Die Kirchen in Deutschland sind dafür bekannt, dass sie kreative Wege beschreiten, um ihre Einnahmen zu steigern. Bekanntschaft mit einer speziellen Form der Kreativität machte jüngst auch eine muslimische Unternehmerin. Die Muslima soll der evangelischen Kirche Geld zahlen, weil ihr Mann dort Mitglied ist. hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg sprach mit Rechtsanwältin Dr. Jacqueline Neumann über die unfreiwillige Kirchenfinanzierung durch Nicht-Kirchenmitglieder, ihren aktuellen Fall und "das besondere Kirchgeld".
hpd: Frau Dr. Neumann, Sie führen einen Rechtsstreit für eine Muslima, die keine Kirchensteuer zahlen will, weil sie mit den christlichen Kirchen nichts am Hut hat. Warum will die evangelische Kirche Geld von Ihrer Mandantin?
Rechtsanwältin Dr. Jacqueline Neumann (Foto: Evelin Frerk)
Dr. Jacqueline Neumann: Von der Muslima fordert die Kirche das Geld nur indirekt, über das Familieneinkommen. Rein formal zahlt ihr evangelischer Ehemann die Kirchensteuer. Sie wird von ihm erhoben, weil er evangelisches Kirchenmitglied ist, aber überhöht, weil sie als erfolgreiche Unternehmerin deutlich mehr verdient als er.
Die Einzelheiten sind so: eigentlich müsste ihr Ehemann nur die Kircheneinkommensteuer zahlen, weil er ein gutes, eigenes Einkommen hat. Dennoch wird auch das sogenannte "besondere Kirchgeld" beim ihm berechnet. Die Kirche nimmt eine Vergleichsberechnung vor und der höhere Betrag wird festgesetzt. Das besondere Kirchgeld ist höher als die Kircheneinkommensteuer, wenn das Einkommen des nichtkirchlichen Ehepartners höher ist als das 1,5 fache des Einkommens des kirchlichen Ehepartners. Damit wird das Einkommen des nichtkirchlichen Ehepartners, in diesem Fall das Einkommen der Muslima, entscheidend für die Kirchensteuer.
Das heißt also, auch wenn ich aus der Kirche austrete, weil ich den Verein nicht mehr mitfinanzieren will, muss ich trotzdem weiterhin von meinem Geld Kirchensteuer zahlen, wenn mein Ehepartner Kirchenmitglied bleibt?
De facto ja, so erging es auch einem anderen Mandanten von mir. Er trat aus der Kirche aus, weil er deren Morallehre für nicht unterstützungswürdig hält und sie seiner Ansicht nach nicht mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen ist. Dennoch muss er indirekt weiter Kirchensteuer zahlen. Nach seinem Austritt lag bei ihm nun die oft anzutreffende Konstellation vor, dass die Ehefrau mit geringem zu versteuerndem Einkommen Kirchenmitglied ist, und der Ehemann mit dem hohen Einkommen konfessionsfrei ist. Bei Doppelverdienern belastet die Kirche entweder das Kirchenmitglied mit einer überhöhten Steuer oder sie besteuert die Ehe als Gemeinschaft.
Die genaue Zahl derartiger Fälle ist übrigens öffentlich nicht bekannt. Nach den amtlichen Statistiken gibt es mindestens eine Million glaubensverschiedene Ehen, die somit vom besonderen Kirchgeld betroffen sind, und aus den Verdienststatistiken kann man abschätzen, dass etwa die Hälfte davon Doppelverdiener sind. Da kommen schon einige Millionen zusammen - zur Hälfte definitiv entgegen Verfassungsrecht.
Das ist ja unglaublich. Wie kommt es zu so einer Praxis der Steuererhebung?
Das liegt an der Verquickung von Kirche, staatlicher Finanzverwaltung und Justiz. Die Folge ist eine Ausgestaltung des deutschen Rechts, die eine verfassungswidrige Umgehung des Verbots der Erhebung von Beiträgen von Nichtmitgliedern darstellt.
Soweit mir das ersichtlich ist, stand am Anfang eine recht einfache Überlegung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1965: Die Kirche darf nur den ihr angehörenden Ehepartner besteuern. Wenn aber ein Kirchenmitglied kein eigenes Einkommen hat, sein kirchenfremder Ehepartner aber gut verdient, könnte es als unbillig erscheinen, dass dieses Kirchenmitglied trotz eines hohen Lebensstandards und einer ehebedingt höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine Kirchensteuer bezahlt. Deshalb könnte die Kirche – so die Idee des Gerichts – ja einfach Besteuerungsmerkmale wählen, die in der Person des Kirchenmitglieds gegeben sind. Gegenstand der Besteuerung könnte etwa der "Lebensführungsaufwand" sein. Die Leistungsfähigkeit des Kirchenmitglieds ergäbe sich aus seinem Anteil am gesamten Ehegatteneinkommen.
In den Jahren nach 1965 haben die Kirchen das besondere Kirchgeld in immer mehr Bundesländern in den Kirchensteuergesetzen eingeführt. Heute wird es von allen evangelischen Landeskirchen, etlichen katholischen Bistümern sowie einer Reihe kleinerer Religionsgemeinschaften erhoben.
In der Praxis läuft es heute so, dass der "Lebensführungsaufwand" nicht konkret bemessen wird. Der Aufwand wird schlicht und ergreifend anhand des gemeinsam zu versteuernden Einkommens der Ehegatten geschätzt. Dabei verschwand auch die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes, dass das besondere Kirchgeld nur dann erhoben werden darf, wenn der kirchenangehörige Ehepartner "einkommenslos" ist. Die Kirchensteuergesetze der Länder lassen dies entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu, indem sie das besondere Kirchgeld im Falle einer glaubensverschiedenen Ehe generell ermöglichen, also entgegen dem Bundesverfassungsgericht unabhängig von der Einkommenskonstellation. Dafür haben die Kirchen offensichtlich in den Gesetzgebungsverfahren gesorgt.
