Am vergangenen Freitag fanden sich auf Einladung des KORSO 16 Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Organisationen aus dem säkularen Spektrum per Videokonferenz zu einem Expertengespräch zusammen. Thema waren die sogenannten "altrechtlichen Staatsleistungen": Seit über 100 Jahren besteht ein Verfassungsauftrag zur Ablösung dieser regelmäßigen jährlichen Zahlungen an die evangelische und die katholische Kirche. Dieser Verfassungsauftrag ist bis heute nicht erfüllt.
Ein vorliegender Gesetzentwurf der drei Oppositionsfraktionen des Deutschen Bundestags, FDP, Linke und Grüne, kommt einer rechtlich unbegründeten Maximalforderung der Kirchen nahe und sieht enorme Transferzahlungen an die Kirchen aus dem allgemeinen Steueraufkommen vor. Dies ist aus säkularer Perspektive nicht akzeptabel, wie Johann-Albrecht Haupt von der Humanistischen Union, einer der Initiatoren des Bündnisses Altrechtliche Staatsleistungen ablösen! (BAStA), erläuterte. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass am Ende 14 Bundesländer insgesamt bis zu 28 Milliarden Euro Staatsleistungen an die beiden Amtskirchen zu zahlen hätten. Dies käme nach Haupt einer faktischen Privilegierung der beiden Amtskirchen gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gleich sowie einer Finanzierung der Kirchen zunehmend auch durch kirchenfreie Steuerzahler.
Der Gesetzentwurf missachte die religionssoziologische Lage, denn nur noch knapp über 50 Prozent der Bevölkerung sind Kirchenmitglieder. Darüber hinaus ignoriere er den bereits bestehenden Reichtum der Kirchen und das ohnehin hohe Kirchensteueraufkommen von jährlich etwa 12,6 Milliarden Euro (2019).
Die Expertenrunde diskutierte einen Nachmittag lang die wichtigsten Aspekte des komplexen Themas und war sich am Ende einig, dass aus säkularer Sicht streng genommen keine weiteren Ablösungszahlungen an die Kirchen mehr erfolgen dürften. Dennoch sprach sich eine Mehrheit für einen Kompromissvorschlag aus. So versammelten sich die säkularen Expertinnen und Experten hinter einem Änderungsantrag, den das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) im Dezember 2020 vorgelegt hatte und der eine Neuberechnung der Ablösungszahlungen vornimmt. Demnach ist die Ablösung innerhalb von fünf Jahren mit einem Gesamtbetrag von rund drei Milliarden Euro zu tätigen. Nach Angaben der ifw-Leiterin Jacqueline Neumann kann dieser Änderungsantrag von Abgeordneten frei verwendet werden.
Am 12. April wird nun eine Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages über den Gesetzentwurf stattfinden. Ein stetig wachsender Anteil der Bürgerinnen und Bürger, bald die Hälfte aller Deutschen, fühlt sich von den Kirchen nicht mehr vertreten. Der KORSO fordert daher die Berücksichtigung dieser gemeinsamen säkularen Perspektive im politischen Diskussions- und Entscheidungsprozess und fordert die Anhörung auch von Expertinnen oder Experten, die die altrechtlichen Staatsleistungen aus einer Perspektive betrachten, die nicht nur die Interessen der Kirchen, sondern auch die der großen Zahl säkularer oder kirchenferner Menschen berücksichtigt.
Erstveröffentlichung auf der Website des KORSO.
5 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Dass da *überhaupt* Ablösungszahlungen im Raum stehen (und seien es 'nur' € 3.000.000.000), ist eigtl. bereits ein ausgemachter Skandal.
Ich könnte schon wieder kotzen.
Giordano Bruno am Permanenter Link
Nanu Herr Trutnau, solch deutliche Worte ist man von Ihnen gar nicht gewöhnt.
In diesem Stil schreibe doch sonst oft ich und es wird dann gelöscht?
Giordano Bruno am Permanenter Link
Es wird allerhöchste Zeit dieses, seit über 100 Jahren bestehende, Unrecht zu beseitigen.
Wir alle haben schon genug von unseren hart erarbeiteten Steuergeldern an diese, m.E.
Veränderungen sollten auch alle anderen Privilegien, welche die Kirchen sich ergaunert haben auf den Prüfstand gelegt werden.
Heinz König am Permanenter Link
Man sollte die Religionsvermarkter enteignen und dicht machen.!
Und die Staatsanwaltschaft mal hinschicken.
awmrkl am Permanenter Link
ACK. Aber:
"Staatsanwaltschaft mal hinschicken"
Die müssen Sie aber höchstpersönlich mit riesigen Kränen zum Jagen tragen, nein, mühsam schleppen, denn diese "Staatsanwaltschaft" hat offensichtlich so GAR keine Lust, da ihre scharfen Instrumente auszupacken:
Parteiisches Gesindel eben, wie seit Ewigkeiten.
Und wenn Sie mühsam geschleppt haben, ist es durchaus wahrscheinlich, dass dieses Gesindel -obwohl mit Nase mittig aufs Unrecht gestossen- ihren Dienst einfach verweigern (haben sie so gemacht!) - einfach so ...
Ich bin SOOO stink-sauer ... -> $!$#]§{$(%&/}[*!1!elf!