Manche nennen ihn den "Cyber-Apostel", andere schreiben vom "Influencer Gottes" – der 2006 an Leukämie verstorbene Jugendliche Carlo Acutis wird demnächst von der katholischen Kirche heiliggesprochen. Schon jetzt tourt sein Herz, verarbeitet zur Reliquie, durch die Kirchen Europas. Stationen sind unter anderem Hamburg, München, Köln und Amsterdam.
Der Junge aus Mailand war zu Lebzeiten als tief religiös bekannt. Er besuchte regelmäßig den katholischen Gottesdienst und engagierte sich in der Gemeindearbeit. Die Eucharistie (katholische Abendmahlsfeier) bezeichnete er Berichten zufolge als "Autobahn in den Himmel". Zudem führte er seit dem 11. Lebensjahr im Internet ein technisch aufwändiges Verzeichnis von sogenannten "eucharistischen Wundern", also angeblich übernatürlichen Ereignissen im Zusammenhang mit geweihten Hostien.
2006 verstarb Carlo Acutis mit nur 15 Jahren an Leukämie. Nach dem außergewöhnlich raschen Seligsprechungsprozess 2020 (der hpd berichtete) soll er noch in diesem Jahr zum Heiligen der katholischen Kirche erklärt werden. Das haben Papst Franziskus und eine Prüfungskommission von Kardinälen kürzlich entschieden. Acutis wird damit der erste Heilige der Millennial-Generation.
Nach Ansicht der Kirchenleute hat der früh Verstorbene bereits zwei Wunder bewirkt: So sei ein schwerkranker brasilianischer Junge 2010 gesund geworden, nachdem er eine Reliquie von Acutis berührt habe. Das zweite Wunder soll sich 2022 ereignet haben, als eine Schwerverletzte wieder gesund wurde, nachdem deren Mutter an Acutis' Grab für die Genesung gebetet hatte. Medizinisch unerklärlich, urteilten die kirchlichen Gutachter und machten damit den Weg frei für die Heiligsprechung.
Den Leichnam von Carlo Acutis hatte man 2019 exhumiert. Heute ist der Körper in einem gläsernen Sarkophag in einer Kirche in Assisi ausgestellt. Ein Teil des Herzens wurde entnommen und befindet sich nun in einem reich verzierten Reliquienschrein.
Nach der Exhumierung kursierte kurzzeitig das Gerücht, Acutis' Leichnam sei bei Graböffnung unversehrt vorgefunden worden. Vielen katholischen Gläubigen gilt dies als Anzeichen für die Heiligkeit des Verstorbenen. Der zuständige Erzbischof Domenico Sorrentino dementierte diese Meldungen jedoch wenig später. Vielmehr habe der Leichnam "den normalen Prozess der Verwesung" durchlaufen.
8 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Die taz spricht vom »Nekromantischer Wanderzirkus«: https://taz.de/Kirche-mit-Reliquie-unterwegs/!6023639/
Roland Fakler am Permanenter Link
Die katholische Kirche hat jahrhundertelange Erfahrungen darin, aus Leichen und Lügen Kohle zu machen. Kein Wunder, dass sie damit weitermachen.
Peter Linke am Permanenter Link
Man weiß nicht, ob man über diesen Humbug lachen oder weinen soll.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Diese Leichenschändung ist schon widerlich und krank. So etwas sollte gesetzlich verboten werden.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Es ist verboten. Nennt sich Störung der Totenruhe.
d37l3f am Permanenter Link
Bei der Kirche Cybert es im Karton.
G.B. am Permanenter Link
In Italien ist anscheinend auch eine Leichenschändung nicht strafbar wenn diese von den Kirchen begangen wird.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Warum braucht und gebraucht ein allmächtiger Gott einige Menschen als Apostel? Wenn er etwas von uns will, dann müsste ein allmächtiges Wesen uns das selbst mitteilen können.