Außerdem agieren die Kirchen in ihren Kirchensteuerbeschlüssen mit der vorhin erwähnten Vergleichsberechnung. Mit der Vergleichsberechnung erheben sie einfach die höhere von zwei Steuern, allein weil sie höher ist. Die Finanzministerien der Länder tun, was die Kirchen verlangen und genehmigen diese Beschlüsse entgegen ihren Amtspflichten regelmäßig. Damit werden diese kirchlichen Beschlüsse zu staatlichem Recht, das die Finanzämter zu beachten haben. Dahinter steht eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Finanzministerien, die die Kirchensteuern koordiniert.
Kurzum: Gegenwärtig besteuert die Kirche also munter das gemeinsame Einkommen beider Ehepartner, auch wenn nur einer von beiden in der Kirche ist. Dass die Herrschaften der Kirchensteuerstellen bei diesem Vorgehen ein schlechtes Gewissen haben, sieht man daran, dass in den Steuerbescheiden zunehmend nur noch "Kirchensteuer" steht, und nicht "besonderes Kirchgeld".
Wieso tolerieren die Gerichte ein solches Vorgehen?
Hierfür habe ich zwei Erklärungen:
Erstens scheint es mir leider so, dass Klagen gegen das besondere Kirchgeld in der Vergangenheit teilweise ungünstig angesetzt waren. Betroffene klagten und wandten sich auch im Falle von Doppelverdienern gegen das Rechtsinstitut des besonderen Kirchgeldes als solches, und bekamen dann zu hören, dass das besondere Kirchgeld seit dem Jahr 1965 verfassungsrechtlich abgesichert sei. Die Einkommenskonstellation – und das ist der rechtlich entscheidende Punkt – wurde hingegen von den Betroffenen in den Verfahren nicht thematisiert und deshalb von den Gerichten auch nicht näher betrachtet.
Zweitens haben sich etliche Gerichte hanebüchene Lücken und teilweise kirchenlobbyistische Frechheiten bei der Urteilsbegründung erlaubt. In einigen Fällen muss man fast von kollektiver Rechtsbeugung reden. Da wird die Erhebung von Kirchgeld auch schon mal mit Bestimmungen zur Verrechnung der Kircheneinkommensteuer zwischen den Kirchen begründet.
Wie es zu solchen Zuständen kommen konnte, kann man in dem aktuellen Buch von Carsten Frerk zur "Kirchenrepublik Deutschland" nachlesen. Kirchenlobbyisten sitzen auch in der Justiz. Im Übrigen hat der Vatikan eine höhere Anzahl an Verdienstorden an die Richter des Bundesverfassungsgerichtes verliehen als an die Kirchentreuen im ZDF oder in der CDU - das Gericht, welches das besondere Kirchgeld, wie beschrieben, in einem Urteil im Jahr 1965 ja überhaupt erst "erfunden" hat, um den Kirchen höhere Einnahmen zu verschaffen. Unterm Strich stehen unberechtigte Millioneneinnahmen der Kirchen, die von "Staatsdienern" in der Justiz abgesichert worden sind.
Die Aufrechterhaltung des besonderen Kirchgeldes seit seiner umfassenden Einführung in den 1990er Jahren wird von Kirchenlobbyisten mit einer angeblichen Finanznot der Kirchen begründet. Die Kircheneinkommensteuer steigt jedoch schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Im Jahr 2014 haben die Einnahmen der katholischen Kirche nach eigenen Angaben zum dritten Mal in Folge die Fünf-Milliarden-Grenze übersprungen. Auch die evangelische Kirche verzeichnete Rekordeinnahmen aus der Kirchensteuer von mehr als 5 Mrd. Euro. Und selbst wenn es eine Finanznot gäbe, rechtfertigte dies keineswegs verfassungswidriges Vorgehen bei der Steuererhebung.
Was ist, wenn ich bei der Steuererklärung die Religionszugehörigkeit meines Ehepartners einfach nicht eintrage?
Dies werde ich gelegentlich auch von Mandanten gefragt. Ich kann anwaltlich nur raten, bei der Wahrheit zu bleiben und keine falsche Steuererklärung einzureichen. Sie würden eine Straftat begehen. Durch den Datenaustausch zwischen Staat und Kirchen würde das eher früher als später auffliegen.
Kann man sich gegen das besondere Kirchgeld überhaupt noch wehren?
Wer sich als aller erstes wehren könnte und sollte, das sind aus meiner Sicht die Rechtspolitiker in den Parlamenten. Es gibt einen klaren Verfassungsauftrag zur Trennung von Staat und Religion. Diese kirchensteuerlichen Praktiken sind gesetzlich durch eine säkulare Rechtspolitik einfach zu verhindern. Wir haben in Deutschland nicht 100% Kirchenmitglieder. Die Gesellschaft ist pluralisiert. Die größte Gruppe in Deutschland sind die Konfessionsfreien. Das sollten die Rechtspolitiker aller Parteien erkennen und entsprechend Recht setzen für die Kirchen: So wie sich jeder Verein in Deutschland durch seine Mitglieder oder freiwillige Zuwendungen zu finanzieren hat, und nicht durch die Nicht-Mitglieder.
Wer vom Kirchen-Inkasso als Nicht- oder Andersgläubiger betroffen ist, müsste zunächst den konkreten Fall bewerten. Viele erhalten in diesen Wochen ihren Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2015.
