Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz (FVS) begrüßt den Entscheid der Walliserinnen und Walliserinen, die sich für eine freie Entscheidung am Lebensende entschieden haben. Auch die Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas freut sich über die Entscheidung der Walliser Bürger.
Die FVS hat sich für ein klares "Ja" an der Urne engagiert. Suizidhilfe ist eine Freiheit und ein Recht, das vom Bundesgericht und vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannt wird. Mit dem "Ja" zum Gesetz erhalten nun auch in Walliser Gesundheitseinrichtungen lebende Bewohnerinnen und Bewohner dieses Recht. Der Präsident der FVS hat es bereits im Vorfeld der Kampagne festgehalten: "Ein Heim, das staatliche Subventionen annimmt, muss sich auch mit den staatlichen Regelungen abfinden!"
"Es freut mich sehr, dass die Zusammenarbeit des Pro-Lagers so gut funktioniert hat. In dieser Angelegenheit waren wir gerne auf der Seite des Staatsrates, denn hier wollte er das Richtige. Bei der Vatikan-Million ist das anders und bei dieser anderen Angelegenheit bleiben wir am Ball. Heute aber freut mich immens, dass das Wallis in einem weiteren gesellschaftlichen und politischen Bereich im 21. Jahrhundert angekommen ist und der Schweiz wiederum beweist: Hier leben eben nicht bloß katholische Bergler, sondern viele weltoffene, liberale und weltlich eingestellte Menschen. Das wird auch immer mehr Politikern klar", sagte Valentin Abgottspon, Vize-Präsident der FVS und Verantwortlicher für die Regionalgruppe Oberwallis. Andreas Kyriacou, Präsident der FVS, ergänzt: "Mit ihrem Entscheid hat die Walliser Bevölkerung den Zürcher Kantonsrat überholt. Der beharrte Ende Oktober darauf, dass subventionierte Heime Sterbehilfe verbieten dürfen. Das Walliser Abstimmungsergebnis ist ein klares Signal ans Zürcher Parlament: Hier muss nachgebessert werden."
Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz mit ihrer Regionalgruppe Oberwallis und der Sektion "Suisse Romande" hat zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einer Postkarten-Aktion die Wichtigkeit des Anliegens in sämtliche Briefkästen des Kantons getragen. Kombiniert mit dem Aufruf "Ja zu Palliative Care und Sterbehilfe – frei entscheiden – bis ans Lebensende" wurde in jeden Walliser Briefkasten auch ein vorfrankierter Unterschriftsbogen für die Petition "Die Million vors Volk" gesandt.
Dignitas schreibt dazu in einer Presseerklärung: "Das Abstimmungsergebnis wird für alle jene Kantone Signalwirkung haben, in denen es bis heute immer noch möglich ist, dass öffentlich finanzierte Alters- oder Pflegeheime das elementare Menschenrecht, über das eigene Lebensende selbst zu bestimmen, ungestraft verletzen dürfen. Der Verein ist zuversichtlich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis solche Zustände in der ganzen Schweiz der Vergangenheit angehören.
Die Walliserinnen und Walliser sind der scheinheiligen Argumentation des Komitees "Pro Liberty" ("Für Freiheit", sic!) gegen das "Gesetz über die Palliative Care und die Rahmenbedingungen für Beihilfe zum Suizid in Institutionen und Einrichtungen" (PCBSIE) nicht gefolgt. Dieses von konservativen Kreisen getragene und vom katholischen Paternalismus inspirierte Komitee verdrehte den Gedanken der persönlichen Freiheit ins Absurde. Es rief dazu auf, die Vorlage abzulehnen, weil man die Freiheit der Heime verteidigen müsse. Dagegen war vom Menschenrecht jeder Bewohnerin und jedes Bewohners, selbst über die Art und den Zeitpunkt des eigenen Lebensendes zu entscheiden, keine Rede. "Diese Geringschätzung des individuellen Selbstbestimmungsrechts hat die Mehrheit der Walliserinnen und Walliser nicht goutiert. Sie haben die Vorlage, welche der Grossrat mit 83 gegen 40 Stimmen beschlossen hat, sehr deutlich angenommen und das grundlegende Recht auf Wahlfreiheit über das eigene Lebensende für alle Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton Wallis bestätigt", heißt es weiter.
Dieser Volksentscheid im als katholisch-konservativ geltenden Wallis kommt für Dignitas nicht überraschend. Er mache deutlich, dass die Zeit, in welcher die Kirche und ihre Verbündeten Macht über die Menschen in ihrem Umfeld ausüben konnten, langsam aber sicher zur Neige geht. Dieser Trend zeichnete sich im Wallis bereits vor zwei Jahren deutlich ab. Bereits 2020 hat eine repräsentative Umfrage ergeben, dass eine klare Mehrheit der Walliserinnen und Walliser, seien sie katholisch, protestantisch oder ohne Bindung an eine Religion, die Zulassung von Suizidhilfe in Alters- und Pflegeheimen befürwortet. Dieses Ergebnis wurde jetzt an der Urne bestätigt.
2 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Na also, geht doch, warum bei uns in der BRD noch nicht?, ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug?, oder der Widerstand der Kirchenhöhrigen Richter und Politiker noch zu groß?
Wie auch immer, wir lassen nicht nach bis eine vernünftige Regelung gefunden und
damit ein selbstbestimmtes Sterben die Normalität ist.
Roland Fakler am Permanenter Link
Die katholische Kirche konnte immer die dümmsten und abgedrehtesten Dogmen durchsetzen, nicht weil sie die Mehrheit des Volkes hinter sich hatte, sondern weil wenige Kirchenfürsten die Macht dazu hatten.