Während Frauen im Priesteramt bei den Katholiken noch immer undenkbar erscheinen, hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sich nun dazu entschieden, in Wort und Schrift zu gendern. 60 Prozent der abstimmenden Laien sprachen sich für die neue Sprachregelung aus.
Über die Nutzung von gendergerechter Sprache lässt sich vortrefflich streiten, immerhin setzt man voraus, dass eine nicht organisch gewachsene Sprachänderung im Denken und Handeln ihrer Nutzer eine Veränderung in der Wahrnehmung der Geschlechter auslösen soll. Besonders interessant ist es jedoch, wenn ausgerechnet in einer Organisation, welche so gar nicht für Geschlechtergerechtigkeit bekannt ist, plötzlich immerhin in der Sprache Frauen und Männer (und andere) gleichermaßen bedacht werden sollen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat nun auf einer Vollversammlung beschlossen, gendergerechte Sprache in ihrem Schriftverkehr sowie bei offiziellen Stellungnahmen zu verwenden.
Über 60 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder des katholischen Laienvereins sprachen sich am 24. April 2021 für den Antrag "Geschlechtervielfalt in Wort und Schrift" aus. Verantwortlich für die Einbringung des Antrags waren maßgeblich der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB).
Es gab daraufhin viel Zuspruch aber auch Kritik an den neuen Sprachstatuten des ZdKs. Doch was ist von diesem Vorstoß nun zu halten? Könnten solche und ähnliche Entscheidungen tatsächlich Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche anstoßen?
Hierbei muss klargestellt werden, dass das ZdK an sich über keine direkte Macht etwa über die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) oder gar bis nach Rom verfügt. Dennoch ist das Zentralkomitee das Sprachrohr der deutschen katholischen Basis und ist in der Lage, ein Stimmungsbild der Gläubigen aufzuzeigen.
Für die Bischofskonferenz ist es in gesellschaftlichen Fragen immerhin beratend tätig. Das ZdK ist nach eigenen Angaben ein von der DBK anerkanntes Organ, "das die Kräfte des Laienapostolats koordiniert und das die apostolische Tätigkeit der Kirche fördern soll". Die Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken fassten ihre Entschlüsse jedoch in eigener Verantwortung und seien dabei von Beschlüssen anderer Gremien unabhängig.
Dies bedeutet zum einen, dass die Entscheidung zum Gendern weder von den hohen katholischen Würdenträgern mitgetragen worden sein muss, zum anderen, dass diese sich nicht dem Entschluss des ZdKs anschließen müssen. Dennoch ist der gesellschaftliche Druck auf die überkommenen Strukturen der katholischen Kirche so noch einmal deutlich geworden.
Das Zentralkomitee ist auch zuvor bereits mit progressiven Einstellungen aufgefallen, wie etwa dem Wunsch nach Priesterweihen auch für Frauen. Demnach ist die jetzige Entscheidung für das ZdK kein innerer Widerspruch, zeigt aber auch die immer stärker werdende Kluft zwischen der katholischen Kirche und seiner Basis auf.
Erstaunlich ist allerdings, dass das Gendern sogar in der deutschen Durchschnittsbevölkerung mehrheitlich als unwichtig bewertet wird. Dass sich nun gerade in einer katholischen Vereinigung eine so starke Mehrheit dafür ausgesprochen hat, ist bemerkenswert und kann als weiteres Zeichen des Komitees verstanden werden, allen Katholiken den Zugang zu Kirchenämtern zu öffnen.
Dass der Genderstern an sich die lang ersehnte geschlechtliche Gleichberechtigung in der katholischen Kirche auslösen wird, bleibt jedoch zu bezweifeln, da das ZdK auch schon mit der Forderung nach der Öffnung des Priesteramtes für Frauen nicht zu den Bischöfen durchzudringen vermochte. Daher wird der Genderstern bei den Priester*innen wohl auf absehbare Zeit nur eine kosmetische Änderung darstellen und keine wirklich personelle.
10 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Die Entscheidung ist begrüßungswert. Meine Bemerkung betrifft nur die Grammatik.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Priester [aber nur mit Sprechpause hier] innen. Tatsächlich meinen sie weibliche Priester. Maria 2.0 und so.
Das ist aufmüpfig, bedeutet Aufruhr.
Ob Franzi da ein Machtwort spricht?
Erwin K. am Permanenter Link
„Tatsächlich meinen sie weibliche Priester“
Herr Trutnau, Loriot würde Ihnen antworten: „Ach was!“
Hans Trutnau am Permanenter Link
Aber hallo, Erwin K., das würde er; und zwar ohne Sprechpause!
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Offenbar interessiert man sich dort mehr für das Make-Up als für das eigentliche Gesicht darunter...
Roland Weber am Permanenter Link
Das Gendern ist weitgehend schlichter Unsinn!
