar allzu oft das Argument aus dem Ärmel, dass man an einen Gott nicht glauben könne, wenn die Institution der Kirche Kreuzzüge und Hexenverbrennungen zu verantworten habe. Damit hat er insofern Recht, da es bei der Frage nach einer Gottheit nicht weiterhilft, die Taten seiner angeblichen irdischen Vermittler als grausam anzuerkennen. Es wirkt hier jedoch so, als würde Pastor Olding in diesem Punkt ein Strohmannargument aufstellen, dessen Entkräftung einem dann möglichst leicht fällt, wobei es doch schon sehr anzuzweifeln ist, dass es jemand in dieser Form vertritt. Nachdem er jedoch dieses Scheinargument abgehandelt hat, holt er zum Gegenschlag aus und stolpert Hals über Kopf in einen Fehlschluss hinein.

Wenn Atheisten angeblich schon Kreuzzüge und Hexenverbrennung als Argumente vorbringen, meint Olding weiter, so dürfe er auch die angeblich gottlosen Regime Hilters, Stalins und Maos auf der Gegenseite anführen, unter denen schließlich viel mehr Menschen Leid zugefügt worden sei. Für Christian Olding scheinen also Atheisten alle einen bestimmten Wertekodex zu teilen, in etwa so wie wenn alle Nicht-Fußballfans die gleichen Vorlieben für eine bestimmte andere Sportart haben würden.

Atheismus ist jedoch keine vollständige Weltanschauung, wie sie etwa das Christentum darstellen kann. Wenn man etwas ablehnt, wie den Glauben an einen Gott, sagt dies erst einmal noch nichts über die Ethik und Moral eines Menschen aus. Es ist lediglich die Ablehnung des Glaubens an eine bisher unbewiesene Entität. Stalins und Maos "Moralkodex" wird sich sicherlich nicht aus der Ablehnung eines Gottes gespeist haben. Und noch etwas, wenn man schon das Totschlagargument des Nationalsozialismus zieht, dann sollte man allerdings auch erwähnen, dass "Gott mit uns" auf dem Gürtelschloss der Wehrmacht zu lesen war, und dass die katholische Kirche mit dem Hitlerregime in Form des Reichskonkordats einen Vertrag schloss, dessen rechtliche Auswirkungen noch heute politisch wahrnehmbar sind. Von einem atheistischen Regime ist beim Nationalsozialismus also bei Weitem nicht zu sprechen.

Aber Pfarrer Olding bemerkt schließlich auch, dass eine solche Diskussion in der Frage nach einem Gott nicht zielführend ist. Allerdings drängt sich durchaus die Frage auf, warum man den Glaubenslehren einer Institution folgt, welche aus ihrem heiligen Buch solche Gräueltaten als moralische Pflicht ableiten konnte. Für den Pfarrer scheint die Motivation zu den Taten scheinbar aus heiterem Himmel gefallen zu sein.

Im weiteren Videoverlauf fordert er dann mehr Respekt für den Glauben an Gott ein. Denn für einen Christen sei sein Glaube heilig, betont Christian Olding. Wo Spott, Zynismus oder Hohn im Diskussionsverlauf auftreten, verliert das Gegenüber für den Pfarrer jeden Anspruch auf einen Dialog. Das klingt oberflächlich erst einmal fair und respektvoll, doch muss man wirklich alle Einstellungen und Überzeugungen seines Gegenüber respektieren und darf sich über diese nicht lustig machen?

Muss man akzeptieren, dass jemand Homosexualität ablehnt, wissenschaftliche Fakten leugnet, oder Ungläubige als weniger wertvoll bezeichnet? Nicht, dass Christian Olding dies tun würde, aber dürfte man eine solche Position nicht scharf angreifen und auch Spott aussetzen dürfen? Ganz bestimmt! Denn wenn bestimmte Diskussionspunkte als heilig und damit unangreifbar hingestellt werden, verliert die Diskussion doch im Grunde schon ihren Diskussionsinhalt. Worüber gibt es dann noch etwas zu reden, wenn bestimmte Punkte von vornherein einseitig ausgeklammert werden dürfen?

Selbstverständlich sollte man den Menschen gegenüber respektvoll behandeln und ihn nicht beschimpfen oder verspotten für seinen Glauben und seine Überzeugungen; dies darf jedoch nicht gelten, strebt man eine glaubwürdige Diskussion mit offenem argumentativem Austausch an.

Pfarrer Cristian Olding legt damit bereits die Spielregeln der Diskussion im Vorhinein so fest, dass eine wirkliche Kritik an seinem Glauben stets mit dem Argument der verletzten religiösen Gefühle zu einem schnellen Ende gebracht werden kann. Eine wirkliche Diskussion auf Augenhöhe ist das nicht.

Auch sein letztes Argument dass Christen schließlich auch zur Toleranz aufgefordert seien, wenn es um die Selbstbestimmung am Lebensanfang und -ende ginge, zeigt die Schräglage seiner Argumentation. Wenn ein Todkranker sich dazu entscheiden möchte, seinen Todeszeitpunkt selbst zu bestimmen und nicht weiter dahinzusiechen, an welcher Stelle dieser Argumentation muss der gläubige Christ etwas tolerieren? Dass die Implikation, die hier im Raum schwebt, darauf hinausläuft, dass ein Christ sich von der selbstbestimmten Handlung eines mündigen Menschen, die nur diesen selbst betrifft, angegriffen fühlt, und von Ertragen spricht, zeigt die falsche Anspruchshaltung, die einige Gläubige an andere Menschen zu haben scheinen.

Vielleicht greifen auch Christen wie Pfarrer Christian Olding manchmal selbst zu platten Attitüden und bringen dem ungläubigen Gegenüber manchmal keinen Respekt entgegen, wie er es den Atheisten vorwirft, mit denen er so gerne diskutiert. Für einen wirklich offenen Dialog auf Augenhöhe sind Atheisten grundsätzlich aber immer gerne zu haben.

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