Ein 7-Jähriger Junge wurde in Berlin einer medizinisch nicht notwendigen Vorhautamputation unterzogen. Die dafür in 1631d BGB als zwingend notwendig genannten Bedingungen wurden dabei gleich mehrfach missachtet.
Die ausführende Person war kein Arzt, die Operation fand in keinem sterilen Umfeld statt, der Junge wurde nicht betäubt und es lag kein Einverständnis beider Sorgeberechtigten vor. Ob eine gültige Patienteneinwilligung mit den nötigen Hinweisen auf mögliche Komplikationen und Spätfolgen vorlag, geht aus den bisherigen Informationen nicht hervor.
Trotzdem wurde das Verfahren gegen eine Zahlung von 2.500 Euro eingestellt, die je zur Hälfte an das Opfer und den Deutschen Kinderschutzbund gehen. Begründet wird dies u.a. damit, so ein Vorgehen "sei eben Sitte in der Kultur" des Beschuldigten.
Dazu Önder Özgeday, Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V.: "Das Urteil verhöhnt das Opfer stellvertretend für alle Jungen, die in Deutschland rechtlos gestellt wurden. Wiederholt ahndet die Berliner Staatsanwaltschaft nicht einmal deutlichste Verstöße gegen das Beschneidungserlaubnisgesetz in angemessener Weise. Ein weiterer Schlag ins Gesicht der Betroffenen ist die geringe zu zahlende Summe: 1250 Euro für monatelange Schmerzen und den lebenslangen Verlust der erogensten Zone des eigenen Genitals? Der Paragraph 1631d BGB sollte angeblich Hinterhofbeschneidungen verhindern helfen. Das lächerliche Strafmaß jetzt zeigt, wie wenig ernst man es damit meint. Das Gesetz ist gänzlich gescheitert und muss zurückgenommen werden. Positiv ist zu erwähnen, dass bei der Mutter des Jungen, die sich als 'moderne Muslimin' bezeichnet, bereits ein Umdenken eingesetzt hatte und sie Vorhautamputationen an Jungen ablehnt."
Victor Schiering, Vorstandsmitglied von MOGiS e.V. - Eine Stimme für Betroffene, ergänzt: "Ausgerechnet der Deutsche Kinderschutzbund erhält die weiteren 1.250 Euro - ein Verein, der seit fünf Jahren auch nicht den kleinsten Beitrag dazu geleistet hat, dem Schutz auch von Jungen vor Genitalverstümmelung Impulse zu verleihen. 'Sitten' in der Herkunftskultur als Begründung, um Straftaten nicht zu ahnden, erinnert fatal an die Argumentation der Verteidigung bei einem aktuellen Prozess zu weiblicher Genitalverstümmelung in den USA. Es gilt zu verhindern, dass sie damit ebenso 'erfolgreich' sein wird, wie es hier in Berlin der Fall war. Kinderrechte dürfen niemals relativiert werden."
8 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Solche Vorfälle treiben mir Tränen in die Augen.
In einem österreichischen (?) Film, den ich neulich sah, ging es um eine türkisch-stämmige Familie, die in Wien ein Beschneidungsfest ausrichten sollte - auf Druck eines reichen Verwandten aus der Türkei, der unbedingt diese Beschneidung wollte, für die Familienehre.
Die Familie war hin und hergerissen, Aufklärung fand statt, der Junge wollte das nicht. Doch der Vater fand einen listenreichen Ausweg, um das Genital seines Sohnes zu schützen. Diese unerwartete Wendung leitete er ein mit den Worten: "Was ich jetzt mache, mache ich aus Liebe zu meinem Sohn." Die Verwandtschaft dachte, er meine die Beschneidung, doch er meinte das genaue Gegenteil.
'So einfach geht das', dachte ich mir dabei. Doch für deutsche Richter scheint es unendlich schwer zu sein, sich vorzustellen, was bei einer Genitalverstümmelung unrettbar verloren geht. Für die 1.250 Euro an den Deutschen Kinderschutzbund hätte sich der zuständige Richter lieber eine Narrenkappe aus feinstem Zwirn kaufen sollen.
Einst gab es Richter in Deutschland, die haben Männer deutlich härter bestraft, weil diese andere Männer liebten. Leben wir nicht in einer verrückten Welt...?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Wo wilde Fantasien Urstände feiern, hat der Verstand Mühe, sich Gehör zu verschaffen.
Kay Krause am Permanenter Link
Der Penis sowie die Vagina sind doch nun weiß Gott (weißAllah?) die intimstem Bereiche eines jeden Menschen.
Isabella am Permanenter Link
Unsere Kinder brauchen Schutz.Traurig, dass der Bub niemanden auf dieser Welt hat, der ihm beschütz hätte. Ich empfinde ein tiefes Mitgefühl für Ihn.
Eine Ratlosigkeit macht sich in mir breit, wenn ich höre, dass so etwas möglich ist... In einem Rechtstatt...
Dennis Riehle am Permanenter Link
Überall dort, wo sich religiöse "Sitten", Traditionen, Brauchtum und Lehren über staatliche Gesetze erheben, läuft etwas schief...
Thomas am Permanenter Link
Solange es als "Menschenrecht" gilt, Beliebiges zu glauben und sich entsprechend zu verhalten, werden wir wohl oder übel damit leben müssen, denn Religioten scheren sich ggf.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Eltern haben ihre Kinder zu beschützen. Basta. Und Medizinmänner mit scharfen Instrumenten und perversen Absichten gehören in's Gefängnis. Diese Nachricht hat mir den Tag versaut.
Wolfgang am Permanenter Link
"Glauben Sie an einen Gott?"
"Nein!"
"Glauben Sie an die Justiz?"
"Warum wiederholen Sie ihre Frage??"