Nehmen wir den Fall an, dass nur der nichtkirchliche Ehepartner ein eigenes Einkommen hat: Dann müsste die oder der Betroffene versuchen, das besondere Kirchgeld als solches für verfassungswidrig erklären lassen. Das hat in 50 Jahren Rechtsprechung jedoch niemand geschafft. Das Bundesverfassungsgericht hat alle derartigen Verfassungsbeschwerden abgelehnt, es bestünde kein verfassungsrechtlicher Klärungsbedarf. Dieser Weg bietet derzeit nur äußerst geringe Chancen.
Aussichtsreicher ist es in dem Fall, wenn das Kirchenmitglied ein eigenes Einkommen hat. Das ist das eingangs geschilderte Beispiel mit der muslimischen Geschäftsfrau.
Zuletzt hat 2013 das oberste Gericht für Steuersachen, der Bundesfinanzhof (BFH), klar gesagt, dass die Rechtslage nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig sei: das besondere Kirchgeld wird nur in der Fallkonstellation erhoben, in der ein kirchenangehöriger Ehepartner "mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei" ist.
Das Jahr 2013 ist ein Weilchen her. Weshalb verlangt dann das Finanzamt immer noch das besondere Kirchgeld, auch im Fall Ihrer Mandantin, die ja Muslima ist?
Nach meinem Eindruck wird der Beschluss des Bundesfinanzhofs von 2013 mit dem Aktenzeichen I B 109/12 von Kirchen und Finanzbehörden konsequent verschwiegen. Die Finanzämter ziehen sich gerne auf die landesrechtlichen Kirchensteuergesetze und Beschlüsse zurück und missachten Bundesrecht, obwohl es übergeordnet ist. Ich halte diese Praxis der Kirchen und Finanzbehörden für rechtswidrig.
Wieso gibt es noch keine entsprechenden Urteile nach diesem Beschluss des Bundesfinanzhofs?
Es mag einen ganz praktischen Grund geben: Der Beschluss des Bundesfinanzhofes wurde unter dem Stichwort "Kircheneinkommensteuer" veröffentlicht, nicht unter "Kirchgeld".
Außerdem sollte nicht überschätzt werden, wo und in welcher Tiefe sich Richter der unteren Instanzen informieren können. Auch sie recherchieren in Fachzeitschriften und sind auf die Verlässlichkeit der veröffentlichten Informationen angewiesen. Kirchenjuristen und staatlich finanzierte Kirchenlehrstühle sind sehr produktiv und bestimmen mit vielen pro-kirchlichen Publikationen zum besonderen Kirchgeld die rechtswissenschaftliche Informationslage. Dadurch kann der Eindruck in der Justiz stehen, als ob das besondere Kirchgeld generell und anerkanntermaßen rechtmäßig sei. Tatsächlich vertreten viele Kirchenjuristen in den Publikationen eindeutig verfassungswidrige Positionen, zum Beispiel bei der grundlegenden Frage der kirchlichen Besteuerung der Ehe als Gemeinschaft. Aus Unkenntnis oder Vorsatz sei dahingestellt.
Was können Sie einem genervten atheistischen oder muslimischen Kirchgeldzahler empfehlen?
Der Ehemann der vorhin erwähnten muslimischen Unternehmerin war über die Finanzpraktiken so verärgert, dass er aus der evangelischen Kirche ausgetreten ist, und gegen den Kirchensteuerbescheid Einspruch eingelegt hat.
Bei Alleinverdienern gibt es nur sehr begrenzte Möglichkeiten, solange der Rechtsrahmen nicht angepasst wird. Wie gesagt, laut Bundesfinanzhof ist die Rechtslage eindeutig: besonderes Kirchgeld nur bei einkommenslosem Kirchenmitglied. Im Prinzip bleibt nur: zahlen oder aus der Kirche austreten.
Bei Doppelverdienern empfehle ich, Einspruch zu erheben. Dafür brauchen betroffene Ehepaare nicht unbedingt anwaltliche Vertretung. Vorsicht ist bei den Darstellungen kirchlicher Stellen geboten. Hier sind bestenfalls unvollständige Hinweise zu finden. In exzellenter und auch für Nichtjuristen verständlicher Weise hat das kostenlose Informationsportal Kirchgeld-Klage.info das besondere Kirchgeld aufgearbeitet. Das Portal wird von Betroffenen unabhängig auf privater Basis betrieben. Man findet dort so ziemlich alles: die Rechtslage auf Bundes- und Landesebene, Analysen fragwürdiger Urteile, das Vorgehen beim Finanzamt mitsamt Mustereinsprüchen und auch Anregungen für den Aufbau einer Klage. Der Austausch mit dem Netzwerk der Betreiber ist auch bei meinen Fällen sehr hilfreich, nicht zuletzt zeigt es den Mandanten, dass sie nicht alleine stehen. Aus meiner Sicht hat sich Kirchgeld-Klage.info zu dem besten frei verfügbaren Informationsangebot zum Thema Kirchgeld entwickelt.
Wer sich in das Thema ein wenig einarbeitet, kann den Mustereinspruch aus dem Portal selbst auf seine persönlichen Verhältnisse anpassen und einreichen. Einer Klage hat zwingend der Einspruch gegen den Steuerbescheid vorauszugehen. Für eine Klage sollten sich Betroffene einen Rechtsbeistand suchen. Es schadet nicht, Anwälte und Richter auf das Portal hinzuweisen. Denn dann hat die Klage auch gute Chancen.
