Für den Papst und die katholische Kirche ist dieser Monat ein aufregender: Nicht nur die Sammlung des "Peterspfennigs" stand an – Spenden der Gläubigen weltweit für karitative Projekte des Papstes –, nachdem sie wegen der Corona-Pandemie von Juni auf Oktober verschoben worden war, sondern auch die Veröffentlichung der Bilanz 2019. Trotz Verlusten, Miss- und Vetternwirtschaft ist der Vatikan noch über vier Milliarden Euro schwer.
Große Pläne hatte Papst Franziskus bei seinem Amtsantritt 2013 verkündet. Diese umfassten auch die Finanzverwaltung des Vatikan, die als korrupt und verschwenderisch bekannt war. So tauschte er in den letzten Jahren, seine Pläne verfolgend, Teile des Personals des als Vatikanbank bekannten Istituto per le Opere di Religione aus, kürzte Sonderzahlungen, setzte eine externe Prüfungsinstanz ein, änderte das Berichtswesen und die Regeln für die Verweildauer der Mitglieder im Aufsichtsrat und ließ womöglich zur Geldwäsche verwendbare sogenannte "Geisterkonten" schließen.
Dass das Finanzwesen des Vatikan trotz alledem nicht zufriedenstellend funktioniert, zeigen die jährlichen Finanzberichte, die kritischer werdenden Fragen zur Verwendung des Peterspfennigs und externe Aufdeckungen.
In diesem Jahr hatte die Covid-19-Pandemie dafür gesorgt, dass die Sammlung des Peterspfennigs – also die Spenden Gläubiger an den Heiligen Stuhl vor allem zur Umsetzung karitativer Projekte – vom traditionellen Zeitpunkt im Juni auf den 4. Oktober verschoben wurde. Bereits am Tag der Sammlung kamen Fragen nach der Verwendung der gesammelten Spenden auf. Immerhin war 2019 bekannt geworden, dass Millionen dieser jährlichen Spende in ein dubioses Immobiliengeschäft in London geflossen waren.
Gegen einen der Hauptakteure des Immobilien-Verlustgeschäftes, Giovanni Angelo Becciu, sowie einige seiner Untergebenen, ermitteln seitdem die vatikanische Finanzaufsicht, aber auch Moneyval, ein Ausschuss des Europarates für die Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche. Zu den Anschuldigungen kommen auch Vorwürfe der Vetternwirtschaft. So soll Becciu die Projekte von Verwandten sowie seine Heimatgemeinde mit finanziellen Mitteln versorgt haben.
Ende September dieses Jahres musste Giovanni Angelo Becciu als Präfekt der Kongregation für Heilig- und Seligsprechungen zurücktreten und auf seine Kardinalsrechte verzichten.
Bald darauf wurde Cecilia Marogna, eine Sicherheitsexpertin, die durch Kontakt zu Becciu vom Vatikan angeblich die Aufgabe erhielt, ein Beziehungsnetzwerk in Afrika und dem Nahen Osten zu bilden, um die dortigen Missionen vor Umweltrisiken und Terror zu schützen, mittels Haftbefehl von der italienischen Finanzpolizei gesucht. Nach Untersuchungen der Vatikan-Behörden soll Morogna von einer halben Million Euro aus der Vatikankasse zur Finanzierung humanitärer Operationen etwa 200.000 Euro für sich selbst ausgegeben und unter anderem Handtaschen und Möbel gekauft haben.
Wenig verwunderlich also, dass die Spenden zum Peterspfennig, trotz weltweiter Aufrufe und diverser Möglichkeiten der Einzahlung – von der Abgabe bei der Gemeinde in bar bis zur Online-Spende – immer geringer werden. Bei der Veröffentlichung des Vatikan-Finanzabschlusses für 2019 in diesem Monat musste Juan Antonio Guerrero Alves, Präfekt des Wirtschaftssekretariats des Heiligen Stuhls, wieder von einer Verringerung des Spendenvolumens von etwa 25 Millionen Euro im Vergleich zu 2018 berichten.
Auch hatte der Heilige Stuhl erneut höhere Ausgaben als Einnahmen. Im Jahr 2019 standen Einnahmen von 307 Millionen Euro Ausgaben in Höhe von 318 Millionen Euro gegenüber. Obwohl das Defizit von 75 Millionen Euro im Jahr 2018 auf elf Millionen 2019 gesenkt werden konnte und Guerrero Alves den Heiligen Stuhl nicht mit den Maßstäben eines Wirtschaftsunternehmens gemessen sehen möchte, räumt er Beratungsfehler und Betrug, die die Verluste verschuldeten, ein.
Das Netto-Eigenkapital des Heiligen Stuhls beträgt circa 1,4 Milliarden Euro. Ein Wert, der sich auf etwa vier Milliarden Euro erhöht, wenn nicht nur Peterspfennig und andere Zahlungen an den Heiligen Stuhl berücksichtigt werden, sondern auch die im Vatikan durch die Besuche von Katakomben, des Petersdoms, der Bibliotheken oder den Verkauf von Büchern erwirtschafteten Gelder.
6 Kommentare
Kommentare
Roland Weber am Permanenter Link
Von Grundstücks- ,Immobilien-, Unternehmens- oder Aktienbesitz lese ich da nix: Also "nur" die Spitze eines Eisberges - oder besser, die eines Sumpfes ...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Der Artikel ist m.E.
von zig Millionen von Opfern der Kirche, seit deren bestehen.
Thomas Reichert am Permanenter Link
Was macht man, wenn eine kriminelle Vereinigung dich und deine Ahnen betrogen hat? Man zeigt sie an .... bringt diese vors Gericht und verlangt Recht und Schadenersatz, Schmerzensgeld, Wiedergutmachung ...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ok, jetzt wäre nur noch zu klären wer "Man" ist und wer dann die Klage einreicht.
Werner Helbling am Permanenter Link
Der Vatikan ist die Black Box der Sonderklasse. Der Vatikan hat auch den bestens vernetzten Geheimdient auf dieser schönen Erde. Kein anderes Land/Staat verfügt über so viele Standbeine auf diesem Erdball.
Roland Weber am Permanenter Link
... nicht "scheinbar", sondern ganz offensichtlich!