Köln

Staatsanwaltschaft leitet zweites Ermittlungsverfahren gegen Woelki ein

Was wusste Rainer Maria Woelki – und vor allem, wann? Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nun in einem zweiten Verfahren wegen Verdachts auf falsche eidesstattliche Versicherung gegen den umstrittenen Kardinal. Woelki hatte versichert, nicht vor diesem Jahr von Beweisen zu Missbrauchstaten zweier Kirchenfunktionäre erfahren zu haben. Besonders pikant ist die Tatsache, dass Woelki eine dieser beiden Personen vor einigen Jahren noch persönlich beförderte.

Die Kausa Michael D.

Vor zwei Tagen kündigte die Staatsanwaltschaft Köln an, ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Kardinal Rainer Maria Woelki einzuleiten. Anlass sei die vergangene Woche getätigte Aussage einer ehemaligen Mitarbeiterin von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, in einem presserechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Köln. "Diese Aussage gibt hinreichend Anlass, in Ermittlungen einzutreten, was den Wahrheitsgehalt der eidesstattlichen Versicherung des Kardinals Woelki angeht", so ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Die frühere Sekretärin Meisners gab in dem Verfahren an, den damaligen Weihbischof Woelki bereits im Jahr 2011 über Verfehlungen des 2017 zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten beförderten Pfarrers Michael D. aufgeklärt zu haben. Sie habe ihm damals unter anderem mitgeteilt, dass D. mit Messdienern die Sauna frequentiere.

In diesem Verfahren streitet sich Woelki mit der Bild-Zeitung über einen Bericht, in dem behauptet wird, er hätte bereits vor der Beförderung des Pfarrers Einsicht in dessen Personalakte genommen und Kenntnis einer polizeilichen Warnung gehabt. Der Kölner Erzbischof hatte per eidesstattlicher Versicherung erklärt, den Inhalt besagter Personalakte nicht zu kennen. D. hatte Jahre vor seiner Beförderung durch Woelki außerdem Sex mit einem 16-jährigen Prostituierten. Woelki gab in seiner eidesstattlichen Versicherung an, hierüber nur gerüchteweise gehört zu haben.

Die Kausa Winfried Pilz

In einem anderen Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft Köln bereits Anfang des Monats Ermittlungen gegen Woelki aufgenommen. Dabei geht es um den Fall des inzwischen verstorbenen Sternsingerpräsidenten Winfried Pilz. In zwei eidesstattlichen Versicherungen hatte Woelki erklärt, erst im Juni dieses Jahres von den Missbrauchsvorwürfen gegen Pilz erfahren zu haben.

Das Kölner Erzbistum hatte im Juni bekanntgegeben, mehrere Vorwürfe gegen den obersten Sternsinger zu prüfen. So war Pilz bereits 2014 von Woelkis Vorgänger Meisner wegen eines Missbrauchsfalls aus den 1970er-Jahren gerügt und mit einer Geldstrafe belegt worden, außerdem untersagte ihm der damalige Kardinal den weiteren Kontakt zu Minderjährigen. Am 16. September erklärte das Erzbistum Köln, Hinweise auf weitere Missbrauchstaten entdeckt zu haben.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft folgen auf ein Interview einer ehemaligen Mitarbeiterin der Personalabteilung des Erzbistums mit dem Kölner Stadtanzeiger. Die frühere Assistentin der Personalführung habe Woelki nach eigener Aussage bereits im Januar 2015 persönlich eine Excel-Liste aktueller Missbrauchsvorwürfe vorgelegt. Unter den 14 Namen auf dieser Liste habe sich auch der von Winfried Pilz befunden.

Wie reagiert der Vatikan?

Das Eis unter Woelkis Füßen wird zunehmend dünner. Nach einer knapp sechsmonatigen "geistlichen Auszeit", in der Woelki sein aus dem Steuersäckel finanziertes, fünfstelliges Gehalt weiter bezog, meldete sich der Kardinal im März zurück aus der Meditation. Sein in dieser Zeit bei Papst Franziskus eingereichtes Rücktrittsgesuch liegt noch immer unbeantwortet auf dem Schreibtisch des Pontifex.

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, sieht in der zögerlichen Haltung Roms eine ernste Gefahr. Die aufgeheizte Stimmung sei durch Woelkis Auszeit nicht abgeebbt, im Gegenteil: "Wenn der Vatikan nicht handelt, fährt das Erzbistum vor die Wand", so Stetter-Karp.

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