Frau Dr. Neumann, ich danke Ihnen sehr für diese Erläuterungen, die doch Hoffnung aufkommen lassen.
Frau Dr. jur Jacqueline Neumann ist Rechtsanwältin in Köln.
Das im Interview erwähnte unabhängige Informationsportal ist Kirchgeld-Klage.info.
Zumindest in Bayern gibt es für Alleinverdiener noch die Möglichkeit sich einer Gemeinschaft anzuschließen die den Status "Körperschaft des öffentlichen Rechts hat".
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Da hier das besondere Kirchgeld, nach bayerischem Kirchensteuergesetz Artikel 22 Satz 4 "Es wird nicht erhoben, wenn der Ehegatte des Umlagepflichtigen einer Kirche, Religionsgemeinschaft oder weltanschaulichen Gemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.", ausfällt.
Dieses Vorgehen ist für eine Muslima natürlich nicht unbedingt zufriedenstellend, da mir nur eine KdöR muslimischer Ausrichtung bekannt ist und ob Sie sich deren Ziele/ Auffassungen (die ich nicht kenne) zu eigen machen möchte ist fraglich.
Alternativ bleibt eine Mitgliedschaft in einer humanistischen oder freigeistlichen KdöR.
Hinzu kommt, dass diese KdöR (dürfte die Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR sein) nicht von Bayern, sondern von Hessen anerkannt wurde, und die Kirchen sich in so einem Fall vmtl.
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auf das Zeugen Jehovas-Urteil berufen, um dennoch bKG zu kassieren.
Um das mal sowohl mit Mutter Teresa als auch mit Thomas Strobel zu verknüpfen; der Grundpfeiler "christlicher Werte" ist wohl dieser:
Das Geld eintreiben, wo immer man es kriegen kann.
Vielen Dank für diese hilfreiche Information! Es ist immer wieder erstaunlich, wie unser Staatskirchenrecht so funktioniert. Zum Glück haben wir auch ZWEI Staatskirchen, eine einzige wäre ja verfassungswidrig. :)
den von ihnen vereinnahmten Finanzämtern musste ich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde entgegentreten: Sie haben einfach aus meiner Frau eine Protestantin gemacht, damit ich als Atheist zur Kirchensteuer herangezogen werden sollte. Meine Frau ist aber "katholisch". Nach diesem Theater wurde sie auch wacher. Es geht der Kirche übrigens immer nur um das Geld. Da bleibt das Seelenheil vollkommen auf der Strecke.
was soll die aufregung? wer sich steuerlich gemeinsam veranlagen läßt, mit all den vorteilen, wird auch gemeinsam den anderen steuerpflichten unterworfen. ich empfehle: getrenntveranlagung.
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aber hier ist church-bashing das business as usual.
Wenn das mit der Getrenntveranlagung nur so einfach wäre wie behauptet. Da muss mal erst mal wissen, ob der Splittingvorteil höher ist als die Mehrzahlung auf das besondere Kirchgeld, was nicht unbedingt gesagt ist.
Hier ist (mal wieder) ein empörender Missstand zwischen Kirchen und Staat aufgezeigt worden - Verfassungswidrigkeit sogar. Klar ist hier "church-bashing".
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Church-hugging gibt's ja außerdem anderswo genug. :o)
Ja, immer feste druff. Manche merken nicht, dass es an Hirn gebricht. Sie sind nicht in der Lage, eine simple Steuerlogik zu kapieren. Es liegt an der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer.
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Wen’s stört, läßt sich getrennt veranlagen, dann gibt’s kein gemeinsames Ehegatteneinkommen und die Kirchensteuerpflicht betrifft nur das Kirchenmitglied. Oder aber, was für die meisten Lesern hier die sympathischere Lösung wäre, auch der andere Eheteil tritt aus. Church-bashing ist nur intern angesagt. Da das steuerliche Artefakt unschön aussieht, wird meist wohl der Folgeaustritt gewählt werden. Dieses nicht zu kapieren und kirchlicherseits für Abhilfe zu sorgen, ist leider nicht die einzige Dummheit der Kirchenoberen.
Ich fasse zusammen: Natürlich darf man church-bashing betreiben, soweit man nicht nur Schaum vorm Munde hat, sondern auch stichhaltige Argumente. Natürlich dürfen missionierende Humanisten missionieren. Why not? Man sollte seine Äußerungen jedoch immer von Dummheiten und Eiferertum freihalten: sine ira et studio.
Eine Ausnahme: Wenn „René“ ein ehemaliges Heimkind sein sollte, in kirchlichen Heimen misshandelt und missbraucht, dann wäre Hass eine Haltung, die zu respektieren ist, auch wenn es ein Jammer ist zu sehen, wie jemand mit Scheuklappen herumläuft.
Es wirkt etwas unpassend, wenn Du mit Schaum vorm Munde von Schaum vorm Munde faselst. Und Deine dummen Versuche, mich auf persönlicher Ebene zu provozieren kannst Du Dir sparen.
Ich kann jetzt nicht genau erkennen, ob der Vorwurf des "church-bashing" sich auf das Interview oder einen der Kommentare dazu bezieht. Wenn damit das o.a.
