"Kompromisslos durch die Endzeit"

Evangelikaler Pastor ruft zum Widerstand gegen staatliche Corona-Maßnahmen auf

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Pastor Christian Stockmann demonstriert während seiner Predigt den Hitlergruß.
Screenshot des Videos

Pastor Christian Stockmann ruft in einem Video seiner "Mandelzweig"-Gemeinde offen zum Rechtsbruch geltender Gesetze auf. Seit dieser Woche sind Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus in Kraft, die bei Zuwiderhandlung geahndet werden können. Diese Maßnahmen seien "Wahnsinn" und dienten nur als Test zur Manipulation der Massen in der Endzeit. Die Krone setzt der Prediger seinen Auslassungen auf, indem er die Gesetze zur Pandemiebekämpfung mit der Verpflichtung zum Zeigen des Hitlergrußes im Dritten Reich vergleicht – und diesen auch demonstriert.

"Kompromisslos durch die Endzeit" ist der Slogan, der gleich zu Beginn eingeblendet wird. Das Video entstand laut Beschreibung nach einem Seminar am vergangenen Samstag, einen Tag, bevor die Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern ein umfassendes Kontakt- und Versammlungsverbot beschlossen hatte, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. "Dieser 'Weckruf' brannte in meinem Herzen und musste einfach raus!", heißt es in der Beschreibung unterhalb des Videos weiter, der Heilige Geist habe ihn dazu gedrängt. "Was dann die nächsten 20 Minuten folgte, war das Feuer seiner Leidenschaft in meinem Herzen."

"Wenn du einer von denen sein willst, die die bösen Herrschaftssysteme dieser Welt zum Einstürzen bringen, dann musst du auch bereit sein, dich ganz bewusst nicht an die Gesetze und Vorschriften des Landes zu halten", beginnt Pastor Christian Stockmann seine Predigt. Er gehört zum "Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden" und betreibt on- und offline das Projekt "Mandelzweig". Gemeinsam mit seiner Frau, mit der er sieben Kinder hat, will er durch Videos und vor Ort in einem gleichnamigen Café alias "missionarisches Gebetshaus" im Berliner Stadtteil Wedding "Menschenfischer" sein und diese zu "leidenschaftlichen Liebhabern Gottes" machen. Zu ihren Versammlungen komme man nicht aus Pflichtgefühl, "sondern um eine krass gute Zeit mit dem Heiligen Geist zu haben".

Unter den Charismatikern und Pfingstlern herrsche in dieser Zeit "ein weichgespültes Christsein", da sie die staatliche Autorität ehren würden, schimpft Stockmann im Video. "Nein, ich ehre sie nicht, wenn sie Schwachsinn machen und unser Land in den Abgrund bringen." Amen, ruft es aus dem Hintergrund. Währenddessen wird am Bildrand eingeblendet, die Regierung habe sich von fast allen christlichen Grundwerten abgewandt und ermögliche den Mord an 300 bis 600 ungeborenen Babys pro Tag. Die Regierung lehre Gottlosigkeit, brüllt er in sein Mikrofon, während er mit der Handkante auf sein Rednerpult schlägt, zum Beispiel, indem Kindern beigebracht werde, "dass Homosexualität gut und normal ist" (eingeblendet). Außerdem würden sie in den Schulen frühzeitig zu außerehelichem Sex "ermutigt".

Und nun werde "vorsätzlich die eigene Wirtschaft zerstört" und "grundlos der absolute Notstand ausgerufen". "Wenn dort irgendeine sinnvolle Zahl da wäre, wenn dort irgendeine Maßnahme wäre, weil dort eine echte, echte Gefahr da wäre (…). Die ganze Robert-Koch-Institut-Seite kannst du durchsuchen, du kannst suchen und suchen, du wirst keine Zahlen finden, die irgendeine ernste Bedrohung sind", findet der studierte Theologe. "31 Tote waren es in Deutschland bis gestern", erklärt er. "2017/18 hatten wir eine Grippewelle, da sind 25.000 Menschen in Deutschland gestorben. Weißt du, was 31 zu 82 Millionen sind? (…) Das ist ein kleiner Pup." Gelächter. "Und dass eine Regierung bereit ist, wegen einem kleinen Pup die gesamte Wirtschaft, die Kleinunternehmer zu zerstören und eine Ausgangssperre zu verhängen, ist Wahnsinn. (…) Das ist nicht (…) #WirbleibenZuhause, das ist #WirmachenBlödsinn, #WirrichtenunserLandzugrunde. Oder auch: Wir machen Feueralarm, um mal zu gucken, wie weit ist eine komplette Masse kontrollierbar, wie weit können wir einüben für die Endzeit, dass die Leute machen, was wir sagen." Zustimmung aus dem Publikum. Es sei die Vorbereitung auf die in der Offenbarung prophezeite Weltregierung.

"Ich möchte hier mal ganz klar was sagen: Wir hatten 'ne Zeit, wo es staatliches Gesetz war 'Heil Hitler' zu rufen! Es war Gesetz! Und (…) fast alle haben mitgemacht", schreit er und dazu zeigt er ihn bei Minute 5:50 auch, den strafrechtlich untersagten Hitlergruß. Zwar wird diese Szene im Video durch ein Bild im Bild kaschiert und noch dazu nur unscharf gezeigt, so dass man das Gesicht von Christian Stockmann in diesem Moment nicht erkennen kann, aber es ist dennoch eindeutig, was er da tut.

Man werde zu ihm sagen: "Du schadest uns", wenn er sich in der aktuellen Situation widersetze, so wie man es im Dritten Reich denjenigen gesagt habe, die nicht mitmachen wollten. "Wir hätten so schön weichgespült Gottesdienste feiern können und hätten die Homoleute ruhig bei uns hinten in der Reihe sitzen haben, jetzt wegen dir haben wir Stress und müssen alle ins Gefängnis. Halleluja." Auch die Mauer würde noch stehen, wenn alle immer machen würden, was der Staat sage.

Ihm sei es die letzten 48 Jahre gut gegangen, obwohl es jedes Jahr eine Grippewelle gegeben habe, fährt der Prediger fort. "Diese Panik zu machen wegen diesem (sic) Virus, eigentlich ist das kriminell, das ist Einschüchterung." "Wo ist das Wissen, wo sind die Fakten?", fragt der Freikirchler und nennt die Fallzahlen aus Italien "fraglich". "Sorry, wenn's uns grade allen prächtig geht und wir sind kerngesund, warum sollen wir nicht zusammen beten? (…) Das, was wir hier heute erlebt haben, hätten wir nicht alleine zuhause erleben können."

Auch anderen Gemeinden riet er: "Versammelt euch zum Gebet. Sagt doch nicht euren Leuten, die sollen sich nicht treffen" und drückt sich dabei zwei Finger an die Schläfe. "Schließt doch nicht eure Hauskreise, seid ihr denn wahnsinnig?" In Nordkorea sei die Bibel verboten, aber die Leute sagten deswegen nicht, dass sie keine hätten, sondern dass sie sie gut verstecken müssten. Und ein Satz darf in einem solchen Zusammenhang natürlich nicht fehlen, der die Religion über die für alle geltenden Gesetze stellt: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen."

Das Café "Mandelzweig" in Berlin scheint derweil laut Website weiterhin geöffnet zu sein und es finden wohl auch noch Veranstaltungen wie das "Gebetstraining für Überwinder" statt. Und das gerade einmal einen Kilometer vom Robert-Koch-Institut entfernt, das in der gleichen Straße einen Sitz auf dem Charité-Campus hat.

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