Das hat Thomas Kubelik mit seinem Buch "Genug gegendert - Eine Kritk an der femininstischen Sprache" nachgewiesen. Das grammatische Geschlecht (der/die/das) ist nun mal kein biologisches. Engländer könten sich gleich gar nicht (the), Franzosen nur theoretisch (le/la), an diesem Blödsinn beteiligen. Mit dem Sternchen mag es ja noch angehen, aber in Verbindung mit Artikel etc. entsteht ein Wust, der den Inhalt einer Aussage oft falsch oder jedenfalls nahezu unsprech(!)bar werden lässt.
Im direkten Kontakt mag das Gendern noch als akzeptabel erscheinen, in abstrakten Texten, Anordnungen, Gesetzen, Bedienungsanleitungen etc. landet man bestenfalls in der Komikerabteilung.
In Sachen Gleichberechtigung wird auch nichts besser - zumal die Aussagen dazu wissenschaftlich widerlegbar sind. Wo Gleichberechtigung einzufordern ist, sollte man es tun, aber nicht meinen, mit der Verhunzung der Sprache hätte man eine Revolution vorwärts gebracht.
Wird Deutschland führend in der Geschlechterdebatte wenn in EU-Protokollen der typsch deutsch-(vermeintlich)perfektionistische Unsinn seinen Niederschlag findet? Ausländer können darüber nur lachen - es sei denn sie wollen oder müssen gegenwärtig Deutsch lernen.
Zum Thema: Zum Gendern werde ich mich entschließen, wenn eine Päpstin die Herrschaft über die Untertan*innen und Hebammen*er im Vatikan*in erlangt hat!
Klaus Bernd am Permanenter Link
Wie es scheint haben die katholischen Laien in Deutschland immer noch nicht kapiert, dass die Sache ENDGÜLTIG entschieden ist. Sie sollten endlich mal lesen, was da steht:
ÜBER DIE NUR MÄNNERN VORBEHALTENE PRIESTERWEIHE
Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben. …
Aus dem Vatikan, am 22. Mai, dem Pfingstfest des Jahres 1994, dem 16. meines Pontifikates.
JOANNES PAULUS PP II“
Amen und Basta
Wer neugierig ist kann sich auch das theologische blabla dazu reinziehen: Erklärung Inter Insigniores der Kongregation für die Glaubenslehre
im Pontifikat von Papst Paul VI. zur Frage der Zulassung von Frauen zum Priestertum 15. Oktober 1976
kurz zusammengefasst:
1. Christus war ein Mann, Priester repräsentieren Christus.
2. Priester sein liegt nicht im „Wesen der Frau“.
3. Christus hat nur Männer für die „apostolische Nachfolge berufen.
Für letzteres wird u.a. Mt 10,1.7-8 herangezogen, was ein besonders schönes Beispiel für die von Klaus Unger angeführte Nutzbarmachung der Bibel darstellt:
„1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. 2 Die Namen der zwölf Apostel sind: …“ und „8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! ...“
Bemerkenswert, dass die Vollmacht, alle Krankheiten und Leiden zu heilen sowie Tote aufzuwecken, den Männern in der Nachfolge der Apostel irgendwie abhanden gekommen ist.
Und aus aktuellem Anlass, Affäre Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern für Kardinal Marx, seien noch die folgenden Verse zitiert:
„8. ...Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. 9 Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel! 10 Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert.“
Oh ich vergaß. H. Marx hält sich ja daran. Er steckt sich nur die Kreditkarte in die Badehose.
Roland Weber am Permanenter Link
Lieber Klaus,
ich freue mich immer, wenn ich etwas von dir lese. Ohne dir schmeicheln zu wollen, kann ich sagen (und beurteilen): Das hat immer Substanz!
Jeder, der sich in Glaubenssachen äußert, sollte eine Dogmensammlung zu Hause haben, damit er nachlesen kann, was katholische (Nicht-Denk-)Diktatur ist!
Es überrascht mich immer, wie dilettantisch auf katholischer Seite argumentiert wird. Wie du zu recht erkennst: Die Männerherrschaft ist so elementar für die katholische Kirche, wie Steuereinnahmen für den Staat! Wenn der Staat einmal komplett auf Steuern verzichtet, will ich auch glauben, dass Frauen Priester*innen (auch da muss "geschändert" werden) werden können. Eigentlich ist alles gesagt - und das sollten alle auch einmal als Argument im Kopf behalten, wenn sie wieder einmal der Fraktion der Gottesgebärerin 2.0 entgegentreten ...
Martin am Permanenter Link
Hauptsache Päpst*innen.
Götz am Permanenter Link
Das sind Probleme! Wie sieht es aus mit Gott? Gott*innen oder Gött*innen? Bleibt der/die eine männlich? Heiliger Geist? Der/die Heiligen Geist*innen? Oder Geister*innen?