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Interview gemeint sein sollte, halte ich den Vorwurf für unreflektiert und falsch. Die kirchliche Besteuerung unterliegt staatlichem Recht, und Dr. Neumann hat dargelegt, dass die Kirchen im Falle eines eigenen Einkommens das besondere Kirchgeld entgegen der staatlichen Rechtslage auf Bundesebene erheben. Wer eine Darlegung der - lt. BFH "eindeutigen" - Rechtslage als "church bashing" ansieht, muss sich fragen lassen, wie er es denn mit dem Grundgesetz hält. - Was die Hinweise zur Getrenntveranlagung angeht, so kann ich nur nochmals empfehlen, sich erst die Daten anzuschauen und dann Ratschläge zu erteilen. Wenn das Kirchenmitglied um die 30-40 T€ verdient und der Kirchenfremde ca. 80 T€ und mehr, übersteigt die Mehrzahlung aus dem besonderen Kirchgeld gegenüber der KiESt den Splittingvorteil. Dann ist in der Tat Getrenntveranlagung angesagt. In den meisten anderen Fällen überwiegt aber der Splittingvorteil, so dass Getrenntveranlagung rein finanziell ein schlechter Rat ist.
Abgesehen vom Grund-Bias des hpd, dem man in vielen Fällen Church-bashing vorhalten kann, (er bedient sich – mit meiner Einwilligung – durchaus auch meiner Beiträge, wenn’s passt: http://hpd.de/node/7088), abgesehen davon also, hieß die Überschrift des hier zur Debatte stehenden Artikels: „Kirchgeld bei Doppelverdienern ist verfassungswidrig“. Setze ich Grundkenntnisse des menschenrechtlichen Teils unseres GG voraus, dann handelt es sich nicht lediglich um starken Tobak, sondern um Meinungsjournalismus, den ich Church-bashing nenne. Wir haben Religionsfreiheit, die positive wie die negative, als Grundrecht. Im Beispiel der „Doppelverdiener“ (eine diskriminierende Bezeichnung, denn meist verdient keiner von beiden doppelt). Beide haben von ihrem Grundrecht Gebrauch gemacht, der eine für, der andere gegen die Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft, die das Recht hat, Steuern zu erheben (die der Staat gegen einen üppigen Obulus einzieht). Das ist grundgesetzkonform und die Steuerpflicht ist rechtmäßig und rechtlich geregelt. Werden beide gemeinsam zur Einkommenssteuer veranlagt, dann auch zur Kirchensteuer. Ist das grundgesetzwidrig? Will einer der Partner nicht nur Geld sparen, sondern sein Grundrecht auf negative Religionsfreiheit auch in der Steuerangelegenheit geltend machen, kann und wird er das tun und muss dabei im Rechtsrahmen bleiben. Das heißt auf das Splitting verzichten und die Entscheidung seines Partners anerkennen, nämlich Kirchenmitglied bleiben zu wollen. Also wird allein die Person zur Kirchensteuer veranlagt, die Kirchenmitglied und zudem steuerpflichtig ist. Jetzt kann man natürlich zu rechnen anfangen: Was ist günstiger, die Zusammenveranlagung mit Kirchensteuer oder die Getrenntveranlagung mit eventuell überhaupt keiner Kirchensteuer. Das ist im freien Ermessen der Ehegatten. Bleibt es dann aus rein rechnerischen Gründen bei der Zusammenveranlagung mit Kirchensteuer, so bezeugt eine solche Entscheidung die Achtung der positiven Religionsfreiheit des Partners, der, warum auch immer, nicht aus der Kirche austreten will. So viel Respekt sollte man erwarten dürfen.
Meist dürfte es anders laufen. Wenn die Kirchenmitgliedschaft, wie immer mehr anzutreffen, ohnehin eine eher formelle Sache ist (https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/03/12/eine-zeitdiagnose-die-mitgliedschaftsumfrage-der-ekd/ ), folgt der Austritt aus der Kirche. Die Kirchenleitungen sind also nicht gut beraten (im Church-bashing-Jargon: saublöd), diese Rechtskonstruktion, die absolut nicht grundgesetzwidrig ist, aufrecht zu erhalten. Denn es sieht wirklich saublöd aus, wenn eine Muslima Kirchensteuer zahlen muss. Das lädt doch geradezu zum Church-bashing ein – und dann zählen keine Argumente.
Ich finde diesen Kommentar hier erfreulich nüchtern, sachlich und konstruktiv.
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Ich finde zwar, dass der Staat überhaupt keine Steuern für Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften erheben sollte, aber es wundert mich, dass in dem Interview die Frage der Veranlagung nicht einmal erwähnt wird - auch das Wort "Splitting" kommt nicht vor. Statt dessen heißt es: "Bei Doppelverdienern belastet die Kirche entweder das Kirchenmitglied mit einer überhöhten Steuer oder sie besteuert die Ehe als Gemeinschaft." Das suggeriert, das sei unabhängig von der Veranlagungsform; bei https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchgeld_in_glaubensverschiedener_Ehe sieht das anders aus.
@ Dierk Schäfer vom 14.9.2016: Der zentrale Punkt ihrer Darlegung ist der Satz .
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„Werden beide gemeinsam zur Einkommenssteuer veranlagt, dann auch zur Kirchensteuer.“ Danach wird ein Ehepaar bei gemeinsamer Veranlagung zur Einkommensteuer auch gemeinsam zur Kirchensteuer veranlagt.
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Das ist falsch, weil es nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) übereinstimmt. Bei konfessionsgleicher und konfessionsverschiedener Ehe fällt das nicht weiter auf, weil es hier zumeist Regelungen gibt, die eine vereinfachte Berechnung und Verrechnung der Kircheneinkommensteuer (KiESt) vorsehen. Bei glaubensverschiedener Ehe - nur einer beiden ist Kirchenmitglied - ist das anders. Denn die frühere Haushaltsbesteuerung wurde 1957 vom BVerfG verboten (1 BvL 4/54), seither gilt die Individualbesteuerung. Das sog. Splittingverfahren ist nur eine wählbare optionale Begünstigung der Ehe und daher zulässig.
