Deutschland spricht darüber, 2G zur Grundlage der Teilnahme am öffentlichen Leben zu machen. Ganz Deutschland? Nein. Eine seltsam anmutende Sekte aus längst vergangen geglaubten Zeiten hält ihre Mitglieder für virenresistent. Auch ohne Impfung.
Man sollte wirklich meinen, dass angesichts der Tatsache, dass das Robert-Koch-Institut jeden Tag wieder Höchstwerte bei den Infektionszahlen meldet, jeder, der seine sieben Sinne zusammen hat, begreifen müsste, dass man jetzt etwas vorsichtiger sein sollte. Sollte man meinen. Da irrt man aber. Und dabei ist nicht einmal die Rede von der Minderheit derer, die nach fast zwei Jahren Einschränkungen und tausenden Toten noch immer von einer "Grippe" schwafeln oder dem Staat vorwerfen, eine Diktatur zu sein. Diese "Spezialisten" sind dieses Mal nicht das Thema.
Nein, die Rede ist hier von dem Verein, der sich wie ein Myzel durch den gesamten Staat zieht und – genau wie bei einem Parasiten üblich – sich keine Gedanken über den Wirt macht. Ja, die Rede ist hier von der Kirche.
Denn während gerade im Süden der Republik die Corona-Zahlen astronomische Werte erreichen, wurden in Bayern Gottesdienste von den 2G-Regelungen ausgenommen: "Gottesdienste bleiben von der […] in Bayern geltenden flächendeckenden 2G-Regelung ausgenommen", meldete die Tagesschau gestern. Und wie selbstverständlich bleibt es den Kirchengemeinden überlassen, wie sie (und ob sie) die Regeln umsetzen. "Wenn sich die Kirchengemeinde für eine 3G-Regel entscheidet, braucht es keine Personenobergrenze. Gilt keine 3G-Regel, dann müssen die Besucher die Mindestabstände von 1,5 Metern einhalten." Weil: Hat ja bisher super gut geklappt.
Wie neulich, als in Köln die Karnevalsaison eröffnet wurde. Das kann man wirklich nur noch mit einem ordentlichen Happen Zynismus kommentieren. Oder mit dem Kopf gegen die Wand rennen. Was macht Kölns Bürgermeisterin eigentlich beruflich? Ich meine: Könnte ja sein, dass sie allen Kölnern gönnen wollte, was der Karnevalsprinz schon vorher hatte: Corona.
Aber ich schweife ab. Wir waren bei der Kirche, die wieder einmal Sonderregelungen bekommt; Sonderregelungen, die sogar tödlich enden könnten. Und weil es die evangelische Landeskirche Sachsen nicht verknusen kann, wenn nur die bayerischen Katholiken ungestört herumspreadern dürfen, hat Landesbischof Tobias Bilz gleich mal klargestellt, dass auch die seine Kirche keine 2G-Regel für Gottesdienste plant. Ist ja auch logisch, da die Infektionszahlen in Sachsen noch höher sind als in Bayern.
Ja, kann man verstehen: Man möchte Gott nicht ins Handwerk pfuschen. Schließlich steht es allein dem Fantasiewesen zu, Leben zu geben und zu nehmen. Das scheint auch der Ex-Chef der Evangelischen Kirche in Deutschland so zu sehen. Verkündete doch Heinrich Bedford-Strohm vor einigen Tagen, dass trotz rasant steigender Corona-Infektionszahlen ein Verzicht auf Weihnachtsgottesdienste nicht in Frage komme.
Selbst die mancherorts bereits als kirchenfern gefeierte (zukünftige) Bundesregierung knickt schon vor den Gottesmännern ein: Laut tagesschau.de soll "künftig auch die Untersagung von Versammlungen und religiösen Zusammenkünften ausgeschlossen sein." So etwas nennt man Freibrief. Egal wie hoch die Inzidenzwerte noch klettern: Die Kirchen bekommen das verbriefte Recht, in Gottesdiensten ohne Einschränkungen das Virus zu verbreiten.
