Studie des Pew Research Centers:

Je weniger religiös, desto höher die Akzeptanz von Homosexualität

Laut einer weltweiten Erhebung des Pew Research Centers sind Menschen, die Religion in ihrem Alltag als weniger wichtig einstufen oder gar keiner Religion angehören, toleranter gegenüber Homosexualität. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle, wie Wohlstand, Bildung, Alter oder die politische Orientierung.

Der renommierte US-amerikanische "Fact Tank" hat eine Studie zur weltweiten Akzeptanz von Homosexualität veröffentlicht. Über einen Zeitraum von knapp fünf Monaten wurden im vergangenen Jahr 38.426 Personen in 34 Staaten befragt. Das Ergebnis: Es gibt nach wie vor eine globale Spaltung, auch wenn sich die Situation in vielen Ländern verbessert hat, seitdem dieses Thema 2002 zum ersten Mal untersucht wurde. Dabei ging es nicht um die rechtliche Stellung, sondern die gesellschaftliche Meinung über Homosexualität.

Hierbei gibt es je nach Land und Region große Unterschiede. In Schweden sagen 94 Prozent der Befragten, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte, in Deutschland sind es 86 Prozent, in Polen 47, in Russland 14 und in Nigeria nur sieben Prozent. Generell sind die Menschen in Westeuropa, auf dem amerikanischen Kontinent und in Australien toleranter als die Leute in den übrigen Teilen der Welt, mit einigen Ausnahmen im pazifischen Asien. Allerdings hat das Pew Research Center seinen Fokus auch auf die beiden erstgenannten Regionen gelegt: Hier wurde in sehr vielen Ländern nachgefragt, in Subsahara-Afrika und im arabischen Raum dagegen jeweils nur in drei Staaten.

In den allermeisten Ländern ist die Akzeptanz gestiegen und so können auch auf den ersten Blick niedrige Werte dennoch ein Fortschritt sein. Der größte Wandel zur Toleranz hat sich in Südafrika und Indien vollzogen: Hier stieg die Zustimmung zur Frage, ob Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte, im Vergleich zur letzten Befragung 2013 um jeweils 22 Prozent: Von 32 auf 54 beziehungsweise von 15 auf 37 Prozent. Die USA verzeichneten zwischen 2007 und 2019 einen Anstieg von 49 auf 72 Prozent, nachdem die Zustimmungswerte zunächst sogar gesunken waren. Dies ist übrigens in Deutschland der Fall, wenn auch nur in geringem Maß: 2013 lag die Zustimmung noch ein Prozent höher. Eine drastische Toleranzabnahme zur letzten Umfrage um 21 Prozent wurde in der Tschechischen Republik festgestellt. Von ehemals 83 Prozent (2002) ging es runter auf 59 (2019).

Weitere Einflussfaktoren auf die Frage, ob Homosexualität akzeptiert wird, sind die wirtschaftliche Entwicklung und sowohl der persönliche Wohlstand wie auch der des Landes. Hier gilt die Faustregel: Je höher das Bruttoinlandsprodukt, desto toleranter die Menschen. Ähnlich generalisieren kann man beim Bildungsstand: Je höher das Ausbildungsniveau, desto höher auch die Akzeptanz für Homosexualität. In vielen Ländern ist es zudem eine Generationenfrage: Die Jüngeren sind tendenziell toleranter. Besonders auffällig ist dieser Trend in Südkorea; hier liegen die Zustimmungswerte der jüngeren Befragten um 56 Prozent höher als die der älteren. Die politische Orientierung spielt ebenfalls eine Rolle: Sofern vor Ort ideologisch im Rechts-Links-Schema kategorisiert wird, sind die Linken die Toleranteren, während Anhänger von rechtspopulistischen Parteien Homosexualität häufiger ablehnen.

Last but not least: die Religion. Je wichtiger den Menschen ihr jeweiliger Glaube ist, desto größer die Ablehnung von Homosexualität. Am deutlichsten zeigt sich diese Tendenz in Israel; bei denjenigen, denen Religion nicht so wichtig ist, sind die Zustimmungswerte zur Aussage, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte, fast dreimal so hoch wie bei den Personen, die angaben, Religion sei in ihrem Alltag sehr wichtig. Auch in der Tschechischen Republik und in Südkorea zeigten sich deutliche Unterschiede von jeweils 38 Prozent. Konfessionsfreie sind generell weltweit toleranter gegenüber Homosexualität als religiös gebundene Menschen. Diese von der Glaubensintensität abhängige Differenz existiert sowohl in religiösen wie in weniger religiösen Gesellschaften. Besonders niedrig sind die Akzeptanzwerte unter Muslimen, auch wenn nur wenige Staaten mit einem größeren muslimischen Bevölkerungsanteil untersucht wurden. In Nigeria, dem Land mit der niedrigsten Zustimmung der gesamten Studie, äußerten sich Christen und Muslime allerdings fast gleich intolerant. In Israel zeigten sich Juden deutlich progressiver als Muslime. Interessantes Detail: Unter den Christen sind die Katholiken in der Studie die aufgeschlosseneren im Vergleich zu Protestanten und Evangelikalen – trotz der traditionell ablehnenden Haltung der katholischen Kirche.

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