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Die kirchliche Besteuerung unterliegt staatlichem Recht, weil Art. 2 (1) GG dem Art. 140 GG vorgeht (BVerfG, 1 BvR 413/60).
Wegen der o.a. Individualbesteuerung darf die Kirche nur ihre Mitglieder besteuern (1 BvL 31/62), bei glaubensverschiedener Ehe also nur den ihr angehörigen Ehegatten (1 BvR 606/60). Die Einkommen eines steuerpflichtigen und eines nicht steuerpflichtigen Ehegatten dürfen nicht zusammengerechnet werden, es fehlt an der rechtlichen Möglichkeit eines Splittingverfahrens (1 BvR 606/60).
Damit ist Ihre o.a. Behauptung widerlegt; egal was die Kirchen dazu erzählen. Auf den Rest Ihrer Darstellung brauche ich daher nicht näher einzugehen.
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Das Obiter dictum in 1 BvR 606/60 erlaubt das besondere Kirchgeld als Besteuerung des sog. „Lebensführungsaufwandes“ nur für den Fall „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“. Kirchliche Publikationen verschweigen das und behaupten anderes, obwohl die Kirche das eigene Einkommen des Kirchenmitgliedes besteuern „muss“, sofern sie das Einkommen besteuert (1 BvR 606/60). Letzteres tut sie ausweislich der sog. Vergleichsberechnung, in der sie sich ohne jeden Rechtsgrund und entgegen den Vorgaben des BVerfG den höheren Betrag aus KiESt und bes. Kirchgeld heraussucht. Kein Gericht hat diese Vergleichsberechnung je bestätigt. Im Gegenteil: Der BFH hat diese Vergleichsberechnung 2013 im Beschluss I S 24/13 für irrelevant erklärt.
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Die o.a. Rechtsprechung des BVerfG von 1965 etc. zur kirchlichen Besteuerung gilt nach wie vor (2010: 2 BvR 591/06). Der BFH hat auf Basis von 2 BvR 591/06 im Beschluss I B 109/12 von 2013 als „eindeutige Rechtslage“ festgestellt: Das besondere Kirchgeld ist zulässig, „allerdings“ „nur für diese Fallkonstellation“ „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“. Die Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei eigenem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten (kurz: Doppelverdienern, oder wie immer Sie diese Konstellation nennen mögen) entspricht daher nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG.
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Darauf hat Dr. Neumann hingewiesen.
@ Hans Maier zu meinem Kommentar im HPD-Artikel: „Kirchgeld bei Doppelverdienern ist verfassungswidrig“. Ich habe nachgeforscht. Sie haben den Sachverhalt richtig dargestellt.
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Ich kannte den feinen rechtlichen Unterschied zwischen Kirchensteuer und Kirchgeld nicht. Ansonsten hatte ich von der Logik her Recht: Der nicht kirchensteuerpflichtige Partner kann sich der Kirchgeldforderung entziehen durch Getrenntveranlagung bei der E-Steuer – oder er bewegt seinen Partner zum Kirchenaustritt.
Aus meiner Sicht ist das nicht nur eine Frage finanzieller Abwägung, sondern auch der Achtung der Religionsfreiheit der Partner untereinander. Man respektiert gegenseitig die Religionsnichtzugehörigkeit, wie die Religionszugehörigkeit (bzw. die abweichende Religionszugehörigkeit) und nötigt einander nicht, diesen Status zu ändern, auch wenn dies finanzielle Nachteile mit sich bringt, sei es durch die der Heranziehung zum Kirchgeld, sei es durch den Verzicht auf Vorteile durch die gemeinsame Veranlagung zur Steuer.
Aber eine Verfassungswidrigkeit kann ich beim derzeitigen Rechtsstand nicht erkennen.
Kurzer Hinweis zu den Zahlen: Meine IFG-Anfrage hat ergeben, dass es in Berlin 2012 knapp 14.000 Fälle gab mit einer Steuersumme von insgesamt ca. 7 Mio. Euro (s. https://fragdenstaat.de/a/10173).
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Ganz grob geschätzt dürften es bundesweit mehrere Hunderttausend Fälle sein mit einer Steuersumme von mehr als 100 Mio. Euro im Jahr.
Die Kieler Nachrichten berichten über einen Fall, bei dem eine (kirchensteuerpflichtige) Frau vom Finanzamt die Aufforderung bekam, 1.200 Euro Kirchensteuer für ihren seit langem aus der Kirche ausgetretenen Mann nachzuzahlen.
Wie funktioniert eigentlich eine gute Karikatur? Warum lachen wir schallend über die eine, während eine andere nur ein leichtes Schmunzeln auslöst? Über was darf überhaupt gelacht werden? Und wer legt das fest? In ihrem Buch "Zur Anatomie der Karikatur" hat Nadia Menze diese Fragen pointiert und mit Unterstützung zahlreicher Karikaturen beantwortet. Der hpd hat mit der Cartoonistin über das befreiende Lachen, Shitstorm-Aktivismus, notwendige Diskussionsanstöße und inspirierende Inhalte gesprochen.
Mit der Lehre Jesu hatte Paulus nicht viel zu schaffen. Aber obwohl er völlig andere Positionen vertrat, prägten seine Auffassungen das Christentum. Die Idee der Sündhaftigkeit des Menschen, der christliche Antijudaismus, die Forderung nach Unterwerfung unter eine "gottgegebene Obrigkeit" oder die grundsätzliche Unterordnung der Frau – viele der reaktionären Positionen des Christentums lassen sich mit Paulus begründen. Das hat Heinz-Werner Kubitza in seinem neuen Buch "Der unterschlagene Jesus" herausgearbeitet. Der hpd sprach mit dem Buchautor, der einst in Theologie promoviert wurde.