Ich habe da noch einen abschließenden Rat an die Bayern, die Sachsen und den Bundestag: Plant schon einmal die Einrichtung eines Triagierungsteams ein. So eines, wie es die Salzburger Landeskliniken (SALK) jetzt einrichten mussten. Und vergesst dabei nicht, einen Pfarrer darin aufzunehmen, der den Angehörigen der Sterbenden dann erklären kann, weshalb die Kirchen beten für wichtiger halten als die Gesundheit ihrer Schäfchen.
P.S.: Ja, dem Autor ist bekannt, dass Evangelische kein Weihwasser benutzen.
7 Kommentare
Kommentare
Petra Pausch am Permanenter Link
Jedes Jahr zu Weihnachten und Ostern das gleiche unsägliche Spiel. Was bilden sich diese Leute - Kirchenfürsten wie Politiker - eigentlich ein? Macht Glauben neuerdings immun?
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Erschrocken las ich die Zeilen.
empfahl ich, das heilige Wasser dort, ungleich der Transportbehältnisse vom Flacon über Kanister bis zum Tanklastzug, an alle Anhänger, gegen Gebühr, zu verteilen.
Das würde den Nebeneffekt haben, das Mütterchen reichlichst "pecunia" zufließen würde! Einen passenden Leitspruch hätte ich auch dazu, selbstredend in der vatikanischen Amtssprache: AQUAM PECUNIAM ;)
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Das wäre doch die Gelegenheit für einen interessanten Feldversuch: Tausend Gottesdienstbesucher gegen geimpfte Nicht-Gottesdienstbesucher, repräsentativ ausgewählt.
Wenn ich was zu sagen hätte – das Ergebnis wüsste ich jetzt schon.
Auffällig ist übrigens, dass von Moscheen schon lange nichts mehr zu hören ist. Deren Besucher stehen offenbar auch unter göttlichem Schutz. Anders ist das offizielle Schweigen dazu nicht erklärbar. Ich vermute allerdings, dass man wieder mal aus purer politischer Korrektheit Verhalten bestimmter Gruppen nicht wahrnehmen möchte.
Als S-Bahnfahrer im Süden Berlins ganz in der Nähe eines großen Flüchtlingsheims wohnend stelle ich fest, dass insbesondere Männer mit erkennbaren Migrationshintergrund sich weitgehend gleichgültig verhalten gegenüber solchen lästigen Vorschriften wie Maskentragen und Abstandhalten. Und wenn eine Maske getragen wird, bleibt die Nase – mitunter auch bei jenen, die nicht zu besagter Klientel zählen – frei. Irgendwelche Kontrollen dieser Art gibt es nicht und Hinweise Mitfahrender sind bekanntlich schnell gefährlich, weil man vorher nicht weiß, zu welchen unerwünschten Reaktionen solche Ermahnungen führen. Also unterbleiben sie.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ja, natürlich bleiben "Gottesdienste von den 2G-Regelungen ausgenommen".
S/ Der Herr wird's schon richten. Wo kämen wir da auch sonst hin? \S
Martin Franck am Permanenter Link
Ich hätte ja nichts dagegen, wenn in einer Kirche von der Größe des Kölner Doms sich für eine dreiviertel Stunde ein paar verstreute Hansel treffen, dabei Maske tragen und nicht selber singen, sondern nur vorne singt
Denn nach fast zwei Jahren Pandemie müsste es auch dem Letzten aufgegangen, daß es um die Aerosole geht. Wer immer noch von 1,5 Metern spricht, hat irgendwie anderthalb Jahre als Eremit gelebt.
Ein sehr viel größeres Problem sind hingegen die Freikirchen. Das waren sie schon von Anfang an in der Pandemie.
Wie also für Gleichbehandlung sorgen?
Vor dem Gebäude keine Versammlungen.
Immer FFP2-Maske tragen.
Nur Personen eines Haushalts zusammen.
Kein Singen, kein Chor.
Anzahl der Leute berechnet sich aus Dauer der Veranstaltung, Raumgröße und Lüftungskonzept.
a.s. am Permanenter Link
Solange die Regierung nach der Pfeife der Kirche tanzt, leben wir in einer Theokratie.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wenn Wahlen etwas ändern würden wären sie verboten.
Ändern können nur wir alle etwas, indem wir Druck aufbauen, Aufklärung verbreiten und Machenschaften aufdecken und anprangern.
wir könnten uns auch selbst verwalten und sinnvolle Dinge realisieren, denkt mal darüber nach.