Mit der Streichung eines den Kirchen zugute kommenden Steuerprivilegs ließen sich jährlich 4,6 Milliarden Euro einsparen. Geld, das in Zeiten riesiger Haushaltslöcher dringend gebraucht würde. Der Zentralrat der Konfessionsfreien fordert ein Ende der Bevorzugung der Kirchensteuer im Einkommensteuerrecht.
Am 31. Mai tötete ein mutmaßlicher Islamist auf dem Mannheimer Marktplatz einen Polizisten, der zur Hilfe eilte, als der Mann einen islamkritischen Infostand mit einem Messer angriff. Seit dem 29. Juni steht Frederik Seibring regelmäßig auf dem Mannheimer Marktplatz und setzt ein Zeichen "Gegen Islamismus und für Demokratie". Im Interview schildert er seine Gründe und Erfahrungen.
23 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
ich zahle indirekt Kirchensteuer, was mich schon genug ärgert. wer selbst einer Religion angehört muss zahlen, selbst schuld.
René am Permanenter Link
Ja und, was willst Du damit sagen? Hier geht es nicht darum, dass Mitglieder "Kirchensteuer" bezahlen müssen.
David am Permanenter Link
tja, wenn man einen Partner hat der in einer Sekte ist, dann muss man selber auch zahlen. oder man trennt sich.
Marner am Permanenter Link
Zumindest in Bayern gibt es für Alleinverdiener noch die Möglichkeit sich einer Gemeinschaft anzuschließen die den Status "Körperschaft des öffentlichen Rechts hat".
Dieses Vorgehen ist für eine Muslima natürlich nicht unbedingt zufriedenstellend, da mir nur eine KdöR muslimischer Ausrichtung bekannt ist und ob Sie sich deren Ziele/ Auffassungen (die ich nicht kenne) zu eigen machen möchte ist fraglich.
Alternativ bleibt eine Mitgliedschaft in einer humanistischen oder freigeistlichen KdöR.
Michael Ganss am Permanenter Link
Hinzu kommt, dass diese KdöR (dürfte die Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR sein) nicht von Bayern, sondern von Hessen anerkannt wurde, und die Kirchen sich in so einem Fall vmtl.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Um das mal sowohl mit Mutter Teresa als auch mit Thomas Strobel zu verknüpfen; der Grundpfeiler "christlicher Werte" ist wohl dieser:
Das Geld eintreiben, wo immer man es kriegen kann.
Paul am Permanenter Link
"Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt" nach Johann Tetzel.
Was brauchts den Gülden, was nicht durch Gebet geregelt werden kann?
Eine Bettwanze saugt auch nicht mehr, wie sie braucht, denn einen Rucksack kann sie nicht tragen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ehemann - raus aus dem Verein, sofort! Und gut is.
Guido W. Reichert am Permanenter Link
Vielen Dank für diese hilfreiche Information! Es ist immer wieder erstaunlich, wie unser Staatskirchenrecht so funktioniert. Zum Glück haben wir auch ZWEI Staatskirchen, eine einzige wäre ja verfassungswidrig. :)
Wolfgang am Permanenter Link
Der Dreistigkeit der Kirchen bzw.
dierk schäfer am Permanenter Link
was soll die aufregung? wer sich steuerlich gemeinsam veranlagen läßt, mit all den vorteilen, wird auch gemeinsam den anderen steuerpflichten unterworfen. ich empfehle: getrenntveranlagung.
Hans Maier am Permanenter Link
Wenn das mit der Getrenntveranlagung nur so einfach wäre wie behauptet. Da muss mal erst mal wissen, ob der Splittingvorteil höher ist als die Mehrzahlung auf das besondere Kirchgeld, was nicht unbedingt gesagt ist.
René am Permanenter Link
Hier ist (mal wieder) ein empörender Missstand zwischen Kirchen und Staat aufgezeigt worden - Verfassungswidrigkeit sogar. Klar ist hier "church-bashing".
dierk schäfer am Permanenter Link
Ja, immer feste druff. Manche merken nicht, dass es an Hirn gebricht. Sie sind nicht in der Lage, eine simple Steuerlogik zu kapieren. Es liegt an der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer.
Ich fasse zusammen: Natürlich darf man church-bashing betreiben, soweit man nicht nur Schaum vorm Munde hat, sondern auch stichhaltige Argumente. Natürlich dürfen missionierende Humanisten missionieren. Why not? Man sollte seine Äußerungen jedoch immer von Dummheiten und Eiferertum freihalten: sine ira et studio.
Eine Ausnahme: Wenn „René“ ein ehemaliges Heimkind sein sollte, in kirchlichen Heimen misshandelt und missbraucht, dann wäre Hass eine Haltung, die zu respektieren ist, auch wenn es ein Jammer ist zu sehen, wie jemand mit Scheuklappen herumläuft.
René am Permanenter Link
Es wirkt etwas unpassend, wenn Du mit Schaum vorm Munde von Schaum vorm Munde faselst. Und Deine dummen Versuche, mich auf persönlicher Ebene zu provozieren kannst Du Dir sparen.
Hans Maier am Permanenter Link
Ich kann jetzt nicht genau erkennen, ob der Vorwurf des "church-bashing" sich auf das Interview oder einen der Kommentare dazu bezieht. Wenn damit das o.a.
dierk schäfer am Permanenter Link
Na dann sortieren wir einmal.
Meist dürfte es anders laufen. Wenn die Kirchenmitgliedschaft, wie immer mehr anzutreffen, ohnehin eine eher formelle Sache ist (https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/03/12/eine-zeitdiagnose-die-mitgliedschaftsumfrage-der-ekd/ ), folgt der Austritt aus der Kirche. Die Kirchenleitungen sind also nicht gut beraten (im Church-bashing-Jargon: saublöd), diese Rechtskonstruktion, die absolut nicht grundgesetzwidrig ist, aufrecht zu erhalten. Denn es sieht wirklich saublöd aus, wenn eine Muslima Kirchensteuer zahlen muss. Das lädt doch geradezu zum Church-bashing ein – und dann zählen keine Argumente.
Jo am Permanenter Link
Ich finde diesen Kommentar hier erfreulich nüchtern, sachlich und konstruktiv.
Hans Maier am Permanenter Link
@ Dierk Schäfer vom 14.9.2016: Der zentrale Punkt ihrer Darlegung ist der Satz .
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Das ist falsch, weil es nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) übereinstimmt. Bei konfessionsgleicher und konfessionsverschiedener Ehe fällt das nicht weiter auf, weil es hier zumeist Regelungen gibt, die eine vereinfachte Berechnung und Verrechnung der Kircheneinkommensteuer (KiESt) vorsehen. Bei glaubensverschiedener Ehe - nur einer beiden ist Kirchenmitglied - ist das anders. Denn die frühere Haushaltsbesteuerung wurde 1957 vom BVerfG verboten (1 BvL 4/54), seither gilt die Individualbesteuerung. Das sog. Splittingverfahren ist nur eine wählbare optionale Begünstigung der Ehe und daher zulässig.
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Die kirchliche Besteuerung unterliegt staatlichem Recht, weil Art. 2 (1) GG dem Art. 140 GG vorgeht (BVerfG, 1 BvR 413/60).
Wegen der o.a. Individualbesteuerung darf die Kirche nur ihre Mitglieder besteuern (1 BvL 31/62), bei glaubensverschiedener Ehe also nur den ihr angehörigen Ehegatten (1 BvR 606/60). Die Einkommen eines steuerpflichtigen und eines nicht steuerpflichtigen Ehegatten dürfen nicht zusammengerechnet werden, es fehlt an der rechtlichen Möglichkeit eines Splittingverfahrens (1 BvR 606/60).
Damit ist Ihre o.a. Behauptung widerlegt; egal was die Kirchen dazu erzählen. Auf den Rest Ihrer Darstellung brauche ich daher nicht näher einzugehen.
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Das Obiter dictum in 1 BvR 606/60 erlaubt das besondere Kirchgeld als Besteuerung des sog. „Lebensführungsaufwandes“ nur für den Fall „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“. Kirchliche Publikationen verschweigen das und behaupten anderes, obwohl die Kirche das eigene Einkommen des Kirchenmitgliedes besteuern „muss“, sofern sie das Einkommen besteuert (1 BvR 606/60). Letzteres tut sie ausweislich der sog. Vergleichsberechnung, in der sie sich ohne jeden Rechtsgrund und entgegen den Vorgaben des BVerfG den höheren Betrag aus KiESt und bes. Kirchgeld heraussucht. Kein Gericht hat diese Vergleichsberechnung je bestätigt. Im Gegenteil: Der BFH hat diese Vergleichsberechnung 2013 im Beschluss I S 24/13 für irrelevant erklärt.
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Die o.a. Rechtsprechung des BVerfG von 1965 etc. zur kirchlichen Besteuerung gilt nach wie vor (2010: 2 BvR 591/06). Der BFH hat auf Basis von 2 BvR 591/06 im Beschluss I B 109/12 von 2013 als „eindeutige Rechtslage“ festgestellt: Das besondere Kirchgeld ist zulässig, „allerdings“ „nur für diese Fallkonstellation“ „mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei“. Die Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei eigenem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten (kurz: Doppelverdienern, oder wie immer Sie diese Konstellation nennen mögen) entspricht daher nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG.
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Darauf hat Dr. Neumann hingewiesen.
dierk schäfer am Permanenter Link
dann muss ich das wohl erst einmal so stehen lassen und bin gespannt, was der ekd-finanzreferent dazu sagt. ob der antwortet, ist ungewiss.
Hans Maier am Permanenter Link
Natürlich kennt Dr. P. die Rechtslage. Die Frage ist nur, ob er sie auch öffentlich zugibt. Da bin ich ganz entspannt.
dierk schäfer am Permanenter Link
@ Hans Maier zu meinem Kommentar im HPD-Artikel: „Kirchgeld bei Doppelverdienern ist verfassungswidrig“. Ich habe nachgeforscht. Sie haben den Sachverhalt richtig dargestellt.
Aus meiner Sicht ist das nicht nur eine Frage finanzieller Abwägung, sondern auch der Achtung der Religionsfreiheit der Partner untereinander. Man respektiert gegenseitig die Religionsnichtzugehörigkeit, wie die Religionszugehörigkeit (bzw. die abweichende Religionszugehörigkeit) und nötigt einander nicht, diesen Status zu ändern, auch wenn dies finanzielle Nachteile mit sich bringt, sei es durch die der Heranziehung zum Kirchgeld, sei es durch den Verzicht auf Vorteile durch die gemeinsame Veranlagung zur Steuer.
Aber eine Verfassungswidrigkeit kann ich beim derzeitigen Rechtsstand nicht erkennen.
Michael Ganss am Permanenter Link
Kurzer Hinweis zu den Zahlen: Meine IFG-Anfrage hat ergeben, dass es in Berlin 2012 knapp 14.000 Fälle gab mit einer Steuersumme von insgesamt ca. 7 Mio. Euro (s. https://fragdenstaat.de/a/10173).